Kaltgestellt
aller Frühe werden Vernon und Brad alle unsere Leihwagen zurückgeben und statt dessen welche mit Winterreifen holen. Drüben im Schwarzwald hat es heftige Schneefälle gegeben. Morgen Nacht möchte ich von hier verschwinden, und wenn ich ›Nacht‹ sage, dann meine ich mitten in der Nacht. In der Basis wartet eine große Lieferung darauf, auf schnellstem Weg nach England gebracht zu werden.« Zum ersten Mal seit Beginn des Treffens huschte ihm ein Lächeln über das Gesicht. »Habt Ihr noch Fragen?« Keiner sagte etwas, denn niemand wagte nach dem, was mit Vernon passiert war, den Mund aufzumachen. Ronstadt seufzte und fing an, sein Kartenspiel zu mischen. »Irgendeine von euch Intelligenzbestien hätte vielleicht fragen können ›Und was ist mit den Waffen?‹«
»Und was ist mit den Waffen?«, fragte Vernon gehorsam. »So ist’s recht, Vernon«, sagte Ronstadt und packte Vernon freundschaftlich an der Schulter. »Anscheinend ist bei dir doch noch nicht Hopfen und Malz verloren. Morgen früh werfen wir unsere Waffen und den übrig gebliebenen Sprengstoff in den Rhein. Die Typen von der Schweizer Zollkontrolle am Grenzübergang sind verdammt scharfe Hunde. Wenn wir erst drüben in Deutschland sind, treffen wir uns mit einem Wagen von unserer Basis, der uns mit neuen Waffen versorgt. Und daß mir heute Nacht keiner von euch ins Bett geht! Ich werde später noch ein weiteres Treffen einberufen, nachdem ich mit Charlie gesprochen und das Okay für unsere Abreise habe.«
Als Paula sich für das Abendessen zurechtgemacht hatte, setzte sie sich in einen Sessel und dachte an Denise Chatel. Irgendwie kam die Frau ihr sehr einsam vor. Vielleicht verletzte es sie, daß sie nicht auch zu dem Abendessen eingeladen war. Paula ging zum Telefon und rief bei der Rezeption an.
»Könnten Sie mich bitte mit dem Zimmer von Denise Chatel verbinden?«
»Das ist leider nicht möglich. Miss Chatel ist abgereist.«
»Was soll das heißen?«
»Sie hat mich vor etwa einer Dreiviertelstunde gebeten, ihren Wagen vorfahren zu lassen. Dann hat sie ihre Rechnung bezahlt und ist abgefahren.«
»Hat sie eine Adresse hinterlassen?«
»Nein.«
»Vielen Dank.« Paula eilte zu Tweeds Zimmer. Tweed ließ sie herein. Paula sagte nichts, bis sie auf der Couch saß. Sie war wie vor den Kopf gestoßen. Normalerweise kapierte sie ziemlich schnell, was vor sich ging, aber jetzt rasten ihr die Gedanken wie ein Mahlstrom im Kopf herum. »Ich habe gerade erfahren, daß Denise Chatel abgereist ist«, sagte sie.
»Wann?«, stieß Tweed hervor.
»Vor mehr als einer Dreiviertelstunde. Sie hat sich ihren Wagen an den Eingang bringen lassen und ist dann weggefahren.«
»Wissen Sie, wohin?«
»Keine Ahnung. Sie hat auch keine Adresse hinterlassen. Was geht hier nur vor, Tweed?«
»Trinken Sie eine Tasse Kaffee.«
»Nein, ich mag jetzt keinen. Mir steht der Kaffee bis hier. Und ich finde, daß Sie viel zu viel von dem Zeug trinken. Zu viel Koffein macht einen nervös.«
Tweed setzte sich ihr gegenüber in einen Sessel und sah sie an, während er sich selbst eine Tasse Kaffee eingoß. Er nahm einen Schluck und lehnte sich zurück. »Tut mir leid«, sagte Paula. »Dieser Ausbruch war sehr unhöflich von mir. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
»Vielleicht war es der viele Kaffee«, erwiderte Tweed lächelnd und stellte seine Tasse zurück auf den Tisch. »Newman und Marler können jeden Augenblick hier sein. Ich muss mich kurz mit Ihnen dreien unterhalten, bevor wir hinunter zum Essen gehen. Es wundert mich übrigens nicht, daß Sie verwirrt sind, Paula. Das war ich auch, bis mir klar wurde, daß einige Leute eine ganz bewußte Vernebelungstaktik verfolgen. Man kann auch sagen, daß sie sich mit Worten tarnen. Sie versuchen, vor mir zu verbergen, was wirklich gespielt wird.«
»Danke. Jetzt geht es mir schon wieder besser. Ich dachte schon, es läge an mir.« Gerade als sie ausgesprochen hatte, kamen Newman und Marler herein. Marler lehnte sich an die Wand und zündete sich eine Zigarette an. »Marler, wissen Sie schon, daß Denise Chatel vor einer knappen Stunde abgereist ist?«, sagte Paula. »Sie ist ganz allein mit ihrem Wagen weggefahren.«
»Wie bitte?« Bei Marler konnte man selten von seinem Gesichtsausdruck auf seine Gemütsverfassung schließen, aber jetzt drückte seine Miene Verblüffung und Ratlosigkeit aus. »Sie hat keine neue Adresse hinterlassen, so daß wir nicht sagen können, wo sie hingefahren ist oder warum sie sich
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