Kaltes Blut
verdammt schwer für uns. Denn angeblich hatte Mischner keine Freunde im Reitclub, behaupten zumindest die Gerbers. Und Gerber sagt außerdem, dass die Leute hier sehr verschlossen sind. An die ranzukommen wird nicht einfach sein. Wir müssen jemanden in den Club einschleusen. Aber wen?«
»Doris?«, fragte Hellmer.
»Die war doch schon mit Peter dort, das ist mir zu riskant. Vielleicht die Neue von der Sitte, wie heißt sie gleich noch mal …«
»Maite … Maite …«
»Maite Sörensen. Bei dem Namen kommt keiner auf die Idee, dass sie für uns arbeitet. Und sie ist noch jung, sieht ganz passabel aus und hat das gewisse Etwas. So was kommt in den Kreisen immer an, vor allem bei den Männern.«
»Sie braucht aber auch ein entsprechendes Outfit. Wer soll das finanzieren? Und ein passender Wagen wär auch nicht schlechtund eine richtig schöne Vita, die Eindruck schindet. Das Beste wäre, wenn sie reiten könnte.«
»Und wenn nicht, dann meldet sie sich eben neu an oder bekommt einen Crashkurs bei der Reiterstaffel. Ich werde Berger meinen Vorschlag schon schmackhaft machen, der wird einen Weg finden. Und wenn alle Stricke reißen, holen wir uns eine Kollegin von der Reiterstaffel … So, ich zieh dann mal weiter.«
»Bleib doch noch hier«, bat Nadine. »Ich seh dich in letzter Zeit fast überhaupt nicht mehr. Wo willst du denn jetzt hin? Es ist Sonntagnachmittag!«
»Ich will noch zwei Freundinnen von Selina befragen.«
»Wen denn?«, wollte Hellmer wissen.
»Moment.« Sie holte den Zettel heraus. »Miriam Tschierke und Katrin Laube.«
»Das kannst du auch nachher noch machen«, sagte Nadine. »Oder du erledigst es jetzt und verbringst den Abend mit uns. Frank wollte sowieso einen Film gucken, ich hab aber absolut keine Lust auf Fernsehen. Während er vor der Glotze hockt, machen wir uns einen gemütlichen Abend. Sag ja.«
Durant lächelte. »Also gut, ich komme, sobald ich fertig bin. Kann aber durchaus sechs werden.«
»Lass dir ruhig Zeit, ich brauch jetzt unbedingt meinen heiligen Mittagsschlaf«, sagte Hellmer grinsend.
»Bis nachher.«
Julia Durant freute sich. Worüber, wusste sie nicht einmal genau, vielleicht über ihre plötzlich Eingebung, vielleicht auf den Abend, vielleicht auch über beides.
Sonntag, 14.10 Uhr
Hattersheim-Okriftel, Erlesring. Es waren nur zwei Minuten von den Hellmers zu Katrin Laube. Ein schmuckes Haus inmitten vieler anderer schmucker Häuser, die sich aufden ersten Blick irgendwie in nichts voneinander unterschieden. Gleichförmigkeit. Die Vorgärten ähnelten sich, die Form der Häuser, selbst die Autos, die davor standen, wenn sie nicht gerade in der Garage parkten oder die Besitzer mit ihnen unterwegs waren, glichen sich. Die Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel, die Temperatur betrug an die dreißig Grad. Es gab keinen schattigen Parkplatz, die Sonne stand im Zenit. Julia Durant drückte auf den eisernen Klingelknopf, ein groß gewachsener, bulliger Mann kam an die Tür und musterte die fremde Frau aus eisblauen Augen.
»Ja, bitte?«, fragte er unfreundlich, und schon ihr erster Eindruck deckte sich mit der Aussage von Nathalie Weishaupt, nach der Laube ein Arschloch war.
Sie hielt ihm ihren Ausweis hin und sagte kühl: »Durant, Kripo Frankfurt. Ich würde gerne mit Katrin Laube sprechen. Ist sie da?«
»Was wollen Sie von meiner Tochter?«
»Sie war eine Freundin von Selina Kautz. Aus diesem Grund möchte ich mich mit ihr unterhalten. Aber nicht hier draußen«, sagte sie und sah Katrins Vater herausfordernd an. Er war ihr vom ersten Moment an unsympathisch, was nicht zuletzt an dem stechenden Blick und dem barschen Ton lag, und diese Antipathie steigerte sich von Sekunde zu Sekunde.
»Kommen Sie rein. Katrin!! Besuch für dich!«, brüllte er durchs Haus. »Die Polizei!«
Katrin trat aus ihrem Zimmer und stand einen Augenblick unschlüssig am oberen Treppenabsatz.
»Ich komm hoch«, sagte Durant und ging an Katrins Vater vorbei die Treppe nach oben.
»Moment«, rief er ihr hinterher, »wieso wollen Sie mit ihr allein sprechen?«
»Weil das bei der Polizei so üblich ist. Aber keine Sorge, es handelt sich um eine reine Routinebefragung. Sollten Sie dennoch Bedenken haben, so steht es Ihnen selbstverständlich frei, einen Anwalt einzuschalten«, antwortete sie, ohne sich umzudrehen.
»Machen Sie doch, was Sie wollen!«
»Hallo, Katrin«, sagte Julia Durant und reichte ihr die Hand, die sich kalt anfühlte. Erst jetzt bemerkte sie das verheulte
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