Kalter Trost: Island-Krimi (German Edition)
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
»Was willst du wissen?«, fragte er schnell.
Helgi lehnte sich zurück, als hätte er den ganzen Tag und den ganzen Abend Zeit. »Sagen wir mal, ich will alles wissen.«
Bjarki Steinsson sank in sich zusammen. »Gut. Svana und ich hatten seit zwei, drei Jahren eine Beziehung. So ungefähr. Ich erinnere mich nicht genau. Wir haben uns gelegentlich getroffen.«
»Wie oft?«
»Manchmal haben wir uns einen ganzen Monat nicht gesehen. Manchmal waren wir in einer Woche mehrere Male verabredet.«
»Und was habt ihr gemacht?«
»Was wir gemacht haben?«, fragte er verständnislos. »Wie meinst du das?«
Helgi seufzte. »Ich muss es doch sicher nicht buchstabieren, oder? Seid ihr ausgegangen? Habt ihr Händchen gehalten? Habt ihr gefickt?«
Die plötzliche Derbheit ließ Bjarki Steinsson zusammenzucken, und er riss die Augen weit auf.
»Unsere Beziehung war rein körperlich«, sagte er schließlich, als müsse er über eine schmerzvolle Schwelle treten. »Hör mal, wie weit wollt ihr denn gehen? Ich habe eine Frau …«
»Das hier ist ein informelles Gespräch, sonst nichts«, versicherte Helgi und machte eine Pause. »Vorläufig zumindest.«
»Was heißt das?«
»Das heißt, wenn ich Grund zu der Annahme habe, dass du etwas verschweigst, was im Zusammenhang mit Svanhildur Mjölls Tod steht, müssen wir den offiziellen Weg einschlagen.«
»Ich verstehe«, antwortete er und verfiel in Schweigen.
Gunna wippte unmerklich auf den Fersen. Dabei hatte sie den schmerzerfüllten Mann hinter seinem großen Granitschreibtisch im Blick und beobachtete gleichzeitig seine Angestellten in dem Großraumbüro an ihren Arbeitsplätzen, die durch halbhohe Leichtbauwände voneinander getrennt waren. Sie waren bemüht, nicht zu aufdringlich zu starren.
»Ich, äh«, fing er an und hüstelte. »Ich nehme an, ihr habt bereits mit den anderen gesprochen und wisst Bescheid über das, äh, Arrangement?«
»Tun wir einfach so, als wäre das nicht der Fall, ja?«, sagte Helgi sanft.
Bjarki Steinsson starrte zu Boden. Gunna stellte ihn sich als kleinen Jungen vor, der mit den Taschen voll geklauter Süßigkeiten erwischt worden war.
»Wir waren ein paar Leute, und wir haben uns, äh, Svanas Zeit geteilt. Sie war reihum für uns als Begleiterin tätig, gemäß Vereinbarung. Dafür erhielt sie eine finanzielle Zuwendung«, sagte er niedergeschlagen.
»Aha. Dafür gibt es einen bestimmten Begriff. Vermutlich ist dir bewusst, dass das Gesetz bei dieser Art von Aktivität keine Interpretationsmöglichkeiten zulässt.«
Er nickte, ohne aufzusehen. »Ja. Ich weiß. Aber niemand wurde verletzt oder geschädigt oder hat etwas getan, was er nicht tun wollte. Niemand wurde zu irgendetwas gezwungen. Die Vereinbarung beruhte auf gegenseitiger Zustimmung und wurde unter Freunden getroffen.«
»Ich verstehe. Aber Svanhildur Mjöll hat ihre Gesellschaft einschließlich sexueller Dienstleistungen verkauft. Damit wurde von allen Beteiligten eine Straftat begangen. Wie ich schon sagte, es gibt auch eine weniger schöne Bezeichnung für diese Art von Arrangements.«
Ein Funken Ärger flammte in Bjarki Steinssons Augen auf.
»Hast du eine Ahnung, wie eine Ehe ohne Liebe sein kann?«, fragte er bitter. »Meine Frau … Meine Frau und ich haben uns schon seit Jahren nichts mehr zu sagen. Wir leben unter demselben Dach. Eine Scheidung wäre ein finanzielles Desaster, und in ihrer sozialen Stellung wäre es extrem unpassend. Die Kreise, in denen sie sich bewegt …« Er seufzte. »Hör zu. Wir vertrauen uns. Ich habe ein beträchtliches Einkommen. Mein Einkommen garantiert meiner Frau eine gute soziale Position. Wir respektieren beide, dass jeder sein eigenes Privatleben führt. Verstehst du?«
»Ihr führt also eine Art offene Ehe?«
»Wenn du es so ausdrücken willst.«
»Und du hast es dir zur Gewohnheit gemacht, diese Art von Dienstleistung in Anspruch zu nehmen?«
»Wenn du beleidigend werden willst, würde ich es vorziehen, dieses Gespräch aufzuzeichnen, damit ich Beschwerde dagegen einlegen kann«, fauchte der Steuerberater.
»Ich würde es vorziehen, wenn du einfach die verdammte Frage beantworten würdest«, erwiderte Helgi barsch.
»Nicht … in letzter Zeit.«
»Während deines Verhältnisses mit Svanhildur Mjöll?«
»Ja, natürlich.«
»Wieso natürlich?«
»Das war Teil der Vereinbarung. Keine anderen Partner, Ehepartner ausgenommen.«
»Glaubst du, die anderen haben sich an diese
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