Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
lernen.«
    Van der Fluh sah einen der beiden jungen Männer in seiner Begleitung an, prostete uns zu und setzte sich wieder. Magister Wannemacher stellte nach einigen Begrüßungsfloskeln seine erste Frage: »Was verbinden Sie spontan mit Ultrakauf? Sagen Sie einfach, was Ihnen in den Sinn kommt!«
    Die Antworten hätten eins zu eins für eine Werbesendung mitgeschnitten werden können. Mir wäre noch anderes eingefallen als »gutes Angebot«, »freundliche Bedienung« oder »die größte Kaffeeauswahl«: ein toter Regionaldirektor, eine verschwundene Fleischermeisterin, ein vertuschter Überfall. Ein Marketingdirektor, der das »Magazin« unter Druck setzte. Ich musste in Gedanken gewesen sein, jedenfalls registrierte ich erst mit Verspätung, dass ich angesprochen worden war. Ich zuckte zusammen und kam mir vor wie in der Schule, wenn ich nicht aufgepasst hatte. »Sehr viel Fleisch«, sagte ich, und einige lachten.
    Wir sprachen über die Breite von Gängen, über die Marktchancen von Luxusdelikatessen wie echtem Kaviar, über die Schulung des Personals, Öffnungszeiten und spezielle Eventwochen in den Supermärkten. Nichts, was sich die Experten nicht auch alleine hätten ausdenken können. Ich mischte mich so wenig wie möglich ein.
    Die Gruppe, die hier nach der Selektion französischer Weichkäse von dem halbgefrorenen Kastanieneis kostete, hatte kaum etwas mit dem durchschnittlichen Supermarktpublikum gemeinsam. Aber um abzutesten, was Kundinnen wirklich wollten, gab es ohnehin Marktforschungsinstitute.
    Der Digestif wurde, wie schon der Aperitif, wieder in der Bar gereicht. Ich nahm mir einen Grappa und plante, mich jetzt endlich van der Fluh zu nähern. Er kam mir zuvor, prostete mir mit einem Cognac zu und meinte: »Sie waren so schweigsam heute. Warum?«
    Ich sah ihn an und erwiderte: »Ich hatte den Eindruck, dass es genug andere gibt, die gerne reden. Vielleicht kommen sie sonst nicht so häufig dazu. Auch wenn ich ehrlich gesagt nicht weiß, was das Ganze dem Unternehmen bringen soll.«
    »Wahrnehmungen von außen, man wird schnell betriebsblind.«
    »Aber wäre es dafür nicht besser, Kundinnen und Kunden zu befragen?«
    »Das tun wir ohnehin laufend. Hier geht es um Zukunftsstrategien.«
    »Und um die zu entwickeln, hat unsere erlauchte Runde besondere Fähigkeiten.«
    Er lächelte. »Ich sehe schon, Sie nehmen unseren Think-Tank nicht ganz ernst.«
    »Sie etwa?«
    Sein Lächeln vertiefte sich. »Ich wäre sehr unhöflich, Ihren Verdacht zu bestätigen.«
    »Marketingstrategien, nicht wahr? Für das Unternehmen wichtige Personen, meistens vertreten durch ihre Ehefrau, sollen freundlich gestimmt werden. Ist ja nichts Böses. Ich habe hervorragend gegessen.«
    Dankbar wechselte er das Thema: »Nicht wahr? Guttmayer, das ist ein Koch!«
    Ich musste wieder zurück zu den Marketingexperten und zu unseren Inseraten. »Ihre Marketingexperten sehen es nicht gerade gerne, dass ich mich für die Vorfälle im Ultrakauf in der Mayerlinggasse interessiere.«
    Er sah mich mit gut gespielter Unschuld an: »Ach, dafür interessieren Sie sich immer noch?«
    »Ihr Marketingdirektor hat die Inserate im ›Magazin‹ auf Eis gelegt und in einem Nebensatz erwähnt, dass ich doch endlich aufhören solle herumzuschnüffeln. Zuerst ist diese Aufforderung vom Filialleiter gekommen, ich habe Ihnen davon erzählt. Jetzt kommt sie mit deutlich mehr Nachdruck vom Marketingdirektor. Gleichzeitig laden Sie mich in Ihren Think-Tank ein. Ich kenne mich nicht aus. Was ist das? Zuckerbrot und Peitsche?«
    Er schüttelte den Kopf, lächelte und zog mich etwas weiter weg von den verdauenden Gattinnen. »Zwischen der Sistierung der Inserate und Ihren Recherchen besteht kein Zusammenhang, sicher nicht. Derartige Detailentscheidungen trifft unsere Marketingabteilung außerdem eigenständig, ich weiß daher leider auch nichts über die wahren Ursachen. Es tut mir aufrichtig Leid, wenn Sie sich unter Druck gesetzt fühlen.«
    Mir ging seine freundlich-joviale Ignoranz immer mehr auf die Nerven. »Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt, sondern ich bin unter Druck. Mein Chefredakteur hätte mich wegen der Geschichte mit den Inseraten beinahe gefeuert. Warum wollen Sie nicht wissen, was in der Mayerlinggasse vorgeht? Weil Sie es ohnehin wissen?«
    »Ich verstehe Ihren Unmut. Ich werde mit den zuständigen Marketingleuten reden und Sie dann informieren, das kann ich Ihnen versprechen. Ob Sie es mir glauben oder nicht: Es ist mir wirklich

Weitere Kostenlose Bücher