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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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steht eine hohe Strafe. Mord bleibt Mord, ganz gleich, an wem er begangen wird.«
    »Das ist ja das Problem mit unserem Rechtsstaat«, sagte er höhnisch. »Ein unschuldiges Mädchen darf einfach so gekillt werden, ein Mörder ist immer besser dran. Es wird Zeit, dass sich da etwas ändert, finden Sie nicht auch? Wir sollten mal amerikanische Gesetze einführen, dann würde so was hier nicht passieren …«
    »Ich kenne die amerikanische Rechtsprechung, Herr Laube, und diese Rechtsprechung würde Ihnen ganz sicher nicht gefallen, glauben Sie es mir. Die haben dort für so ziemlich alles ein Gesetz. Sie sollten sich besser informieren.«
    »Das habe ich«, entgegnete er herablassend. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch zu tun.«
    »Stehen Sie eigentlich auf Gewalt?«, konnte sie sich nicht verkneifen zu sagen.
    »Was soll diese Frage? Aber gut, wenn Sie’s genau wissen wollen, Gewalt gehört zum Leben. Nur der Stärkere überlebt. Zufrieden?«
    Sie sah ihn nur an und ging nicht auf seine zynischen Ausführungen ein. »Auf Wiedersehen, Herr Laube.«
    »Wiedersehen.«
    Sie verließ das Haus mit einem unguten Gefühl. Und sie konnte sich sogar vorstellen, dass Laube seine unverhohlene Drohung wahr machte. Und sie fragte sich, was er wohl mit Katrin tun würde, ob er sie mit Fragen traktieren würde, auf die sie keine zufrieden stellenden Antworten hatte. Und dann? Nein, lieber nicht drüber nachdenken. Schöne heile Welt! Ihr nächster Weg führte sie zu Miriam Tschierke.

Sonntag, 15.15 Uhr
    Miriam Tschierke wohnte in einem Hochhaus im Südring, das wie ein Fremdkörper am Ende einer langen Straße mit lauter Einfamilienhäusern und Bungalows wirkte. Durant ging an einem Kiosk vorbei auf den Eingang zu, suchte nach dem Klingelschild, fand es schließlich und drückte den Knopf. Auf dem Parkplatz ein paar spielende Kinder, auf einigen Balkonen des gewaltigen Baus Sonnenschirme, Stimmen, Lachen. Sie wartete, und als sich niemand meldete, versuchte sie es ein weiteres Mal. Diesmal knackte es im Lautsprecher, eine weibliche Stimme.
    »Hier Durant, Kriminalpolizei. Ich würde gerne mit Miriam Tschierke sprechen.«
    »Miriam ist nicht zu Hause.«
    »Sind Sie die Mutter?«
    »Ja.«
    »Wo kann ich Miriam finden?«
    »Ich weiß es nicht. Aber Sie können hochkommen, wenn Sie möchten. Elfter Stock, rechts vom Aufzug, letzte Tür links.«
    »Ja, gut.«
    Was soll’s, dachte Durant, der Türsummer ertönte, sie drückte die Tür auf. An der Decke gut sichtbar eine Überwachungskamera. Einer der beiden Aufzüge stand unten, sie betrat ihn und fuhr nach oben. Er ratterte und gab seltsame Geräusche von sich. Sie erinnerte sich an früher, als sie vor kaum etwas mehr Respekt als vor Aufzügen hatte. Allein der Gedanke, in einen einzusteigen, hatte bei ihr Panikattacken ausgelöst. Inzwischen war die Angst verflogen, sie wusste, Aufzüge waren nicht gefährlich, es gab immer einen Weg raus.
    Der elfte Stock. Ein dunkler Flur, geschlossene Türen, sie ging nach rechts bis zur letzten Tür, klingelte noch einmal, eine Frau undefinierbaren Alters machte ihr auf.
    »Bitte, kommen Sie rein«, sagte Frau Tschierke und wartete, bis sie eingetreten war. »Geht es um Selina?«
    »Ja.«
    Frau Tschierke war ein Stück kleiner als Durant, hatte mittelbraunes, kurz geschnittenes, sehr volles Haar und war ungeschminkt. Auffällig waren die tiefen Falten, die sich um die Nase und die Mundwinkel gebildet hatten. Ein Blick auf die schmalen, grazilen Hände, kein Ehering. Gut geschminkt und zurechtgemacht, war sie sicher eine sehr ansehnliche Frau. Der Fernsehapparat lief, ein Glas Rotwein stand auf dem Tisch, die fast leere Flasche darunter. Das Wohnzimmer aufgeräumt, beinahe keimfrei, die Balkontür war offen. Die Einrichtung antik, an der Wand seltsame Masken, die eine düstere Atmosphäre verbreiteten. Es roch leicht nach Gebratenem, Zwiebeln, Fleisch, womöglich Pommes frites. Miriams Mutter trug ein graues Sweatshirt und dunkelblaue Leggings, ihre Füße waren nackt, die Zehennägel unlackiert.Sie hat sehr schöne Beine und eine gute Figur, dachte Durant.
    »Darf ich Ihnen ein Glas Wein anbieten?«
    »Nein, danke. Ich wollte wirklich nur kurz mit Ihrer Tochter über Selina sprechen. Können Sie mir sagen, wann sie in etwa wiederkommt?«
    »Nehmen Sie doch Platz, Frau … Ich habe vorhin Ihren Namen nicht verstanden.«
    »Durant.« Sie wollte nicht unhöflich sein und gleich wieder gehen, hatte sie es doch offensichtlich mit

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