Kaltes Fieber - Ein Lucas-Davenport-Roman
anruft?«
Nach den verschiedenen Cop-Anrufen hörte er sich die Aufzeichnung von Ignace’ Gespräch mit dem Killer an. Im Hinblick auf reale Informationen war da nicht viel rauszuholen, aber da war diese Stimme. Er holte Cale aus dem Bett: »Wer hatte am meisten Umgang mit O’Donnell?«
»Vornehmlich die einfachen Angestellten … Aber Dr. Beloit ist die Person, die am kontaktfreudigsten ist.«
»Haben Sie ihre Privatnummer?«
Beloits Mann meldete sich, wurde zornig, als Lucas nach seiner Frau fragte, war dann sehr skeptisch, als Lucas erklärte, es handle sich um eine polizeiliche Notsituation, und schließlich schrie Lucas ihn an: »Ich bin der Leiter des Amts für Regionale Ermittlungen beim SKA, und ich
muss in einer wichtigen Angelegenheit mit Ihrer Frau sprechen. Oder soll ich die örtliche Polizei einschalten und Ihre Frau zu einer Anhörung in die Polizeizentrale bringen lassen?«
Es war zwei Uhr am Morgen, und Dr. Beloit war völlig verschlafen. Als sie schließlich realisiert hatte, wer da anrief, sagte Lucas: »Ich möchte Sie bitten, unsere Zentrale in St. Paul anzurufen. Sie werden einen meiner Mitarbeiter erreichen, sein Name ist Ted. Er wird Ihnen die Aufzeichnung eines Telefonanrufs vorspielen, der gestern Abend bei einem Zeitungsreporter einging. Die Sache ist absolut vertraulich; falls Sie darüber reden, komme ich zu Ihnen und überrolle Sie mit meinem Truck, okay?
»Okay, aber was soll ich mir denn da anhören?«
»Ich möchte wissen, ob es sich bei dem Anrufer um Sam O’Donnell handeln könnte. Es klingt nicht so, als ob er’s wäre, aber es klingt eindeutig so, als ob der Anrufer seine Stimme verstellen würde.«
»Ich habe gehört, dass man nach Sam sucht … Wir sind ziemlich beunruhigt.«
»Wer ist ›wir‹?«
»Wir alle in der Klinik.«
Lucas dachte: Verdammte Scheiße, in zwei Tagen weiß es dann jedermann im Staat … Er sagte: »Rufen Sie Ted an, okay? Hier ist seine Telefonnummer …«
Sie rief fünf Minuten später zurück: »Ich sage es sehr ungern, aber es könnte Sam sein.«
»Tatsächlich?«
»Wir führen jedes Jahr ein Weihnachtsspiel auf, und Bob Turner - ich weiß nicht, ob Sie Bob kennen gelernt haben …«
»Nein.«
»Bob spielt den Weihnachtsmann, und Sam spielt einen
seiner Kobolde. Natürlich sind auch Insassen als Darsteller dabei. Jedenfalls, Sam gestaltet den Kobold als, hmm, Perversling, so möchte ich es aus Mangel an einer besseren Bezeichnung einmal ausdrücken. Er erzählt dann, wie er durch Kamine in Häuser steigt und Pärchen beim Geschlechtsverkehr erschreckt. Witze dieser Art. Jedes Mal, wenn er durch den Kamin in ein Haus kommt, trifft er die Bewohner in peinlichen Situationen an. Die Sache ist nun, dass er dabei diese merkwürdige Stimme hat, dieses schwere, keuchende Atmen, dieses tiefe Wispern. Der Anrufer heute Nacht … er klang wie Sam, wenn er seine Kobold-Rolle spielt.«
Lucas wusste im ersten Moment nicht, was er sagen sollte, dann fragte er: »Ein Kobold?«
»Ja, verstehen Sie, alle machen einen auf leicht verrückt, es ist ja nur ein Spiel …«
»Aber der Anrufer könnte O’Donnell sein?«
»Ich … ich kann mir nicht vorstellen, dass Sam jemals einem Menschen ein Leid antun könnte. Ich meine, er betreibt Karate und so was, aber das macht er zum Fitnesstraining. Er ist, so denke ich, wirklich ein sanfter und liebenswürdiger Mann.«
Falls der Killer in Chicago war, und das war ja offensichtlich so, brauchte man ihn nur noch eindeutig zu identifizieren und aufzuspüren - die Cops in Chicago würden ihn dann festnehmen. So einfach schien das zu sein …
Und auch wenn sie O’Donnell nicht eindeutig als Killer festnageln konnten … Falls er es nicht war, würde sich das am Morgen zeigen, wenn eventuell jemand anders nicht zur Arbeit erschien …
Nichts mehr zu tun mitten in der Nacht … Lucas versuchte, wieder einzuschlafen, was hin und wieder gelang, meistens aber nicht. Wenn sie den Killer nicht klar identifizieren
konnten und er sich weit genug absetzte, würde das Interesse erlahmen … Er könnte jahrelang verschwunden bleiben.
Er warf sich immer wieder im Bett herum, und um sechs Uhr stand er schließlich auf. Er würde es in diesem unausgeschlafenen Zustand bestimmt nicht schaffen, den ganzen Tag durchzustehen, und so nahm er eine Weckamin-Tablette, fühlte sich danach sofort besser; dann ging er unter die Dusche, rasierte sich und zog sich an. Es war noch sehr früh am Morgen, aber er rief Sloan
Weitere Kostenlose Bücher