Kaltgestellt
die Gegend ebener geworden war, hatte Tweed Newman auf der Straße neben dem See anhalten und das Licht ausschalten lassen. Nachdem Tweed sich versichert hatte, daß die beiden Autos durch einen kleinen Fichtenwald gut vor Sicht geschützt waren, war er zusammen mit den anderen ausgestiegen. Alle sieben standen sie jetzt hinter einer halbhohen Mauer direkt am See und spähten hinüber zu der Basis der Amerikaner, die sich am gegenüberliegenden Ufer befand. Es handelte sich um ein großes, zweistöckiges Gebäude auf dem Kamm eines unmittelbar am See gelegenen Hügels. Durch ihr Fernglas sah Paula, daß es sich um ein Holzhaus mit spitzen Dachgiebeln handelte, welches ihr wie eine Mischung aus Bauernhof und Villa vorkam. Von ihrem vorherigen Aussichtspunkt war es hinter dem Fichtenwald, der fast bis zum Kamm des Hügels hinaufreichte, nicht zu sehen gewesen.
»Tweed, könnte ich mal das Fernglas haben?«, drängte Newman. Tweed hielt ihm den Feldstecher hin, den er sich von Marler ausgeliehen hatte. »Nehmen Sie meines«, sagte Paula.
Newman hob das Glas ans Gesicht und stellte es scharf. Aber er blickte nicht hinüber zu dem Haus, sondern auf die Rücklichter, die soeben die Spitze des Sees umrundeten. Es waren die drei schwarzen Audis der Amerikaner. »Sie fahren auf einem breiten Weg direkt am Seeufer«, sagte Newman, ohne das Glas von den Augen zu nehmen. »Den werden auch wir nehmen, wenn sie erst einmal im Haus sind. Diesen Weg kann ich auch ohne Licht fahren.«
»Zum Glück heben sich unsere weißen Autos kaum vom Schnee ab«, sagte Tweed. »Kann sein, daß die Amerikaner uns nicht bemerken.«
»Ist das der Grund, weshalb ich beim Verleih auf weißen Wagen bestehen sollte?«, fragte Marler. »Ja. Ich hatte im Wetterbericht gehört, daß es im Schwarzwald schneien würde, und mir gedacht, weiße Autos könnten sich als nützlich erweisen.«
»Keine Frage«, sagte Newman, der noch immer durch das Fernglas schaute. »Aber hoffentlich bleibt der Mond so, wie er jetzt ist. Nicht zu hell, aber hell genug, daß man noch ein bißchen vom Weg sehen kann. Moment – sie biegen vom See ab. Jetzt sieht man die Wagen kaum mehr, was wohl bedeutet, daß der Weg durch eine Senke führt.«
»Auch die könnte uns möglicherweise nützlich sein«, bemerkte Marler.
Paula umklammerte sich mit den Armen. Die eisige Kälte fing langsam an, ihre dicke Kleidung zu durchdringen. »Dieses Haus erinnert mich irgendwie an den Film Psycho«, sagte sie. »Besonders die Treppe mit dem Geländer, die hinauf zur Eingangstür führt. Nur die Rampe rechts vom Haus paßt nicht dazu.«
»Die kommt mir auch irgendwie seltsam vor«, sagte Newman.
»Da muss ich Ihnen Recht geben«, pflichtete Tweed ihm bei. »Sie ist groß genug für zwei Autos. Oder für einen Lastwagen.«
»Wozu würden die denn einen Lastwagen brauchen?«, fragte Kent.
»Um das zu transportieren, was sie in dem Haus herstellen«, sagte Tweed, der immer noch durch sein Fernglas blickte. »Wenn es das ist, was ich glaube, dann ist es für England viel gefährlicher als alle Bomben, die bisher gelegt wurden. Das Nebengebäude an der Rampe scheint eine große Garage mit einem modernen Tor zu sein, das irgendwie nicht zu dem Rest des Hauses passen will.« Der Mond kam wieder hinter den Wolken hervor, und Paula betrachtete die Seeufer. »Ich sehe hier eine ganze Menge schöne Strande«, sagte sie, »aber kein einziges Ferienhaus.«
»Die Touristen fahren alle zum Titisee«, erklärte Tweed. »Ronstadt und sein Konvoi sind jetzt übrigens fast am Haus angelangt.«
»Kurz vor dem Haus teilt sich die Straße in drei verschiedene Wege«, sagte Newman. »Einer führt zur Treppe, der andere an die Rampe und der dritte verschwindet irgendwo hinter dem Haus. Auf dem fahren die Audis gerade. Sollten wir nicht auch wieder los?«
»Nein, warten wir noch eine Weile. Ich möchte sie erst mal richtig ankommen lassen.«
»In dem Haus brennt kein Licht«, bemerkte Paula. »Doch, aber man sieht es kaum, weil es ganz unten ist. Vermutlich im Souterrain. Außerdem sind die Vorhänge vorgezogen.«
»Meinen Sie etwa, daß schon jemand in dem Haus ist?«, fragte Paula.
»Davon bin ich überzeugt. Und zwar im Keller. Möglicherweise befindet sich dort auch das, was wir zerstören müssen.«
»Und was soll das sein?«
»Ein Vermögen, möglicherweise«, antwortete Tweed mit einem Lächeln. »Mal schauen, ob ich Recht habe.« Der Mond tat genau das, was Newman von ihm verlangt hatte. Er
Weitere Kostenlose Bücher