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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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blickte ihn scheel an. »Sie haben verabsäumt, es zu
erwähnen, aber diese Mordfälle hängen mit dem von Violet Chambers
zusammen, nicht wahr?«
    »Ich glaube schon«, sagte er. »Aber wie kommen Sie darauf?«
    »Zunächst einmal sind es alles ältere Frauen, und das Fehlen
einer erkennbaren Todesursache legt Vergiftung als eine Möglichkeit
nahe, die zu untersuchen lohnend sein könnte. Und dann natürlich die
Finger.«
    »Die Finger?«
    »Haben Sie das nicht gesehen?« Sie schüttelte den Kopf. »Wie
nachlässig von Ihnen. Genau wie bei der armen Violet Chambers sind bei
allen Opfern die Finger der rechten Hand abgeschnitten worden, direkt
an den Knöcheln.«

15
    D ie nächsten fünf Tage verbrachte Daisy
überwiegend bei Eunice im Kunst- und Antiquitäten-Center und half ihr,
die mageren Abrechnungen in Ordnung zu bringen, und in all der Zeit
erinnerte sie sich nur an eine Handvoll Besucher, die vorbeikamen.
Einer von ihnen war ein einheimischer Künstler gewesen, mager und
grauhaarig, in schwarzen Cord gekleidet, der hoffte, seine Sachen bei
Eunice ausstellen zu können. Ihm wurde eine herbe Enttäuschung zuteil.
Eunice hielt eins seiner Bilder ausgestreckt vor sich hin, drehte es
hierhin und dorthin, blinzelte, als ob der Sonnenuntergang über dem
Meer, dem der Künstler so bemüht hatte nacheifern wollen, tatsächlich
blendende Strahlen aussandte.
    »Oh nein«, hatte sie gesagt. »Oh nein, nein, nein. Diese
Wellen sind sich alle so gleich. Wellen müssen majestätisch sein,
chaotisch, und keine wie die andere, verstehen Sie? Und sie müssen
unbemerkbar ineinander übergehen. Diese hier sehen aus, als hätten Sie
sie einzeln gemalt, sie dann ausgeschnitten und übereinandergeklebt.«
Sie schwieg, drehte das Bild langsam nach links und meinte: »Der Rahmen
ist immerhin ganz gut.«
    Zwei weitere Besucher waren Leute aus dem Ort, die den
Nachlass kürzlich verstorbener Lieben durchforstet und etwas gefunden
hatten, das für Daisy wie eine kitschige Porzellanfigur und ein
verstaubtes, übermäßig lackiertes Gemälde aussah. Es verblüffte sie,
dass Eunice beide Stücke kaufte; das eine für fünfzehn Pfund, das
andere für fünfunddreißig. Nachdem die beiden ihr Geld an sich gerafft
hatten und fort waren, fragte Daisy Eunice, was sie in den Sachen
gesehen hätte. Die Antworten hatten sie überrascht.
    Über die Porzellanfigur, die einer Seemöwe ähnelte, mit
unnatürlich großem und abnehmbarem Kopf, das Ganze grellgelb bemalt,
sagte Eunice: »Das ist, glaube ich, ein Martin-Brothers-Vogel.
Hergestellt um 1901 in Southall. Die Martin-Brothers waren berühmt für
ihre grotesken Tiere und Fische. Der Sockel ist aus Ebenholz, wenn ich
mich nicht irre.«
    »Und Sie haben vor, es auszustellen?«
    »Nein, ich habe vor, es zu verkaufen.« Eunice schniefte. »Bei
einer Auktion bringt dies kleine Ding über fünftausend Pfund.«
    »Und diese Frau, die es Ihnen verkauft hat – die
hatte keine Ahnung?«
    »Mängelausschluss gilt beidseitig, meine Liebe. Wenn die keine
Nachforschungen anstellen, kann man nicht mich dafür verantwortlich
machen. Nicht vor dem Gesetz.«
    Was das Gemälde betraf – eine Jagdszene mit fetten
Pferden, die auf streichholzdünnen Beinen über einen Bach torkelten,
das ganze Ding bräunlich und glänzend von altem Lack –, so
hatte Eunice dem Verkäufer erklärt, es sei ein viktorianisches
Massenprodukt und so gut wie nichts wert. Als der Mann fort war, hatte
sie es ehrfürchtig vor sich auf den Tresen gelegt und saß versonnen
davor, den Kopf in die Hände gestützt.
    »Sehr schlecht gemalt«, hatte Daisy gemeint. »Diese Pferde, so
unwahrscheinlich topplastig!«
    »Das war der Stil der Zeit.« Eunice hatte geseufzt. »Und
lassen Sie sich durch den Firnis nicht täuschen. Unter der Oberfläche
ist nämlich etwas ziemlich Überraschendes. Das hier ist ein
Henry-Alkin-Original. Ich habe Farbdrucke davon gesehen, aber ich hätte
nie gedacht, dass ich mal das Original zu sehen bekomme.«
    »Und Sie haben vor, es bei einer Auktion zu verkaufen?«
    »Nach einer Weile«, hatte Eunice träumerisch gesagt. »Nach
einer Weile.«
    »Für wie viel?«
    »Für mehr als zehntausend Pfund, könnte ich mir vorstellen.«
Eunice hatte zu Daisy aufgeblickt, die – so hoffte
sie – eine missbilligende Miene aufgesetzt hatte. »Sie glauben
doch nicht, dass ich mit diesem Laden hier genug
verdiene, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder?«
    Eunice war also scharfsinniger, als Daisy sie nach

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