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Kaltgestellt

Kaltgestellt

Titel: Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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erinnerte ihn daran, wie er vor etlichen Jahren einmal in Kalifornien gewesen war und viele ähnlich gekleidete Leute gesehen hatte. »Wieso sind Sie ausgerechnet hier im Hotel Drei Könige abgestiegen?«, fragte Tweed.
    »In der Botschaft in London habe ich gehört, daß Sharon nach Basel fliegt«, antwortete Osborne und senkte die Stimme. »Ich habe sie gefragt, wo sie denn wohnen werde, und sie hat mir etwas widerwillig den Namen dieses Hotels genannt. Also habe ich auch ein Zimmer hier gebucht. Ich dachte, wir könnten uns Gesellschaft leisten. Aber da sehen Sie mal, wie naiv ich bin. Seit ich hier bin, habe ich Sharon so gut wie nie zu Gesicht gekriegt. So ist das Leben.«
    »Dürfte ich Sie fragen, was genau Sie in Europa machen?« Die beiden sprachen sehr leise. Osborne nahm ein Etui mit Zigarren aus der Tasche und bot Tweed eine an, der aber ablehnte. Nachdem der Amerikaner umständlich das Ende seiner Zigarre abgeschnitten hatte, steckte er sie sich in den Mund und zündete sie an, indem er ein brennendes Streichholz mit kreisenden Bewegungen an ihre Spitze hielt. »Ich baue eine Propagandagruppe auf«, sagte er schließlich und blies eine bläuliche Rauchwolke in die Luft. »Ein Team von PR-Spezialisten und Meinungsmanipulatoren, das den Leuten eine gehörige Gehirnwäsche verpaßt, damit sie auch ja das tun, was wir wollen. Klingt wie aus dem Lehrbuch des Dr. Goebbels, finden Sie nicht?«
    »Und dieses Team ist für die amerikanische Regierung tätig?«
    »Für wen denn sonst?« Osborne sah Tweed mit einem trockenen Lächeln an.
    »War es nicht Abraham Lincoln, der einmal gesagt hat: ›Man kann nicht alle Leute allezeit zum Narren halten‹ oder so ähnlich?«
    »Stimmt.«
    »Gefällt Ihnen Ihr Job eigentlich?«
    »Klar«, sagte Osborne. »Es ist eine Arbeit wie jede andere auch. Solange ich nichts Besseres gefunden habe, mache ich das.«
    »Danke für den Drink«, sagte Tweed und stand auf. »Ich muss mich jetzt entschuldigen.«
    »Den nächsten können wir ja heute Abend trinken«, rief Osborne ihm nach. Von seinem Platz aus, der ihm einen Überblick über die ganze Hotelhalle gewährte, hatte Tweed gesehen, wie Denise Chatel aus dem Lift gestiegen und ins Schreibzimmer gegangen war. Im selben Augenblick hatte Paula, von der Treppe her kommend, die Hotelhalle betreten. Tweed ging hinüber zur Tür des Schreibzimmers und öffnete sie. Denise wirbelte auf ihrem Stuhl vor einem der Schreibtische herum. Als Tweed die Tür hinter sich schloß, sah Denise ihn erschrocken an. Tweed fragte sich, ob der Psychiater, der sie als hypernervös bezeichnet hatte, am Ende vielleicht doch nicht falsch gelegen hatte.
    »Wenn ich Sie störe, dann gehe ich wieder«, sagte er. »Nein, nein. Bleiben Sie doch. Bitte, setzen Sie sich«, sagte sie förmlich. Denise machte einen angespannten Eindruck und hatte einen gehetzten Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht. Tweed ließ sich in den Stuhl neben dem ihren nieder und lächelte sie an. »Na, wie geht es Ihnen?«, fragte er. »Diese Akte vor Ihnen hat hoffentlich nichts mit Ihrer Arbeit zu tun.«
    »Doch, das hat sie. Ich habe vor dem Essen noch eine Menge zu erledigen«, erwiderte sie hastig. »Manchmal habe ich den Eindruck, daß Sharon sich Arbeit für mich ausdenkt, bloß damit ich beschäftigt bin. Aber erzählen Sie ihr das bitte nicht.«
    »Natürlich nicht. Warum sagen Sie ihr nicht einfach, daß Sie müde sind und eine Pause brauchen?«
    »Sharon hält nichts von Pausen. Selbst wenn sie eine Verabredung hat, nimmt sie sich noch ein paar Akten mit in den Wagen, um sie während der Fahrt durchzusehen. Deshalb hat sie auch immer einen Chauffeur. Sie ist eine Karrierefrau wie aus dem Bilderbuch. Manchmal bewundere ich ihre Energie. Die Frau kommt mit einem Minimum an Schlaf aus.«
    »Haben Sie heute Nachmittag mit jemand anders außer ihr gesprochen? Nur so zur Abwechslung, meine ich.«
    »Ich habe ein paar Worte mit Angestellten des Hotels gewechselt, darunter auch mit dem Manager vom Dienst. Die Leute sind alle sehr nett hier. Ich glaube, sie haben mitbekommen, daß ich viel allein bin.«
    »Haben Sie heute schon mal Marler gesehen?«
    »Nur kurz. Ich bin ihm vorhin auf dem Gang begegnet.«
    »So, und jetzt halte ich Sie nicht mehr länger von Ihrer Arbeit ab«, sagte Tweed mit einem Lächeln und stand auf. »Wenn ich fertig werden will, muss ich mich wirklich ranhalten.«
    »Überanstrengen Sie sich nicht. Ich werde Sie jetzt allein lassen.« Als er über die Treppe

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