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Kaltes Blut

Kaltes Blut

Titel: Kaltes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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klinisch rein.«
    »Trotzdem, ich könnte so nicht leben.«
    Flaschen und billige Sexmagazine auf dem Boden und dem Tisch, das Bett ungemacht und seit Monaten nicht bezogen, die Kochecke verdreckt, das Geschirr ungespült. Es war sehr warm, eine typische Dachwohnung, nicht isoliert, die Sonne konnte ungehindert durch die Scheiben brennen und den Raum erhitzen.
    »Na ja, der Ordentlichste ist er nicht gerade, aber die Möbel und auch alles andere sieht ziemlich neu aus.«
    Durant wollte gerade zum Fenster gehen, als sie ihren Kopf zur Seite drehte und ins Bad schaute.
    »He, Julia, sieh mal …«, sagte Hellmer, doch er konnte nicht weitersprechen, denn Durant unterbrach ihn.
    »Frank, schau dir lieber mal das hier an.«
    »Oh, shit. Was ist das denn? Ein Geständnis?«
    »Kann sein. Hat sich selbst am Heizungsrohr aufgeknüpft. Einen Grund dafür wird er wohl gehabt haben«, sagte sie leise.
    »Und er hängt nicht erst seit heute Mittag hier. Damit wäre der Fall wohl geklärt …«
    »Stopp, stopp, das ist mir einen Tick zu simpel. Wir kommen in seine Wohnung, wollen ihn befragen, und er ist tot. Woher hätte er wissen sollen, dass wir kommen? Außerdem mag er zwar keine Leuchte gewesen sein, aber so blöd nun auch wieder nicht, dass er ein Mädchen umbringt und anschließend sich selbst. Außer er war potenziell suizidgefährdet. Und außer er hat noch eine Rechnung offen gehabt. Aber mit Selina?« Sie sah Hellmer zweifelnd an. »Das ist mir zu simpel«, wiederholte sie mit Nachdruck. »Viel zu simpel. Ich glaub erst, dass er es war, wenn ich das psychologische Gutachten gelesen und mit seinem Bewährungshelfer gesprochen habe. Aber erst einmal will ich alles hier haben, Spurensicherung, Arzt und so weiter. Der Fotograf ist ganz wichtig. Ich will ganz, ganz viele Fotos von Mischner haben. Irgendwas stinkt hier gewaltig zum Himmel.«
    »Was meinst du damit?«
    »Erst bringt er die Kleine um und danach sich selber? Wenn das bei Selina ein Ritualmord war, wovon wir doch ausgehen, dann …«
    »Was dann? Meinst du etwa, hier wurde nachgeholfen?«
    »Keine Ahnung, aber da Morbs Bereitschaft hat, wird er’s uns sagen. Und zwar heute noch.«
    »Also gut, ich geb Berger Bescheid.«
    »Und finde mal raus, welcher Arzt Notdienst hat. Er soll sich beeilen.«
    Julia Durant zog sich Plastikhandschuhe über und trat näher an den Toten heran, bemüht, keine Spuren zu verwischen, während Hellmer mit Berger telefonierte.
    »Saubere Arbeit«, erklärte sie mit Blick auf die Schlinge. »Aber er hat seinen Tod nicht geplant.«
    »Wie kommst du darauf?«, wollte Hellmer wissen.
    »Schau dir mal das Seil an. Ich zähle mindestens fünf Knoten.«
    Hellmer ging zurück ins Wohnzimmer, sah den Wäscheständer, an dem vier Schnüre fehlten. »Wäscheleinen«, sagte er nur. »Hat er vom Ständer abgeschnitten.«
    »Mal was Neues. Nehmen wir an, er hat Selina umgebracht, kurz darauf hat ihn die große Reue gepackt, und dann hat er einfach beschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen. Also hockt er hier rum, qualmt wie ein Schlot, besäuft sich vielleicht auch noch und kommt schließlich auf die aberwitzige Idee mit der Wäscheleine. Einfach so. Exzellent, kann ich da nur sagen«, erwiderte sie bissig.
    »Julia, jetzt komm. Er war’s, und damit basta.«
    »Gibt’s einen Abschiedsbrief, in dem er ein Geständnis abgelegt hat?«
    »Hab keinen entdeckt. Wahrscheinlich eine Affekthandlung, weil er keinen anderen Ausweg sah. Du weißt doch, dass Betrunkene meist völlig irrational handeln. Aber ihm war klar, dass wir ihm über kurz oder lang auf die Schliche kommen würden.«
    »Blödsinn! Hier hat jemand nachgeholfen. Die Frage ist, wer und warum. Und jetzt gehen wir raus und warten, bis die andern kommen, mir wird sonst noch schlecht von diesem bestialischen Gestank.«
    Sie stellten sich ins Treppenhaus, rauchten und schwiegen. In einer der Wohnungen unter ihnen stritten sich lautstark ein Mann und eine Frau, aus einer anderen Wohnung dröhnte Musik, was ihnen vorher nicht aufgefallen war.
    »Nettes Haus, nicht?«, durchbrach Durant das Schweigen. »So richtig kuschelig.«
    Hellmer reagierte nicht darauf.
    Der Arzt kam zwanzig Minuten nach dem Anruf, musste sich jedoch gedulden, bis der Fotograf eingetroffen und die Bilder gemacht hatte. Er setzte sich auf die Treppe, ihm schien die Situation unangenehm. Durant schätzte ihn auf höchstens Anfang dreißig, eine Nickelbrille auf der Nase, schüchterner Blick. Sie warteten beinahe eine

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