Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
Förderband kontrollierte, zu.
    »Inspektionsrunde«, rief Vesna zurück.
    »Wollt ihr mich näher inspizieren?«
    »Kein Bedarf, Pause ist gleich aus.«
    Wir gingen schneller. Durch Wände aus Metallstreben und Glas konnten wir sehen, wo das Fleisch zerteilt und verpackt wurde. Von dort kamen, ähnlich wie bei den automatischen Förderbändern auf Flughäfen, die Kartons gefahren.
    Vesna öffnete die erstbeste Türe aus Metall. Der Lärm wurde intensiver, das Licht war heller. Wir streiften uns die Schutzschuhe aus dünnem Plastik über. Frauen in Schutzkleidung standen an einem Fließband und legten in Folie eingeschweißte, mehrere Kilo schwere Fleischstücke in Kartons. Eine andere Brigade an einem anderen Fließband portionierte Fleisch und legte es auf Styroporschalen.
    Der Großteil der Anlage funktionierte automatisch. Das Fleisch wurde verpackt, die großen Kartons wurden sortiert, gestapelt, bei Bedarf von elektronischen Hebemaschinen erfasst und auf die Förderbänder geschickt.
    Weiter hinten war die Zerlegestation. Sie sah aus wie ein gigantischer Fleischhauereibetrieb, eine Fabrik voll mit plastikbemützten Fleischheinzelmännchen und vor allem -frauchen, die halbe Rinder und Schweine mit Elektromessern zerlegten, die aussahen wie Waffen aus einem Sciencefictionfilm. Die Fleischteile kamen auf Fließbänder, gingen weiter zu jenen, die Knochen, Fett, Sehnen entfernten, dann weiter zu jenen, die das Fleisch für die Verpackungsanlage vorbereiteten.
    Es roch unangenehm nach einer Mischung aus Blut und Stahl. In unseren Mänteln mit dem Ultrakauf-Emblem wurden wir nicht als Außenseiterinnen wahrgenommen. Manchmal haben Uniformen eben doch auch ihre Vorteile. Nur einmal redete uns eine Vorarbeiterin an. »Was macht ihr denn hier? Wo gehört ihr hin?«
    »Wir kommen von der Ultrakauf-Zentrale, sind von der Marketingabteilung. Van der Fluh hat uns persönlich hergeschickt, damit wir uns umsehen.«
    »Ganz allein?«
    »Das ist die Idee der Sache, wir sollen uns unvoreingenommen umsehen.«
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Nein, danke.«
    Wir gingen in Richtung Fleischzulieferung. Hier, auf der anderen Seite der Halle, wurde das Fleisch von den Schlachthöfen angeliefert. Wieder gab es Laderampen, diesmal aber keine Förderbänder, sondern Gestänge, an denen Rinder- und Schweinehälften aufgehängt und elektronisch in Richtung Zerteilstation gefahren wurden. Die Metallkonstruktion glich einer Ansammlung monströser Garderobenständer, nur dass auf dieser Art von Gestellen keine Mäntel, sondern halbe tote Tiere hingen.
    »Wenn, dann haben sie Fleisch schon im Schlachthof aufgetaut«, sagte Vesna. Zwei Männer gingen mit Klemmbrettern durch die Fleischgarderobe, verglichen aufgedruckte Nummern mit denen auf ihren Listen. Zwei ähnliche Gestalten hatten wir auch schon bei der Fleischzerteilung gesehen. Sie hatten Fleischproben genommen und, nicht viel anders als wir vor einigen Tagen, diese in kleine Säckchen gefüllt.
    Wir hatten es geschafft, wir waren im Zentrallager. Aber wir hatten nichts entdecken können, was auf gefrorenes Fleisch schließen ließ. Natürlich konnte es sein, dass das Management der Kauf-AG mit einigen Schlachthöfen ein entsprechendes Übereinkommen hatte. Aber dann mussten die Kontrolleure dort bestochen sein. Mutlos sah ich mich in dem Tohuwabohu um.
    »Wir fahren zurück«, sagte Vesna, »nicht mit Eisenbahn, wie geplant. Vielleicht ist LKW noch da. Vielleicht er hat jetzt was anderes geladen und fahrt zu anderer Filiale. In anderen war aufgetautes Fleisch, in der Mayerlinggasse nicht. Nicht mehr, wahrscheinlich. Vielleicht ist das noch eine kleine Chance. Vielleicht wir hören etwas, wenn sie ausladen.«
    Sehr viele »Vielleicht«.
    »Ja, ihr Geschrei, wenn sie uns entdecken. Wer weiß, wohin der LKW jetzt fährt?«
    »Eben. Komm. Er wird nach Wien fahren, weil LKW-Fahrer haben immer ähnliche Routen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Glaube, das habe ich gehört. Ist auch logisch, so kennen sie sich besser aus.«
    Es war einmal gut gegangen. Würde es ein zweites Mal gut gehen? Für Vesna schien das klar zu sein. Meine Hüfte schmerzte. Wir hatten schon zu viel getan, um jetzt aufzugeben. Ich eilte hinter ihr her, vorbei an den beinahe lautlosen Sciencefictionmessern und dem Fleisch und den Knochensplittern, vorbei an sauber eingeschweißten Fleischstücken, Stapeln mit Kartons und Förderbändern. Welcher, verdammt noch einmal, war unser LKW gewesen? Oder sollten wir einfach irgendeinen

Weitere Kostenlose Bücher