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Kaltes Grab

Titel: Kaltes Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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einer Boutique in Knightsbridge verglichen«, sagte er.
    Liz hielt die Tüte in die Höhe und betrachtete die Unterwäsche skeptisch. »Wenn Sie mich fragen«, sagte sie, »sind wir hier eher in einem Wohlfahrtsladen für notleidende Senioren.«
    Diane Fry hatte leichte Gewissensbisse, weil Ben Cooper in seiner Abwesenheit für den Steinbruch eingeteilt worden war. Aber sie tröstete sich damit, dass er sich ohnehin freiwillig gemeldet hätte, wenn er bei der Sitzung dabei gewesen wäre. So war er nun mal. Ohne jeden Sinn und Verstand.
    Um ihn trotzdem ein wenig zu unterstützen, warf sie einen Blick auf seinen Schreibtisch, falls dort irgendetwas lag, das dringend bearbeitet werden musste. Die erste Akte, die ihr auffiel, war die von Eddie Kemp, dem Fensterputzer. Seit Kemps Verhaftung hatten die Leute scharenweise angerufen und ihn sämtlicher Verbrechen beschuldigt, die sich im Strafgesetzbuch finden ließen. Wollte man den Anrufern Glauben schenken, war Kemp ein Exhibitionist und Spanner und hatte vom Sozialversicherungsbetrug bis hin zum Kindesmissbrauch so ziemlich alles auf dem Kerbholz. Außerdem waren mindestens drei Anrufe eingegangen, die in ihm den Mörder des Mannes erkannt haben wollten, der am Snake Pass gefunden worden war.
    Diese Informationen waren zwar an die Kriminalpolizei weitergeleitet worden, doch den Berichten mangelte es an überzeugenden Details wie Namen, Orts- und Zeitangaben. Das Fehlen solcher Details war für gewöhnlich ein sicheres Zeichen für einen Anruf aus böswilliger Absicht. Allem Anschein nach rangierte Eddie Kemp auf der Beliebtheitsskala seiner Nachbarn nicht besonders weit oben. Wahrscheinlich hatten einige von ihnen mit Entsetzen festgestellt, dass er inzwischen auf Kaution frei und längst wieder zu Hause war. Was die Polizei brauchte, waren verlässliche Angaben über seine Komplizen sowie Zeugen des tätlichen Angriffs oder der Ereignisse unmittelbar davor.
    Immerhin war ein nützlicher Hinweis dabei gewesen. Auf einer der blauen Plastikplanen aus Kemps Wagen hatte sich der Abdruck von zwei Gegenständen befunden, die wie Baseball-Schläger geformt waren, außerdem hatte man auf dem Plastik Spuren von menschlichem Blut und Schweiß sichergestellt. Eine DNS-Analyse könnte eine Übereinstimmung ergeben, falls die Gelder für die Proben an das gerichtsmedizinische Labor bewilligt wurden. Die Erfolge in diesem Fall waren zu einer Frage des Etats geworden.
    Fry schrieb Ben Cooper eine Notiz. Auf seinem Schreibtisch stapelten sich noch andere Fälle, und an den meisten Akten klebten Haftzettel – Anrufe von der Staatsanwaltschaft, von Kollegen aus anderen Abteilungen oder anderen Divisionen, und sogar von Opfern, die nachfragten, was aus ihrem Fall geworden sei, und verzweifelt versuchten mit demjenigen, von dem sie naiverweise annahmen, er sei mit seiner Aufklärung beschäftigt, Kontakt aufzunehmen. Sie alle würden warten müssen. Fry hoffte nur, dass Cooper einen Sicherheitsgurt trug. Noch ein Ausfall hätte ihnen gerade noch gefehlt.
    Frys Telefon klingelte wieder, und zwar in diesem gewissen Ton, bei dem sie schon vorher wusste, dass sie den Hörer lieber gar nicht abheben sollte. Diesmal war es die Einsatzzentrale, die sie informierte, dass die Suche im Steinbruch abgebrochen worden war. Das Bergrettungsteam sei zu einem Noteinsatz gerufen worden und habe inzwischen am nahe gelegenen Irontongue Hill eine Leiche gefunden. Die Polizisten vor Ort waren abberufen worden, um sich um diesen neuen Fall zu kümmern. Die Zentrale ließ sie das freundlicherweise wissen, weil Ben Cooper einer der Beamten vor Ort war.
    Fry stützte das Kinn in die Hände und ließ den Blick über die verbliebene Mannschaft schweifen.
    »Ooh-wee, baby … ooh-wee! Won’t you let me take you on a sea cruise.«
    »Gavin«, blaffte sie, »mach sofort diesen blöden Hummer aus, sonst schmeiße ich ihn aus dem Fenster!«
    Marie Tennent war zunächst kaum mehr als menschliches Wesen zu erkennen. Als Ben Cooper am Fundort eintraf, hatte jemand das Eis von ihr abgekratzt, so dass sie nun wenigstens wie ein Stapel nasser Kleidung aussah, den jemand am Berghang zurückgelassen hatte. Gefrorener Schnee klebte in kleinen Klümpchen an ihr. Cooper hatte versucht, ein Stück in der Nähe ihrer Tasche sauber zu bürsten, doch die Eiskristalle hatten sich fest in den Fasern ihres Mantels verhakt.
    Er stand mit den anderen Polizisten und den Leuten von der Bergrettung herum, die von einem Fuß auf den anderen

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