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Kaltes Gift

Kaltes Gift

Titel: Kaltes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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eine hübsche Christrose pflanzen,
bevor sie auszog. Zum Andenken an Daisy.
    Lächelnd schob sie ihren Schlüssel in ihr Schloss und trat in ihr Haus.
    Gleich beim Eintreten schlug ihr der Geruch entgegen.
Abgestandener inzwischen, und scheußlicher, unterlegt mit dem Chlor des
Desinfektionsmittels, überlagert von Daisys geliebtem Lavendelparfüm,
aber immer noch lauerte er im Untergrund wie ein alter räudiger Köter.
Luftreiniger und Potpourri konnten da nicht viel ausrichten, es war
also noch weiteres Reinemachen nötig. Rasch ging Violet den Flur
entlang – zog dabei ihre dünnen Baumwollhandschuhe
an –, dann durch die winzige Küche in den Wintergarten. Sie
schob die Riegel der Hintertür auf, Ober- und Unterteil, und öffnete
sie so weit wie möglich.
    Die plötzliche frische Luft war eine Erlösung. Sie holte ein
paar Mal tief Atem und blickte in den dunklen, verschatteten Garten.
Von dem Waschbetonboden der Veranda aus, überzogen von einem Zickzack
silbriger Schneckenspuren, kämpfte sich ein Plattenweg zwischen
dichten, wildwachsenden Büschen aller Art hindurch. Hohe Zäune trennten
zu beiden Seiten das Haus von seinen Nachbarn, und am hinteren Ende des
Gartens ragte, kaum sichtbar in dem Gestrüpp, eine drei Meter hohe
Ziegelmauer auf. Daisy war sich nicht sicher gewesen, was sich hinter
der Mauer befand, dabei hatte sie doch über fünfzig Jahre hier gewohnt.
    Mitten auf der Betonterrasse stand eine Mülltonne aus
Eisenblech, die Seiten streifig von roten Rostrinnsalen aus den
schadhaften Nieten und Schweißstellen. Darin lag Daisys verschmutzte
Kleidung, dazu das Kissen, auf dem sie gesessen hatte, und die
Zierdeckchen, die über den Sessellehnen gehangen hatten. Der Sessel
selbst stand neben der Tonne und sah hier im Freien viel kleiner aus
als in dem dunklen Wohnzimmer.
    Morgen würde sie das Zeug in der Mülltonne verbrennen,
beschleunigt durch einen Schuss Feuerzeugbenzin. Für den Sessel musste
sie sich noch etwas einfallen lassen. Entweder sie verbrannte ihn dort,
wo er stand, und riskierte, dass er Brandspuren auf dem Beton
hinterließ, oder sie konnte versuchen, ihn mit einem Schraubenzieher
und einer kleinen Säge so zu zerteilen, dass sie die einzelnen Teile in
die Tonne bekam. Das könnte klappen.
    Die köstlich kühle, frische Luft erinnerte sie daran, dass ein
kräftiger Durchzug nötig war, um das Haus in einen Zustand zu
versetzen, dass sie darin arbeiten konnte. Also machte sie kehrt und
ging durchs Haus zurück ins Wohnzimmer. Dort war der Gestank noch
schlimmer, und Violet hielt die Luft an, bis sie die Verriegelung des
Schiebefensters gelöst und es etwa fünfzehn Zentimeter in die Höhe
geschoben hatte. Die plötzliche Zugluft, die von hinten nach vorn
durchs Haus fuhr, klärte die Luft rasch, und einen Augenblick lang
hatte Violet den überdeutlichen Eindruck, als sacke das Haus vor
Erleichterung in sich zusammen, als es den abgestandenen, ekligen Dunst
ausatmete und wieder reine Luft einsog.
    Als sie sich vom Fenster abwandte, wurde Violets
Blick – wie so oft, während sie Daisys endlos weitschweifigen
Erzählungen zugehört hatte – von dem Schreibschrank gegenüber
dem Kamin angezogen. Seit Monaten schon trug sie das Bild dieses Möbels
im Geist mit sich herum.
    Wann immer sie die Gelegenheit hatte, stöberte sie in der
öffentlichen Bibliothek in Büchern über Antiquitäten oder blätterte sie
durch, wenn sie an den Regalen der nahen Buchhandlung stand. Sie war
ziemlich sicher, dass der Schreibschrank um die Mitte des 18.
Jahrhunderts geschreinert worden war, und er war in sehr gutem Zustand.
Wenn sie behutsam zu Werke ging, konnte er bei einer Auktion vielleicht
zehntausend Pfund bringen. Das Barometer in der Diele war mit hoher
Wahrscheinlichkeit französischer Herkunft und datierte vom Anfang des
19. Jahrhunderts. Das konnte so an die zweitausend Pfund erreichen. Die
Kaminböcke zu beiden Seiten des Kamins konnten zwischen drei- und
fünftausend Pfund erbringen, es kam darauf an, ob es Originale oder nur
gute Reproduktionen waren. Und es gab ja auch noch anderes Zeugs im
Haus, etwa den Esszimmertisch, die silbernen Kerzenleuchter und ein
komplettes altes Service aus Spode-Porzellan, das Daisy ihr einmal
gezeigt hatte, eingewickelt in Zeitungspapier und oben in einer Truhe
verstaut; ›für besondere Anlässe‹, wie Daisy es ausgedrückt hatte.
    Alles in allem, glaubte Violet, beherbergte dieses Haus Möbel
und Schnickschnack im Wert von etwa

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