Kaltgestellt
Rezeption. Ich muss das Mädchen dort etwas fragen.«
»Und ich packe weiter meine Sachen.«
»Machen Sie schnell. Und dann sorgen Sie dafür, daß wir Autos mit Winterreifen bekommen. Wenn es im Schwarzwald wirklich so heftig schneit, wie Beck sagt, dann werden wir sie dringend brauchen.«
»Ich rufe Marler an und sage ihm, daß er sich darum kümmern soll. Er wird jetzt zwar keine Autovermietung mehr erreichen, aber morgen früh kann er alles in die Wege leiten. Wir können bloß hoffen, daß Ronstadt und Co. nicht schon in der Nacht abhauen. Wann ist eigentlich das Essen mit Sharon?«
»Um acht Uhr unten im großen Restaurant. Und vergessen Sie nicht, sich für Sharon in Schale zu werfen.«
Anstatt den Lift zu benützen, ging Tweed über die breite Treppe nach unten. Die Hotelhalle war leer, niemand saß an den Tischen mit Blick auf den Rhein. Er ging auf die Rezeption zu und lächelte die junge Frau dort an. »Vermutlich haben Sie schon von dem Unglück gehört, das sich heute Abend auf dem Rhein ereignet hat.«
»Natürlich. Die ganze Stadt spricht darüber. Ein Schiff ist explodiert, aber glücklicherweise wurde niemand verletzt.«
»Das stimmt. Angeblich soll eine Gasflasche an Bord explodiert sein.«
»Ach, das war die Unglücksursache«, sagte die junge Frau. Tweed vermutete, daß sie die Information sofort weitererzählen und so dafür sorgen würde, daß die Spekulationen nicht allzu wild ins Kraut schossen.
»Hier von der Hotellobby aus hätte man den Kahn eigentlich vorbeifahren sehen müssen«, sagte er. »Zwei Gäste haben das auch. Eine davon war Mrs. Mandeville. Sie hat allein an einem Ecktisch gesessen, als der Kahn vorbeikam. Und dann war da noch Mr. Osborne, der auf einem Stuhl drüben beim Restaurant Platz genommen hatte.
Beide hatten Ferngläser dabei. Die Explosion hat man aber auch mit bloßem Auge gesehen. Das muss aber eine große Gasflasche gewesen sein.« Sie hielt inne und blickte an Tweed vorbei in die Halle.
»Hi, Tweed«, tönte eine sehr amerikanisch klingende Stimme von hinten.
»Ich habe Sie schon überall gesucht.« Eine kräftige Hand legte sich auf Tweeds Schulter.
»Wird Zeit, daß wir beide zusammen einen zur Brust nehmen. Vielleicht auch mehr als einen. Die Tische am Fenster sind alle frei.«
»Ich habe leider nur wenig Zeit«, versuchte Tweed sich herauszureden.
»Ach, für einen kleinen Drink ist immer Zeit.« Osborne geleitete Tweed zu dem Tisch in der Nähe des Restaurants, an dem er nach Aussage der Frau am Empfang schon zuvor gesessen hatte.
»Schicken Sie uns einen Kellner«, rief er der Rezeptionistin zu.
»Und zwar tut sweet, wie die Franzosen sagen.«
»Die sprechen hier alle sehr gut Englisch«, bemerkte Tweed, während er sich setzte.
»Aber das hindert mich nicht, meine Fremdsprachen ein wenig zu üben. Als ich einmal in Rom war, da.«
»Ich hätte gern ein Glas trockenen französischen Weißwein«, sagte Tweed zu dem Kellner, der sofort an den Tisch gekommen war.
»Die haben hier keinen Bourbon«, sagte Osborne zu Tweed. »Weiß der Himmel, weshalb. Dann muss ich wohl wieder einen doppelten Scotch on the rocks nehmen.«
»Haben Sie mitbekommen, daß auf dem Fluß ein Lastkahn explodiert ist?«, fragte Tweed.
»Na klar doch. Ist aber niemand dabei hopsgegangen, soviel ich gehört habe.«
»Ed, weshalb sind Sie eigentlich in Basel?«
»Ed. Das gefällt mir schon besser. Sehr viel besser sogar. Warum ich in dieser komischen Stadt bin? Die Botschaft hat mich hergeschickt, damit ich mir eine Schweizer PR-Agentur einmal näher ansehe. Ich soll mich vergewissern, daß die Kerle ihr Handwerk auch wirklich beherrschen. Ich schätze, das tun sie. Vielleicht werben wir ihnen ihre Top-Leute ab und schicken sie nach New York. Ah, da kommen unsere Drinks. Auf Ihr Wohl, Tweed.«
»Auf das Ihre, Ed.«
»Jetzt, wo meine Arbeit hier beendet ist, werde ich wohl bald weiterziehen. Nach Freiburg. Das ist am Fuße des Schwarzwalds. Ich habe mir sagen lassen, daß es dort ein nettes Hotel mit Namen Schwarzwälder Hof gibt. Da will ich hin.«
»Wissen Sie schon, wann Sie fahren?«
»Nein, ich überlege noch.« Er hielt inne. »Aber wahrscheinlich in den nächsten Tagen.«
Osborne rutschte auf dem Stuhl herum, der unter seinem Gewicht stöhnte und ächzte. Er trug ein cremefarbenes Jackett mit orangefarbenen Streifen, blaßgelbe Hosen und ein weißes Hemd mit einer auffällig gemusterten Krawatte. Das ganze Outfit kam Tweed grell und schreiend vor und
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