Kaltgestellt
draußen im Gang Sharon in die Arme gelaufen«, sagte Paula, während sie sich auf der Armlehne der Couch niederließ.
»Sie hat mich ebenfalls zu dem Abendessen eingeladen, und ich habe zugesagt.«
»Das freut mich. Dann sind wir also zu viert. Wissen Sie was? Bis auf Sharons Anruf vor einer Weile hat dieses Telefon nicht ein einziges Mal geklingelt. Es ist schön, zur Abwechslung mal ein wenig Ruhe zu haben.«
»Ich werde jetzt auf mein Zimmer gehen und mich herrichten. Sich mit Sharon zu messen ist kein leichtes Unterfangen.«
»Ach, ich weiß nicht. Sie sehen doch immer ganz wunderbar aus, Paula.«
»Danke für das Kompliment.« Sie beugte sich zu Tweed hinunter, gab ihm einen zarten Kuß auf die Wange und verließ das Zimmer. Obwohl sie nach dem Abenteuer auf dem Rhein ein Bad genommen hatte, beschloß Paula, noch einmal unter die Dusche zu hüpfen. Auf dem Weg zum Badezimmer blieb sie vor dem großen Spiegel an der Wand stehen und betrachtete ihr dunkles, glänzendes Haar, ihre großen, blaugrauen Augen unter den dichten Brauen, ihr gut geschnittenes Gesicht und ihren zarten Teint.
»Ich bin eine Brünette und Sharon eine Blondine«, sagte sie laut. »Was hat die Frau nur an sich, das sie so umwerfend macht? Ich werde sie beim Essen genau beobachten. Aber was rede ich da? Ich klinge ja schon wie eine alte, neidische Hexe.« Paula hörte ein Klopfen an der Tür und machte auf. Draußen stand Newman, den sie mit einem Lächeln in ihr Zimmer bat. Auch er trug seinen besten Anzug und eine nagelneue Krawatte von Valentine, die sie noch nie an ihm gesehen hatte. Wie brachte es Sharon nur fertig, so unterschiedliche Männer in ihren Bann zu ziehen? »Ich wollte bloß kurz vorbeikommen, um Ihnen zu sagen, daß Sharon mich und Tweed zum Essen ins Hotelrestaurant eingeladen hat.«
»Ich weiß. Sie wollte, daß ich auch komme. Ich habe zugesagt.«
»Das ist ja echt toll. Ich hatte schon Angst, Sie würden sich ausgeschlossen fühlen, wenn Sie uns mit Sharon gesehen hätten.«
»Das ist nett von Ihnen, Bob. Jetzt brauchen Sie keine Angst mehr zu haben.«
»Sie wollen sich jetzt wahrscheinlich umziehen. Ich werde Sie also nicht länger aufhalten.«
»Ist schon in Ordnung. Ich will nur noch schnell unter die Dusche.«
»Bin schon weg.«
»Bob, noch eine Frage, bevor Sie gehen. Ist Ihnen eigentlich auch schon aufgefallen, daß Tweed oft weiß, was in den Köpfen unserer Gegner vor sich geht? Er nennt das seinen sechsten Sinn.«
»Stimmt, das habe ich auch schon bemerkt.«
»Nun, ich glaube nicht an einen sechsten Sinn. Ich glaube, er hat einen Agenten im gegnerischen Lager.« Nachdem Newman Paulas Zimmer verlassen hatte, ging er nach unten. Dabei tat er etwas, das völlig untypisch für ihn war: Er blieb kurz vor einem Spiegel im Gang stehen und musterte seine Erscheinung. Windermeres Valentino-Krawatte hatte ihn darauf gebracht, seinen eigenen erst kürzlich gekauften Schlips aus dem Koffer zu kramen. Zufrieden mit seinem Aussehen ging Newman die Treppe hinunter und betrat die Halle, wo ihn Rupert Strangeways entdeckte, der allein an einem Tisch mit Ausblick über den Fluß saß. Newman wünschte, er wäre auf sein Zimmer gegangen. »He, Newman, kommen Sie doch her und trinken Sie was mit mir. Ich komme mir hier schon richtig einsam vor.«
»Was führt Sie nach Basel?«, fragte Newman, der überprüfen wollte, ob die Geschichten von Vater und Sohn übereinstimmten. Anstatt zu antworten, winkte Rupert den Kellner herbei.
»Alles hübsch der Reihe nach. Was wollen Sie trinken?«
»Einen doppelten Scotch ohne Eis, bitte.« Den werde ich auch brauchen, wenn ich mit Rupert rede, dachte Newman bei sich. Rupert trug einen teuren dunklen Smoking, schwarze Hosen mit messerscharfen Bügelfalten und ein frisch gestärktes Hemd mit einer gepunkteten Fliege. Er sah nicht gerade wie jemand aus, der bis über beide Ohren in Schulden steckte. Newman waren Männer, die Fliegen trugen, immer ein wenig suspekt.
»Und ich nehme einen sehr trockenen Martini. Geschüttelt, nicht gerührt. Ich war schon immer ein Fan von James Bond«, fügte Rupert mit einem schiefen Lächeln an, nachdem der Kellner gegangen war. »Ein trauriger Scherz, ich weiß. Vielleicht werden meine Einfälle nach ein paar Drinks etwas spritziger.«
»Ich glaube, ich habe Sie gefragt, was Sie nach Basel führt.«
»Das haben Sie in der Tat, Newman. Über was für ein ausgezeichnetes Gedächtnis Sie doch verfügen.« Rupert grinste. »Das war jetzt nicht
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