Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
geflossen?«
Bjarki zuckte ergeben mit den Schultern. »Das meiste ins Ausland. Bjartmar leitete bereits Landex, und einen großen Teil seines Geldes steckte er in die Gründung von Sandex in Spanien. Sindri kaufte zwei Hotels und eine Golfanlage in Portugal. Es ist ein herrliches Fleckchen Erde. Wir sind einige Male dort gewesen«, fügte er wehmütig hinzu, bedauerte seine Worte jedoch sofort.
»Ich hoffe, ihr habt es euch gut gehen lassen«, kommentierte Gunna bissig. »Ich will wissen, wie Sindri Valsson darauf gekommen ist, dass Steindór Hjálmarsson die Betrügereien durchschaut hatte – denn ich habe keinen Zweifel daran, wer ihn totgeschlagen hat.«
»Was! Das kann doch nicht sein!«
»Wir haben genug Beweise, um Anklage zu erheben«, log Gunna. Helgi hüstelte dezent. »Sag nicht, du wüsstest nicht, wie skrupellos diese Leute sind! Komm Helgi, wir sollten uns besser auf den Weg machen.«
Helgi klopfte sich ein paar Krümel von seiner Jacke und stand widerwillig auf. Er warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf den Bananenschokoladenkuchen, dem er bereits kräftig zugesprochen hatte.
»Das war ganz inoffiziell, Bjarki«, erinnerte ihn Gunna. »Das gilt für uns beide, daher solltest du weder Jónas Valur noch sonst jemandem etwas davon erzählen. Ansonsten könnte das, was du mir erzählt hast, plötzlich doch in den Akten stehen. Verstanden?«
»Verstanden«, sagte der Steuerberater und blickte ihnen elend nach, als sie aus der Tür traten.
»Der Mann steckt bis zum Hals in der Scheiße«, sagte Helgi wissend, als sie durch die schwere Tür hörten, wie Bjarki Steinsson von seiner Frau mit Fragen bombardiert wurde. »Wohin wollen wir jetzt, Chefin?«
***
Der diensthabende Arzt war eine Frau mit grauem Haaransatz und ernsten Augen hinter einer unmodischen Brille mit dickem Gestell.
»Wie geht es dem Patienten?«, fragte Gunna und passte ihre Schritte denen der Ärztin an. Helgi hastete hinter ihnen her.
»Den Umständen entsprechend«, sagte die Ärztin. Beide wussten, dass diese Antwort nichts besagte. »Aber es gibt da etwas, was ihr unbedingt sehen solltet.«
Hallur Hallbjörnsson lag in einem blütenweißen Krankenhausbett. Durch einen Schlauch in einem Nasenloch wurde ihm Sauerstoff zugeführt. Sein Gesicht wirkte friedlich.
»Ist er …?«, fragte Gunna, verstummte jedoch, als die Ärztin einen Finger auf die Lippen legte.
»Er steht unter dem Einfluss starker Beruhigungsmittel, aber er könnte uns durchaus hören«, murmelte sie und gab Gunna ein Zeichen, näher zu kommen. Sanft drehte sie Hallurs Kopf zur Seite und teilte das braune Haar.
»Siehst du das?«
Ein dunkelvioletter Bluterguss war unter den dicken welligen Haaren zu erkennen.
»Ist der Bluterguss frisch? Glaubst du, jemand hätte ihn auf den Kopf geschlagen?«
»Er könnte von einem Schlag oder einem Sturz stammen«, sagte die Ärztin.
Gunna starrte auf die verfärbte Stelle.
»Das lässt das Ganze in einem anderen Licht erscheinen«, sagte sie. »Bist du sicher, dass die Verletzung vor dem Zwischenfall in dem Auto entstanden ist?«
Die Ärztin fuhr Hallur durch die Haare, trat vom Bett zurück und ging zur Tür.
»Die Frage stellt sich, ob es geschehen sein könnte, als er aus dem Wagen gezogen wurde«, erklärte sie ernst. »Denn es steht außer Frage, dass es nicht hier passiert ist.«
Gunna ließ die Ereignisse vor Hallurs Haus Revue passieren.
»Ich habe ihn an der Jacke gepackt und vom Sitz gezogen. Als er halb aus dem Wagen hing, habe ich ihn unter den Armen genommen und herausgehievt«, sagte sie in Gedanken versunken. Sie streckte die Arme aus, um den Ablauf zu demonstrieren. »Dann habe ich ihn rückwärts vom Auto weggezerrt und vorsichtig hingelegt. Nein, er hat sich dabei auf keinen Fall den Kopf gestoßen, ich bin mir ganz sicher.«
Die Ärztin nickte langsam. »In dem Fall werdet ihr einige Fragen klären müssen, denn wenn jemand einen derartigen Schlag auf dem Kopf bekommt, ist er kaum noch in der Lage, sich die Schuhe zuzubinden – geschweige denn, einen Schlauch in einen Auspuff zu stecken und dann in das Auto zu steigen.«
»Dann ist davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Selbstmordversuch, sondern um einen Mordversuch handelt?«
»Ihr seid die Kriminalpolizei«, erwiderte die Frau. »Aber für mich sieht es so aus.«
***
Gulli Ólafs war allein in der Redaktion des Verslun . Mit einer Hand tippte er auf der Tastatur seines Laptops, in der anderen hielt er ein Sandwich.
»Hast
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