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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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akzeptiert und dieses Verfahren hätte niemals stattgefunden.«
    »Wohnt er noch hier?«
    »Ja, still und zurückgezogen wie eh und je. Ich möchte wetten,dass viele ihn insgeheim mit dem Mord an Selina in Verbindung bringen oder ihn sogar schon im Visier haben.«
    »Wie kommen Sie denn mit den Leuten klar?«
    »Mit wem? Den Gebauers oder allgemein?«
    »Allgemein.«
    »Wie gesagt, ich bin Arzt. Die Leute kommen, weil sie etwas von mir wollen. Sie brauchen Hilfe, und von daher nehmen ich und meine Kollegen eine Sonderstellung ein. Als Arzt sind Sie immer und überall angesehen. Und die Reputation meiner Frau steht natürlich allein schon wegen des Reiterhofs völlig außer Frage, auch wenn der Hof nicht in Okriftel, sondern in Eddersheim ist.« Er lächelte versonnen.
    Durant fragte neugierig: »Gibt es da einen Unterschied? Es ist doch alles Hattersheim.«
    »Sicher, es ist alles Hattersheim, aber nur auf dem Papier. Bis vor dreißig Jahren waren Okriftel und Eddersheim eigenständige Gemeinden. Früher waren Hattersheim und Eddersheim erzkatholisch, dazwischen als Puffer das protestantische Okriftel, und Sie können sich vielleicht vorstellen, welche Konflikte dadurch entstanden sind, vor allem, weil Hattersheim selbst keinen direkten Zugang zum Main hatte. Und es ist noch gar nicht so lange her, dass beispielsweise ein Hattersheimer oder Eddersheimer keine Frau aus Okriftel heiraten durfte und umgekehrt, allein schon wegen der Religionszugehörigkeit. Und eine gewisse Rivalität herrscht unter den Alten auch heute noch. Das Leben hier ist noch immer stark von der Geschichte geprägt. Und 2003 feiert Okriftel sein neunhundertjähriges Bestehen, es ist also der älteste der drei Stadtteile. Und wenn man sich die Geschichte betrachtet, versteht man zumindest ein klein wenig, warum die Menschen hier so verschlossen sind. Verschlossen, oft wohlhabend, aber spießbürgerlich bis ins Mark.«
    Julia Durant musste grinsen. »Das ist schon recht interessant. Könnte ich jetzt vielleicht doch etwas zu trinken haben?«
    »Ich hole Ihnen ein Glas, Moment.«
    Er schenkte ein, Julia Durant nippte daran, ihre Lippen und ihr Mund waren trocken, auch wenn bisher fast nur Gerber geredet hatte.
    »Es gibt doch auf dem Hof wieder einen Stallburschen. Was ist das für ein Mann?«
    »Frau Durant, ich mag den Begriff Stallbursche nicht. Ich betrachte ihn eher als Pferdepfleger. Er ist Russe und wurde unmittelbar nach Mischners Verhaftung eingestellt. Ein sehr zuverlässiger Mann, sagt meine Frau jedenfalls.«
    »Ist er allein stehend?«
    Gerber lachte auf. »Seltsam, aber mir fällt auf, dass ich noch keinen Pferdepfleger kennen gelernt habe, der verheiratet gewesen wäre. Er lebt allein, genau wie Mischner und die drei anderen vor ihm. Er wohnt übrigens auf dem Hof, über dem Stall. Die Wohnung ist kostenlos, er bekommt ein angemessenes Gehalt, muss dafür natürlich ständig präsent sein.«
    »Wie alt ist er?«
    »Ende zwanzig, Anfang dreißig, da müssen Sie meine Frau fragen.«
    »Wann kommt Ihre Frau denn wieder?«
    Gerber sah Durant an und deutete auf seinen Arm; er trug keine Uhr. »Wie spät ist es?«
    »Gleich halb zwölf.«
    »Dann müsste sie jeden Augenblick da sein. Ich bitte Sie aber sehr, meiner Frau nichts von unserem Gespräch zu berichten, vor allem nichts von meinem Verdacht, dass der Täter auf dem Hof zu suchen ist. Sie ist gestern schon ziemlich wütend geworden, als ich das Thema nur anschnitt.«
    »Meine Lippen sind versiegelt«, erwiderte Durant lächelnd. »Sagen Sie, sind Ihre Töchter eigentlich immer so ruhig?«
    »Nicht immer, aber meistens. Das liegt wohl in der Familie. Vielleicht aber auch daran, dass wir unser Haus sozusagen gereinigt haben. Sie müssen wissen, der Boden, auf dem die Häuser stehen, war früher alles Sumpfland, und unter den meisten Häusernkreuzen sich zahlreiche Wasseradern, die eine sehr negative Energie haben. Ein Bekannter von mir hat aber ein Gerät entwickelt, das die Negativenergien umwandelt. Und seitdem wir dieses Gerät haben, geht es uns hervorragend.«
    »Kann man das kaufen?«
    »Natürlich. Ich kann Ihnen gerne eine Broschüre mitgeben, in der alles drinsteht, von der Anwendungsweise bis zum Preis.«
    »Das würde mich sehr interessieren. Wie alt sind Ihre Töchter?«
    »Fünf und sieben. Sie haben keine Kinder, nicht?«
    Julia Durant schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Ich will nicht indiskret erscheinen, aber wollten Sie keine oder …«
    »Sagen wir es so, ich hatte

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