Kaltgestellt
Beck vor der Tür. Er setzte sich kerzengerade in den Sessel, den Tweed ihm angeboten hatte, und schlug die Beine übereinander. Er sah so aus, als müßte er erst einmal seine Gedanken ordnen und wüßte nicht so recht, wo er anfangen solle. Tweed ließ sich ihm gegenüber auf der Couch nieder und wartete. »Das war eine schlimme Geschichte vorhin«, fing Beck schließlich an. »Zum Glück ist dabei niemand zu Schaden gekommen, was meiner Ansicht nach an ein Wunder grenzt.«
»Wissen Sie, was mit der Explosion bezweckt werden sollte?«, fragte Tweed. »Man wollte mich und meine Leute auf einen Schlag ausradieren. Und ich möchte bezweifeln, daß Sie und Ihre Leute mit dem Leben davongekommen wären.«
»So viel habe ich mir auch schon zusammengereimt. Ich hatte gerade ein ziemlich heftiges Telefongespräch mit Jake Ronstadt. Ich habe ihn angerufen und ihm gesagt, was passiert ist, und daß ich den Vorfall nach Washington melden würde, zusammen mit der Information, daß fünf seiner Begleiter, die alle Waffen bei sich trugen, in Basel umgebracht worden sind.«
»Wie hat er denn reagiert?«
»Genau so, wie ich es mir gedacht hatte. Er ist aufgebraust und hat behauptet, das alles habe nicht das Geringste mit ihm zu tun. Bei der Gelegenheit hat er noch einmal auf seinen Diplomatenstatus hingewiesen. Ich habe ihn unterbrochen und gesagt, daß ich ihn im Polizeipräsidium sprechen wolle – und zwar nach meinem Telefonat mit Washington. Daraufhin ist er erst richtig in die Luft gegangen.«
»Was hat er gesagt?«
»Er hat ins Telefon geschrieen, daß er es satt habe, ständig von der Schweizer Polizei belästigt zu werden. Außerdem habe er vor, in den nächsten Tagen zusammen mit seinen Leuten das Land zu verlassen und nicht mehr wiederzukommen. Und dann hat er den Hörer auf die Gabel geknallt.«
»Damit haben Sie ja erreicht, was Sie wollten«, sagte Tweed mit einem reumütigen Lächeln. »Das verstehe ich nicht.«
»Doch, Sie verstehen mich nur zu gut, Arthur. Ihr Telefonanruf hatte doch nur den Zweck, Ronstadt und seine Männer außer Landes zu treiben. Das haben Sie geschafft.«
»Ich muss zugeben, daß ich von dem Terror, den diese Amerikaner hier verbreiten, die Schnauze gestrichen voll habe.«
»Und darüber hinaus sind Sie heilfroh, wenn Sie auch von uns nichts mehr sehen«, fügte Tweed mit ruhiger Stimme an. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Natürlich nicht. Dazu sind Sie viel zu taktvoll. Aber Sie wissen auch, daß wenn Ronstadt und Co. von hier verschwinden und möglicherweise nach Deutschland gehen, wir ihnen folgen werden.«
»Meine Aufgabe ist es, die Sicherheit der schweizerischen Bevölkerung zu gewährleisten«, sagte Beck. »Zum Glück ist bis jetzt keiner unserer Bürger zu Schaden gekommen. Aber wenn es so weitergeht wie bisher, ist es nur eine Frage der Zeit, bis es dazu kommt.«
»Ich finde, Sie haben völlig Recht. Übrigens glaube ich, daß sich Ronstadt ziemlich bald aus dem Staub machen wird, vielleicht sogar schon morgen.«
»Ich lasse meine Beamten immer noch den Grenzübergang an der A 5 überwachen. Sollten Ronstadt und seine Bande dort auftauchen, werde ich sie, wie besprochen, wegen Verdachts auf Drogenschmuggel festhalten lassen. Das wird Ihnen genügend Zeit geben, sich ihnen an die Fersen zu heften.«
»Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Sie waren mir in all den Jahren immer ein loyaler Verbündeter.«
»Nun, das beruht ja auf Gegenseitigkeit. Aber jetzt muss ich gehen. Sie können schließlich allein auf sich aufpassen. Behalten Sie übrigens das Handy, das ich Ihnen gegeben habe. Ich weiß zwar, daß Sie nicht viel von diesen Dingern halten, aber damit können Sie mich jederzeit erreichen, wo immer Sie sich auch befinden. Tja, ich persönlich halte diesen Ronstadt für einen hinterhältigen Burschen. Es kann gut sein, daß er mitten schon in der Nacht von hier verschwindet.«
Nachdem Beck gegangen war, rief Tweed die anderen an und bat sie zu sich aufs Zimmer. Paula erschien als Erste, fast unmittelbar gefolgt von Newman, Marler, Butler und Nield. Tweed hatte drei Kannen Kaffee und Tassen für sieben Personen bestellt und danach Keith Kent angerufen, um ihn ebenfalls herzubitten. Tweed stand am Fenster und blickte, während er die Hände auf dem Rücken verschränkt hatte, hinaus in die Nacht. Diese Haltung kannte Paula gut. Tweed nahm sie immer ein, wenn er in der Park Crescent an einem Problem herumknabberte.
»Wie wäre es mit Kaffee?«, fragte sie die anderen.
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