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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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herrscht am wenigsten Betrieb. Es gibt weniger Kunden, und ein Teil der Kollegen ist in der Mittagspause.
    Ich kam durch die Warengänge im Lager auf den offenen Lagerplatz. Ein LKW stand mit dem Heck drinnen. Die Aufschrift des LKWs hatte nichts mit Spirituosen zu tun, und deswegen erregte es meine Aufmerksamkeit, dass der LKW-Lenker und ein Lagerarbeiter einige Kartons mit Whiskyflaschen von dem Palettenstapel zum LKW trugen. Ich versteckte mich hinter einem Stapel in der Nähe und konnte beobachten, wie sie zehn Kisten verschiedener Whiskymarken in den LKW verluden. Da ich wusste, dass es viel zu spät war, jetzt die Polizei zu verständigen, und ich – wie erwähnt – auch keine Kollegen ausliefern will, stellte ich die beiden zur Rede.
    Sie drohten mir zuerst, dass mir dasselbe wie Karin Frastanz passieren würde, die ja fast von einem Stapel Cognac-Kisten erschlagen worden wäre, aber ich konnte nicht glauben, dass sie damit zu tun gehabt haben. Ich sagte also, sie sollten mit der Sprache herausrücken oder ich würde sofort alles erzählen. Sie gestanden, seit einiger Zeit Kontakt mit Schwarzhändlern zu haben. Wann immer sie Spirituosen – in erster Linie Whisky und Cognac – abzweigen konnten, bezahlten diese ihnen für ihre Beute die Hälfte des Schwarzmarktpreises. Sie hätten meist die Mittagszeit abgewartet und dann einfach, wenn es möglich war, einige Kisten in den LKW gepackt.
    Ich forderte sie auf, die Kisten zurückzustellen, und sie taten es auch.
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass es sich bei ihnen um hart gesottene Gangster handelte.
    Ich warf ihnen dennoch vor, dass sie versucht hätten, Karin Frastanz zu ermorden. Sie reagierten mit Angst und Ablehnung. Sie erzählten mir Folgendes: Normalerweise hatten sie leere Kartons, die bei uns im Lager herumliegen, rechtzeitig zur Seite gestellt, um bei Bedarf die gestohlenen durch Leerkartons zu ersetzen. Damit ihr Diebstahl nicht zu schnell auffiel, haben sie auch dafür gesorgt, dass die leeren Kartons nicht in der ersten Reihe, sondern weiter hinten standen. Deswegen sei eine Zeit lang, bis eben zu dem Angriff auf Karin Frastanz, auch nichts aufgefallen.
    An diesem Tag hatten sie wieder ein paar Cognac-Kisten abgezweigt, waren aber gestört worden. Regionaldirektor Heller sei von hinten durch das große, hydraulische Tor ins Lager gekommen. In großer Eile hatten sie so getan, als würden sie volle Kisten tragen, und die leeren Kisten schnell vorne dazugestellt. Sie sagten zu Heller, dass sie den Stapel sichern müssten, damit er nicht umfiel. Heller hat sich daraufhin erkundigt, ob es leicht sei, den Stapel zu kippen, und der Lagerarbeiter hat ihm gezeigt, wo man theoretisch ansetzen müsste. Eine Viertelstunde später sei dann der Unfall mit Karin Frastanz passiert, und sie hätten es so mit der Angst bekommen, dass sie wochenlang keine Kartons hätten mitgehen lassen. Gestern haben sie es zum ersten Mal wieder versucht, aber da habe ich sie entdeckt. Sie schworen mir, mit den Diebstählen aufzuhören. Ich habe sie dann auch noch gefragt, ob der Stapel von alleine umgefallen sein kann, aber der Lagerarbeiter hat das heftig bestritten. Soviel ich weiß, haben auch die polizeilichen Erhebungen im Lager dasselbe ergeben. Man soll über Tote ja nichts Schlechtes sagen, aber einige Indizien sprechen dafür, dass Heller den Stapel umgestoßen haben könnte. Ich ersuche Sie, das nachzukontrollieren. Ich halte es außerdem für unwahrscheinlich, dass niemand außer den beiden Heller gesehen hat.
    Hochachtungsvoll
    jemand, der die Polizeiarbeit unterstützen möchte.«
    Gewisse Feinheiten standen freilich nicht in Vesnas Gedächtnisprotokoll. Vesna grinste, als wir die Endfassung des Briefes noch einmal durchlasen. »Die beiden sind zum Glück sehr dumm. Auch Diebstahl war dumm gemacht und wäre auch ohne Kartons auf Karin bald aufgefallen. Weißt du, wie man besser stiehlt?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Am besten ist, man zweigt Leerflaschen ab aus Hotels oder so, füllt sie dann mit brauner Flüssigkeit und stellt sie kartonweise statt der gestohlenen auf. Da merken erst Kunden, dass etwas nicht stimmt – wenn sie es merken. Aber zumindest man nimmt keine leeren Kisten, sondern füllt sie mit irgendetwas, das ähnlich schwer ist. Leerkisten merkt man schnell.«
    »Woher hast du das?«
    »Man hört einiges. Die beiden jedenfalls sind keine Schwerverbrecher, nur eben nicht ehrlich. Dafür gehört ihnen schon der Schreck. Aber nicht mehr.«
    Was auch

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