Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
die großen Reifen des Wagens begutachtet hatte. Der Verkauf hatte Jón natürlich geschmerzt, aber wenigstens war er die explosionsartig ansteigenden Raten los, die ihn lahmgelegt hatten.
»Ja, Schätzchen, was gibt’s denn?«
»Daddy, fahren wir heute zur Oma?«
»Nein, heute nicht. Hast du Lust, ins Kino zu gehen?«
***
Albert betrachtete nachdenklich Svana Geirs Handy.
»Das ist ein ziemlich neues Modell«, sagte er, als würde er Selbstgespräche führen. »Hm, vielleicht dort drüben …«
Gunna sah zu, wie er in einer Kiste kramte und schließlich mit einem Kästchen wieder auftauchte, das mit einem Kabel umwickelt war.
»Das könnte funktionieren. Mal sehen«, murmelte er vor sich hin, während er das Ladegerät und Svanas lebloses Telefon an eine Steckdose anschloss. »Warten wir eine Minute, damit der Akku sich ein bisschen aufladen kann, und dann versuchen wir es mal. Wie kommst du denn damit zurecht, keine Uniform mehr zu tragen?«, fragte Albert mit einem schiefen Grinsen.
»Offen gestanden, Albert, es ist ziemlich eigenartig«, antwortete Gunna, während er eine Taste der Tastatur betätigte, um den Computer zum Leben zu erwecken. »Ich komme mir meistens vor wie eine alte Schachtel, die sich aufgetakelt hat und dann gar nicht weiß, wohin sie überhaupt gehen soll.«
Sie betrachtete Albert, dessen Blick jetzt auf den Bildschirm des Laptops gerichtet war, der auf einem Stapel Telefonbücher auf seinem Arbeitstisch stand. Er war eigentlich Spezialist für Computer- und Kommunikationstechnik bei der Polizei, aber er hatte im Laufe der Zeit auch eine Vielzahl an Ladegeräten, Akkus, Ersatzteilen und weiterem Zubehör rund um Mobiltelefone zusammengetragen. Gunna war überzeugt, dass er völlig in die Aufgabe vertieft war, eine Verbindung zwischen Svanas Telefon und dem Laptop herzustellen, und kein Wort mehr von dem hörte, was sie sagte.
»Manchmal kann ich mich morgens nicht zwischen dem Lederminirock mit den Netzstrümpfen oder dem kleinen Schwarzen entscheiden«, fuhr sie fort.
Er strich sich mit der einen Hand über die Glatze und tippte mit der anderen auf der Tastatur herum. Der Computer piepste, und Albert runzelte die Stirn. Sofort probierte er eine andere Tastenkombination aus und erzielte das gleiche unbefriedigende Ergebnis. Er griff nach dem Telefon und klemmte sich den Hörer zwischen Ohr und Schulter, während er weiter die Tastatur attackierte. Seine Augen klebten am Bildschirm.
Gunna fühlte sich völlig aus Alberts Welt ausgeschlossen.
»Hi, Kumpel. Ja. Ich hab hier ein D700i. Genau«, nuschelte er in den Hörer. Gunna versuchte, aus der einseitigen Unterhaltung schlau zu werden. »Zwei davon, ja. Nein, kann ich nicht sehen. Es ist das Neue mit dem erweiterten Speicher. Weißt du, wie ich es entsperren kann?«
Er murmelte einsilbige Antworten und tippte auf der Tastatur herum, doch der Rechner weigerte sich mit einem Warnton hartnäckig, den Code anzunehmen.
»Nein, hat nicht funktioniert.«
Er tippte weiter, und diesmal piepste der Laptop nicht.
»Jetzt hab ich dich! Danke, Kumpel«, sagte Albert. »Wir sind drin«, verkündete er und sah Gunna an, als wäre er gerade in die Wirklichkeit zurückgekehrt. Mit einer schwungvollen Handbewegung deutete er auf die Daten, die in Kolonnen über den Bildschirm marschierten.
Gunna rückte ihren Stuhl näher an den Arbeitstisch heran und blickte auf den Bildschirm.
»Ich habe nicht einen Moment an deinen Fähigkeiten gezweifelt, Albert. Okay, was haben wir denn da?«
»Alles. Wir können alle Verbindungsdaten zurückverfolgen, die je über dieses Handy gelaufen sind. Was genau suchst du denn?«
»Eingehende und ausgehende Anrufe, insbesondere in den letzten zehn Tagen. SMS, gespeicherte Nummern.«
»Kein Problem. Soll ich dir alles per E-Mail schicken?«
»Wie lange dauert das denn?«, fragte Gunna zweifelnd.
»Ich weiß es nicht genau. Wo ist dein Büro?«
»Ganz hinten im Gebäude.«
»In dem Fall denke ich, dass die Daten auf deinem Computer sind, bevor du dort eintriffst.«
»Dann werde ich mir Zeit lassen«, meinte Gunna schmunzelnd. »Ich brauche auch das Handy wieder. Es ist ein Beweisstück.«
Albert nickte.
»Das ist ein schönes Handy. Es ist ein neues Modell, das Ende letzten Jahres auf den Markt gekommen ist. Es ist offensichtlich viel benutzt worden. Die Tastatur ist schon ziemlich abgenutzt, und man kann erkennen, dass jemand es oft in der Tasche hatte, denn der Lack an den Ecken ist schon abgewetzt.
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