Kaltes Blut
mitnehmen«, meinte Doris Seidel. »Ich habe heute Abend eh nichts weiter vor und …«
»Prima, nimm von mir aus alles mit«, sagte Durant schnell, bevor Seidel es sich noch anders überlegte. »Ich reiß mich da nicht drum. Also, gehen wir heim.«
Sie nahm ihre Tasche vom Stuhl, warf Berger noch einen Blick zu, und bevor sie als Letzte nach Hellmer das Büro verließ, sagte er: »Frau Durant, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Und lassen Sie mich wissen, wenn Sie eine Vermutung haben.« Bei den letzten Worten lächelte er vieldeutig.
»Aber natürlich doch. Und machen Sie nicht mehr so lange. Die nächsten Tage werden hart.«
»Das werde ich ganz sicher. Ach ja, falls es Sie interessiert, und ich weiß, das Gerücht macht schon lange die Runde, ich werde nächsten Monat heiraten. Sie werden alle noch rechtzeitig eine Einladung von mir bekommen.«
Hellmer und Durant kehrten zurück, Hellmer reichte ihm die Hand und klopfte ihm auf die Schulter. »Gratuliere. Wir wollten ehrlich gesagt schon Wetten abschließen, ob Sie jemanden haben oder nicht. Ich hab’s die ganze Zeit gewusst. Aber jetzt mal ganz ehrlich, ich freu mich für Sie.«
»Ich auch«, fügte Durant hinzu und dachte gleichzeitig: Warum haben immer die andern so viel Glück und ich nicht?
»Ja, ja, schon gut. Und jetzt hauen Sie ab, meine Zukünftige wartet nämlich mit dem Essen auf mich.«
»Ach ja, sie wartet mit dem Essen.« Doris Seidel grinste Berger an. »Das fängt ja gut an.«
»Wie sich das gehört. Sie wartet übrigens in einem netten Restaurant in Höchst auf mich. Und jetzt raus hier.«
Durant und Hellmer gingen zu ihren Autos. Auf dem Weg dorthin unterhielten sie sich kurz über Berger und dessen wundersame Wandlung, bis Durant das Thema wechselte.
»Frank, ich wollte das nicht vor allen sagen, aber wie genau erinnerst du dich an Selinas Zimmer?«
»Wahrscheinlich nicht so genau wie du. Ich hab nun mal nicht dein Supermegahirn.«
Ohne darauf einzugehen, fuhr sie fort: »An ihrer Pinnwand hängen einige Zettel, und ich meine, da sind zwei mit diesen typischen Kalendersprüchen dabei. Ich muss mir die unbedingt noch mal ansehen.«
»Doch nicht heute Abend, oder?« Hellmers eben noch gute Laune war schlagartig dahin, er wusste genau, dass Durant nicht gerne etwas auf die lange Bank schob. Missmutig schaute er auf die Uhr.
»Warum eigentlich nicht? Ich muss mir Klarheit über eine ganz bestimmte Sache verschaffen, sonst zermartere ich mir die ganze Nacht den Kopf. Und das kannst du doch unmöglich wollen«, sagte sie mit treuherzigem Blick.
»Wir können doch nicht schon wieder da auftauchen! Die drehen allmählich durch.«
»Frank, wir müssen einen Mord aufklären. Die werden’s verstehen. Die wollen doch auch wissen, wer Selina das angetan hat.«
»Du machst das doch nicht aus purer Langeweile, du hast doch schon eine bestimmte Ahnung, oder?«
»Ich will es erst sehen, dann sag ich’s dir, okay?«
»Bitte, du sturer Esel.«
Freitag, 20.10 Uhr
Der Abend war klar und kühl, Emily Gerbers Auto stand vor dem Haus, im Gegensatz zu gestern waren nur wenige Menschen auf der Straße zu sehen, die große Sensation war eingetreten,der Alltag hielt wieder Einzug. Sie klingelten, Helga Kautz kam, noch benommen von dem Mittel, das ihr gespritzt worden war, an die Tür, unmittelbar gefolgt von Emily Gerber, murmelte ein paar unverständliche Worte, machte gleich wieder kehrt und ließ sich auf die Couch fallen, während ihre Freundin die Kommissare hereinbat.
»Hallo«, sagte Emily Gerber, »es ist ganz gut, dass Sie vorbeikommen. Peter, ich meine Herr Kautz, hat sich ins Bett gelegt, ihm geht es überhaupt nicht gut. Und Helga, Sie sehen ja selbst. Sie ist völlig mit den Nerven am Ende. Ihre Mutter hat vorhin die Kinder abgeholt, sie meint, es wäre besser, wenn sie die nächsten Tage bei ihr blieben. Ich bin übrigens der gleichen Meinung.«
»Wir müssen noch mal in Selinas Zimmer«, sagte Hellmer. »Dauert nur einen Moment.«
»Lassen Sie sich Zeit. Ich bleibe übrigens heute Nacht hier. Man kann ja nie wissen.« Sie hielt inne und schüttelte den Kopf. »Wer tut so was bloß? Wenn ich mir vorstelle, es ist jemand, den ich vielleicht kenne. Nicht auszudenken. Irgendjemand hier aus diesem verdammten Kaff. Aber wie es scheint, ist man nirgendwo mehr sicher. Finden Sie den Mistkerl bloß schnell, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten kann.«
»Frau Gerber, wir tun unser Möglichstes. Aber wir gehen erst mal nicht
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