Kaltgestellt
nun an aber müssen wir alle diese Gegend meiden.« Er griff in die Innentasche seines Mantels, holte ein Notizbuch hervor und reichte es, nachdem er eine bestimmte Seite aufgeschlagen hatte, an Nield weiter. »Pete, das hier ist die Telefonnummer, unter der Beck in Basel zu erreichen ist. Rufen Sie dort an, und nennen Sie mit verstellter Stimme die Adresse, an der wir gerade waren. Sagen Sie, daß er dort eine Leiche finden wird. Und fassen Sie sich kurz, damit er den Anruf nicht zurückverfolgen kann.« In der Hotelhalle trafen sie auf Paula, die gerade aus dem Lift kam.
»Keith Kent ist auf Ihrem Zimmer«, sagte sie mit leiser Stimme zu Tweed. »Er sagt, daß die Amerikaner fuchsteufelswild sind.«
22
Paula sperrte Tweeds Hotelzimmer mit dem Schlüssel auf, den er ihr dagelassen hatte. Er hatte sie gebeten, im Hotel zu bleiben für den Fall, daß Kent inzwischen käme. Alle bis auf Nield, der von seinem Zimmer aus den Anruf bei Beck machen wollte, folgten ihr in den Raum. Keith Kent saß in einem der Sessel und hielt ein Glas Brandy in der Hand. Da alle ihn kannten, mußte Tweed niemanden vorstellen. Kent hob das Glas.
»Paula war so freundlich, mir den hier einzuschenken«, sagte er. »Das ist meine Art von Zentralheizung, damit mir wieder warm wird.«
»Wie ich höre, haben Sie Neuigkeiten für mich«, sagte Tweed und zog sich den Mantel aus. Die anderen folgten seinem Beispiel. Paula hängte die Mäntel an die Garderobe. »Ich kann es kaum erwarten, sie zu hören«, fuhr Tweed fort, während er sich in den Sessel neben Kent sinken ließ. »Ich schätze mal, daß jeder von uns jetzt eine Tasse Kaffee vertragen kann«, sagte Paula und hob, ohne auf eine Antwort zu warten, den Telefonhörer ab. Keith Kent war die Ruhe selbst. Auch in den kniffligsten Situationen behielt er stets die Nerven. Wie üblich war er elegant gekleidet – er trug einen dunkelblauen Anzug, ein blaßblaues Hemd und eine Chanel-Krawatte mit Pfauenmotiv.
»Paula hat Ihnen wohl schon erzählt, daß die Amerikaner stinksauer sind«, begann er. »Sie führen sich auf, als wären sie völlig verrückt geworden.«
»Woher wissen Sie das, Keith?«
»Ich bin heute Vormittag noch einmal zur Zürcher Kreditbank gegangen, um zu überprüfen, ob meine Transaktionen geklappt haben. Aber ich mußte mit der Kassiererin gar nicht erst reden, denn vor ihrem Schalter haben zwei wütende Amerikaner gestanden, von denen der eine ständig mit der Faust auf die Theke geschlagen und die arme Frau in einem fort angebrüllt hat.«
»Können Sie den Amerikaner beschreiben?«
»Er war nicht besonders groß und hatte einen dicken Kopf. Glatt rasiert, Boxervisage mit schmalem Mund und starkem Kinn. Die Brust war breit, die Taille sehr schmal. Kleine Füße, braune Haare. Einmal hat er mich kurz angesehen. Die Augen waren so hart wie Diamanten.«
»Jake Ronstadt«, murmelte Paula vor sich hin. »Würde er Sie wieder erkennen?«, fragte Tweed. »Ich glaube nicht. Ich hatte mir den Hut tief ins Gesicht gezogen und einen dicken Schal um. Bei diesem Wetter kein ungewöhnlicher Aufzug.«
»Erzählen Sie weiter.«
»Wie gesagt, der Amerikaner hat die Frau an der Kasse fürchterlich angebrüllt. ›Auf diesem Konto war gestern noch ein Vermögen, und jetzt soll es auf einmal völlig leer sein?‹. Dann ist er mit leiserer Stimme fortgefahren, aber ich habe ein gutes Gehör und konnte deshalb alles mitbekommen. ›Ich möchte sofort euren gottverdammten Direktor sprechen, verstanden!‹ hat er gezischt und dann abermals mit der Faust auf die Theke geschlagen. Was die Kassiererin ihm geantwortet hat, trug nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.«
»Was hat sie denn gesagt?«
»Daß alle Direktoren bei einem Treffen in der Zentrale seien. Da ist bei dem Amerikaner die letzte Sicherung durchgebrannt. ›Dann rufen Sie verflucht noch mal dort an, und sagen Sie ihnen, daß einer von den Scheißdirektoren sofort hierher kommen soll, oder ich schlage alles kurz und klein! Millionen von Dollar können nicht einfach von heute auf morgen verschwinden, Sie dumme Pute!‹. An diesem Punkt habe ich mich verdrückt.«
»Sie haben vorhin von zwei Amerikanern gesprochen. Wie sah denn der andere aus?«
»Ein großer, knochiger Mann mit einem harten Gesicht. Der andere hat ihn Vernon genannt.«
»Das könnte Vernon Kolkowski gewesen sein«, sagte Newman. »Als ich in New York war, hat mir ein Captain von der Polizei ein paar Fotos von verschiedenen Verbrechern gezeigt. Darunter
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