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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Valium. Es wird allerdings in diesem Extremfall nicht lange vorhalten, höchstens bis Mitternacht. Ich werde meine Frau bitten, gleich herzukommen und vielleicht heute Nacht hier zu bleiben, sofern Helgas Mutter nicht bleibt.«
    Peter Kautz sagte nichts, als Andreas Gerber vor ihm stand und ihn bat, den Arm frei zu machen. Er ließ sich die Spritze widerstandslos geben und nickte Gerber zu. »Danke, du bist ein echter Freund.« Er fasste ihn am Handgelenk und sah ihn an: »Andreas, was haben wir falsch gemacht? Du bist doch der Experte! Was?«
    »Ihr habt gar nichts falsch gemacht, ihr seid die besten Eltern, die Selina sich wünschen konnte. Und jetzt leg dich bitte auch hin.«
    »Ich bleib hier draußen.«
    »Komm ins Haus, das bitte ich dich als Freund. Und beeil dich, bevor das Mittel richtig wirkt.«
    Er erhob sich, sein Gang war wacklig, die Spritze zeigte bereits Wirkung. Er setzte sich in einen Sessel, den Kopf nach hinten geneigt. »Warum, warum, warum?«, murmelte er ein paarmal, bevor seine Augen wie in Zeitlupe zufielen und er einschlief.
    »Ich habe viel erlebt in meinen fünfundvierzig Jahren, aber so etwas noch nie. Ich habe Leute an Krebs oder anderen Krankheiten sterben sehen, aber …«, sagte Gerber traurig. »Ausgerechnet meinen besten Freunden musste das passieren. Man ist heutzutage eben nirgends mehr sicher, nicht einmal in diesem bigotten Ort. Gibt es schon Hinweise auf den Täter?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Sollten Sie Fragen haben, ich stehe Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.« Gerber packte seine Tasche zusammen, rief anschließend seine Frau an und bat sie, so schnell wie möglich zu kommen. Er legte auf und wollte schon gehen, als er innehielt und sich noch einmal umdrehte. »Haben Sie eigentlich Selinas Zimmer durchsucht? Ich meine, das macht man doch immer, wenn jemand verschwindet oder ermordet wurde.«
    »Wir haben uns in ihrem Zimmer umgeschaut. Warum wollen Sie das wissen?«, fragte Durant.
    »Nur so. Es heißt doch immer, die Kriminalfilme würden nicht mit der Realität übereinstimmen. Tun sie anscheinend manchmal doch. Wiedersehen.«
    »Wiedersehen«, sagte Durant und sah Gerber nach, der von Hellmer zur Tür begleitet wurde.
    »He, was sollte das denn eben?«, fragte sie.
    »Was sollte was?«
    »Na, die Frage nach ihrem Zimmer.«
    »Das ist Gerber. Du kennst ihn nicht. Für manche ist er ein Gott, andere halten ihn für ein bisschen spinnert. Aber er ist ein phantastischer Arzt.«
    »Inwiefern halten ihn einige für spinnert?«
    »Lass dir bei ihm einen Termin geben, und finde es heraus. Du musst allerdings damit rechnen, zwei oder drei Stunden zu warten, bevor du drankommst. Er ist ein wenig unorganisiert, um es gelinde auszudrücken. Aber was er macht, hat Hand und Fuß.«
    »Fahren wir?«
    »Wir warten noch auf die Gerber, sie muss ja irgendwie reinkommen«,sagte Hellmer. »Es ist jedenfalls gut, dass die beiden schlafen. Ich würde mich jetzt am liebsten auch hinlegen. Ich weiß nicht, warum, aber ich bin ganz schön geschlaucht.«
    »Das ist nur, weil du die Leute kennst. Die Sache wird noch für viel Aufruhr sorgen.«
    Emily Gerber kam, nur zehn Minuten nachdem ihr Mann das Haus verlassen hatte. Auch bei ihr Tränen. Gequält lächelnd sagte sie zu Hellmer: »Tja, jetzt ist das Glas wohl doch halb leer, oder sollte ich sagen, ganz leer? Schöner Mist. Aber gut, ich werde mich um die Kinder kümmern. Sie können ruhig gehen, ich schaff das schon. Außerdem kommt Helgas Mutter bald.«
    »Wir müssen sowieso zurück ins Präsidium. Machen Sie’s gut. Ach ja, bitte betreten Sie nicht das Zimmer von Selina. Sagen Sie das auch der Mutter von Frau Kautz.«
    Sie hatte sich wieder gefangen, ihre Stimme war fester als eben noch: »Ich verspreche, keinen Fuß in das Zimmer zu setzen.«

Freitag, 16.40 Uhr
    Ich werde mich von Dominik trennen«, sagte Julia Durant nach langem Schweigen, als sie gerade das Main-Taunus-Zentrum, das links von der A 66 lag, passierten.
    »Bitte was? Ist das ernst gemeint oder …«
    »Bitterernst.«
    »Und was sagt Dominik dazu? Das muss doch ein Schock für ihn sein.«
    »Er weiß noch nichts davon. Ich habe es beschlossen.«
    »Du spinnst doch, oder?«
    »Möglich, aber ich habe es mir sehr reiflich überlegt. Es geht nicht mehr. Wir sehen uns kaum noch, ich kann schon froh sein, wenn er am Wochenende mal Zeit für mich hat, wir gehen nicht mehr ins Kino oder essen, es ist alles nur noch grauer Alltag. Und davon hab ich in meinem Beruf schon

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