Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
wir alle gerne wissen, und wir prüfen gerade, ob du in die Angelegenheit verwickelt bist.«
»Das ist absolut lächerlich! Was fällt dir ein!« Helena Rós stand auf und sah drohend auf Helgi hinunter.
»Würdest du dich bitte wieder setzen?«, knurrte Gunna, die zum ersten Mal das Wort ergriff.
»Ihr Idioten«, zischte Helena Rós, zerriss die beiden Briefe und ließ die Papierfetzen auf den Tisch fallen, während sie wieder Platz nahm.
***
Ívar Laxdal rieb sich gereizt das Kinn, ein erstes Anzeichen dafür, dass er vielleicht müde sein könnte.
»Wie ist Hallurs Zustand?«, erkundigte er sich.
»Es geht ihm nicht gut. Anscheinend behält er wegen der Sauerstoffunterversorgung einen Hirnschaden zurück. Es kann noch Wochen oder Monate dauern, bis man sagen kann, wie groß der Schaden sein wird. Alles deutet darauf hin, dass er vielleicht niemals vor Gericht gestellt werden kann. Ein Arzt meint, es sei möglich, dass er für den Rest seines Lebens den Entwicklungsstand eines Zwölfjährigen haben wird. Ein anderer Arzt dagegen glaubt, dass er zumindest teilweise genesen wird. Wir müssen einfach abwarten.«
»Aber es gibt eine gute Neuigkeit für dich«, verkündete Ívar Laxdal. »Högni Sigurgeirsson fliegt gerade von Tórshavn nach Reykjavík zurück.«
»Was? Im Osten war er? Was hat er denn da gemacht?«
»Nein, ich meine Tórshavn auf den Färöern. Offensichtlich ist er vorgestern dort eingetroffen. Er war auf einem Flug von Reykjavík und hatte einen Koffer voll Geld dabei, an dem sich noch Valur Hjaltasons Namensschilder befanden. Außerdem fuchtelte er mit Jónas Valurs Pass herum.«
»Das klingt eigenartig, nicht wahr?«, sagte Eiríkur. »Warum die Färöer?«
»Er hatte ein Ticket nach Kopenhagen für den nächsten Morgen, aber der Zoll auf den Färöern hat ihn aufgegriffen, als er auf seinen Flug nach Kopenhagen-Kastrup wartete, nicht direkt nach seiner Ankunft aus Reykjavík«, erklärte Ívar Laxdal geduldig.
»Es gibt doch ständig Direktflüge nach Dänemark. Warum ist er über die Färöer geflogen? Das ergibt keinen Sinn.«
»Doch, wenn man den Flughafen von Keflavík meiden will – dort hätte man ihn sofort aufgegriffen«, erklärte Helgi. »Die einzigen Flüge ins Ausland von Reykjavík aus gehen auf die Färöer. Vermutlich ist er mit Jónas Valurs Ticket geflogen. Wie viel Geld hatte er bei sich?«
Ein Telefon schrillte auf einem Schreibtisch. Eiríkur hob ab und sprach halb laut, während Ívar Laxdal fortfuhr.
»Einhundertzehntausend Euro in bar. Er sagt nichts. Der Zoll auf den Färöern hat einen Blick auf ihn geworfen und sofort gesehen, dass er nicht Jónas Valur sein konnte. Daraufhin haben sie sein Gepäck untersucht und das Geld entdeckt. Er weigerte sich, ihnen zu sagen, wer er in Wirklichkeit ist. Die färöische Polizei hat uns Fotos zur Identifizierung geschickt, nachdem klar war, dass er Isländer ist. Sobald wir wussten, wer er war, haben wir darum gebeten, ihn umgehend zurückzuschicken.«
»Also hat er dir eins über den Schädel gegeben, bei Jónas Valur ein wenig härter zugeschlagen, sich die Autoschlüssel, den Koffer, die Tickets und den Pass geschnappt und ist abgehauen. Entspricht das deinen Vermutungen, Gunna?«, fragte Helgi.
Gunna stützte das Kinn auf die Hand. »Es klingt plausibel, findest du nicht? Es klingt außerdem so, als wäre ich gerade rechtzeitig gekommen, um Jónas Valur abzufangen, wenn er Flugtickets und ein bisschen Taschengeld dabei hatte. Ich glaube nicht, dass er vorhatte, zurückzukommen, weißt du. Vielleicht habe ich ihn lange genug aufgehalten, sodass Högni ihn abfangen konnte. Gehe ich recht in der Annahme, dass er keinen Rückflug gebucht hatte?«
»Das stimmt«, erwiderte Eiríkur. Er hielt eine Hand über die Sprechmuschel und drückte den Telefonhörer gegen seine Brust. »Aber wollt ihr noch mehr Neuigkeiten hören? Bjarki Steinsson ist verschwunden. Seine Frau hat ihn als vermisst gemeldet, sie hat ihn seit gestern Abend nicht mehr gesehen. Sein Auto ist ebenfalls nicht mehr da. Sollen wir ihn zur Fahndung ausschreiben?«
***
Der schwache Duft nach etwas Würzigem stieg Gunna in die Nase, noch bevor sie ihr Auto verlassen hatte. Es war spät, und nach der Anspannung des langen Tages fühlte sie sich erschöpft. An der Tür zog sie die Schuhe aus und hinterließ feuchte Abdrücke auf dem Küchenfußboden.
»Hallo, Leute«, sagte sie. Steini sah von seinem Buch auf, und Laufey nahm mit einem winzigen
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