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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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konnte, sich selbst zu inszenieren. Aber wer tat das nicht?
    Joe sah sich Hilfe suchend um. Ihn hatten offenbar weder Schweigen noch Champagner in die Vergangenheit versetzt. Er zeigte auf drei Männer im Smoking, die sich in eifrigem Gespräch zueinander beugten. Jeweils einen halben Schritt hinter ihnen standen ihre Frauen. Stumm, ausgeschlossen aus dem engen Kreis, aber auch zu fest verbunden, um sich lösen zu können. »Van der Fluh, mit dem muss ich noch reden. Praktisch, dass er da ist. Ich habe einen neuen Werbevertrag. Mit Ultrakauf, der Supermarktkette, du weißt schon.«
    Wenn das kein Zufall war. Andererseits: Große Supermarktketten gab es nur wenige, und Joe war einer der TV-Lieblinge, die seit Jahren regelmäßig für Bier, für Käse oder sonst etwas Österreichisch-Kulinarisches warben. »Was hat van der Fluh für eine Funktion bei Ultrakauf?«
    »Generaldirektor.«
    »Ich würde ihn auch gerne etwas fragen, kannst du mich vorstellen?«
    Joe sah mich verblüfft und etwas misstrauisch an. »Was hast du mit ihm zu tun?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls will ich wissen, ob er den Auftrag gegeben hat, mich an meinen Recherchen zu hindern.«
    Joes Blick war so strafend, dass ich lachen musste.
    »Keine Sorge, es geht nicht um Mord. Maximal um Mordversuch.«
    Er tat es nicht gerne, aber er stellte mich van der Fluh vor. Der Ultrakauf-Generaldirektor war massig, ohne fett zu sein. Er musterte mich distanziert. Ich widerstand der Versuchung, wieder an meinem etwas zu eng gewordenen Kleid herumzuzupfen.
    »Sie sind also vom ›Magazin‹«, begann van der Fluh nach den Begrüßungsfloskeln. Joe hatte Bekannte erspäht und machte sich mit dem Versprechen davon, gleich wieder da zu sein.
    »Ja, die Gala heute gehört sozusagen zu meiner Arbeit. Lifestyle.«
    »Und was ist an meinem Lifestyle so interessant, dass ich die Ehre habe?«, drechselte er.
    »Man sieht Sie üblicherweise nicht bei den so genannten gesellschaftlichen Ereignissen.«
    »Nein«, er lachte trocken, »das ist nicht meine Welt. Aber heute ließ es sich nicht vermeiden, und es war dann doch auch ein sehr schöner Abend. Können Sie zitieren, wenn Sie wollen. Aber jetzt muss ich …«
    »Ich wollte Sie eigentlich etwas ganz anderes fragen.«
    »Schießen Sie los, wie wir Deutschen sagen. Ich habe zwei Geschäftspartner mit und kann sie, auch wenn ich gerne länger Ihre Gesellschaft genießen würde, nicht allein herumstehen lassen.«
    »Haben Sie den Auftrag gegeben, mich daran zu hindern, dass ich im Ultrakauf in der Mayerlinggasse recherchiere?«
    Er sah mich verblüfft an. »Wie meinen Sie? Warum?«
    »Ich hatte vor, eine Reportage über Supermärkte zu machen. Als ich das letzte Mal – ich bin dort Kundin – einkaufen ging, verbot mir der Filialleiter im Namen der Geschäftsführung, mit den Mitarbeiterinnen zu reden.«
    Er hob beschwörend seine Hände. Es waren große, fleischige Hände, zu denen die sorgfältig manikürten Fingernägel nicht zu passen schienen. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Ja, wir haben eine Ultrakauf-Filiale in der Mayerlinggasse. Viel mehr kann ich Ihnen aber nicht sagen. Unser Geschäftsprinzip lautet: Global denken, dezentral handeln. Modernes Management lagert Aufgaben aus, es gibt eine Reihe von Sub-direktoren.«
    »Wie zum Beispiel Regionaldirektor Heller.«
    »Wie wen? Ach ja, das ist einer unserer jungen Regionaldirektoren. Wir haben mehr als dreißig davon, und sie arbeiten auch nicht mit mir direkt, sondern mit unseren Sektordirektoren zusammen. Aber wenn Sie eine Story über unsere Supermärkte machen wollen, sind Sie natürlich willkommen. Da muss es ein Missverständnis gegeben haben. Wahrscheinlich hat der Filialdirektor nur gemeint, Sie sollten sich besser an unsere Öffentlichkeitsabteilung wenden. Sie dürfen nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Wir bilden unsere Kräfte gut aus, aber eben vor allem fachlich. Verbal ist der Herr offenbar etwas … ungeschickt.« Van der Fluh sah zu seiner kleinen Gesellschaft hinüber. »Sie entschuldigen mich?«
    »Sollte ich noch Informationen brauchen – kann ich mich an Sie wenden?«
    »Selbstverständlich, natürlich. Ich bin froh, dieses Missverständnis ausgeräumt zu haben. Aber reden Sie erst einmal mit der Öffentlichkeitsabteilung, ja?«
    Das nannte man elegant abserviert.
    Ich nahm mir noch ein Glas Champagner und zwei Kanapees mit Lachs. Das Gedränge hatte deutlich nachgelassen. Gut, dass ich mir schon vor Beginn der Gala

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