Kaltgestellt
die Hintertür zuging, gesellten sich Leo Madison, Chuck Venacki und Vernon Kolkowski zu ihm, die mit in seinem Wagen gesessen hatten. »Mach dich auf was gefaßt, Mondgesicht«, sagte Ronstadt zu Leo. »So einen Typen wie Bernhard Yorcke hast du noch nie getroffen.«
»Das möchte ich bezweifeln, Boss«, sagte Madison in einem geringschätzigen Ton. »Ich habe es schon mit einer Menge schräger Vögel zu tun gehabt.«
»Halt dein blödes Maul! Ich bin noch nicht fertig. Yorcke ist eins sechzig groß und hat einen Buckel, aber er ist stark wie ein Ochse. Wenn man ihm blöd kommt, kann er sehr unangenehm werden. Also lobt ihn für seine Arbeit, und sagt ihm, wie toll er ist.«
»Wird gemacht, Boss.«
Ronstadt drückte zuerst dreimal, dann zweimal und schließlich wieder dreimal hintereinander auf den Klingelknopf. Dann warteten sie. Madison trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und stellte sich hinter Ronstadt. Soweit es ihn selbst betraf, legte der Boss viel Wert auf Umgangsformen. Das bedeutete unter anderem, daß niemand vor ihm durch eine Tür gehen durfte.
»Wo bleibt der Kerl denn?«, maulte Madison. »Sollen wir hier draußen erfrieren oder was?«
Er hatte den Satz noch nicht richtig zu Ende gesprochen, da ging die Tür auf und eine seltsame Gestalt stand vor ihnen. Madison schnaufte hörbar ein. Noch nie hatte er einen häßlicheren, fieser aussehenden Mann getroffen als Bernhard Yorcke. Yorcke hatte eine hohe Stirn, eine Hakennase und fettiges, glatt herabhängendes schwarzes Haar. Aus dunkelbraunen, fast schwarzen Augen starrte er die vier Männer böse an, während er den schmallippigen Mund zu einem höhnischen Lächeln verzog, das Madison als ausgesprochen unangenehm empfand. Yorckes langes, glatt rasiertes Gesicht lief unten in ein spitzes Kinn aus, das ihn noch gnomenhafter aussehen ließ. Die Fingerkuppen waren schwarz und würden es auch immer bleiben, denn Yorcke hatte täglich mit Druckerschwärze zu tun.
»Wo waren Sie so lange?«, fragte er mit einem pampigen Unterton in der Stimme.
»Tut uns Leid«, erwiderte Ronstadt lächelnd. »Aber bei Schnee und Eis kommt man nun mal nicht schneller voran.«
»Kommt drauf an, wie gut man fahren kann«, murmelte Yorcke. »Jetzt kommen Sie schon herein. Zu essen habe ich aber nichts. Wo kämen wir da hin, wenn ich meine wertvolle Zeit damit vergeuden würde, für irgendwelche obskuren Besucher etwas einzukaufen.« Yorcke sprach behäbiges, aber gutes Englisch, wobei er fast jede Silbe einzeln betonte. Er hatte eine Fistelstimme, die viel zu seiner unangenehmen Ausstrahlung beitrug. Er wartete, bis Ronstadts Männer im Haus waren, dann schloß er mit der linken Hand die Tür. In der rechten hielt er eine schwarze Eisenstange, die an einem Ende spitz zulief, während am anderen Ende im rechten Winkel eine kleinere Stange daran befestigt war. Das ganze Gebilde erinnerte Madison an einen seltsamen Dolch. »Sie fragen sich wohl, was das hier ist«, sagte Yorcke zu ihm. »Es ist ein Spezialwerkzeug meiner Zunft.«
»Bernhard ist der beste Drucker auf der ganzen Welt«, sagte Ronstadt für alle vernehmlich. »Und pünktlich ist er auch. Er hat noch nie einen Termin platzen lassen.«
»Und das werde ich auch jetzt nicht, Ronstadt«, sagte Yorcke. »Die Maschinen laufen noch, aber gleich wird alles fertig sein. Ich habe sogar mehr gedruckt als verabredet. Dafür verlange ich allerdings auch mehr Geld.« Während dieser Worte war er ganz nahe an Ronstadt herangetreten und hatte die seltsame Eisenstange auf Brusthöhe angehoben, als wollte er sie dem Amerikaner in den Leib rammen. Dabei starrte er Ronstadt in die Augen, der das gefährlich anmutende Werkzeug geflissentlich übersah. »Natürlich bekommen Sie etwas extra, Bernhard«, sagte er schnell. »Und zwar richtiges Geld.«
»Das möchte ich doch hoffen«, knurrte Yorcke. »Das Leben kann verdammt kurz sein.«
»Das war doch nur ein Scherz«, sagte Ronstadt.
»Können wir nicht schon mit dem Beladen der Lastwagen anfangen?«
»Einer ist schon abgefertigt. Der Fahrer wartet darauf, abfahren zu dürfen.«
»Dann sagen Sie ihm, daß er das tun soll.« Yorcke griff nach einem altmodischen Telefon, das an der Wand befestigt war, und drehte an einer Kurbel. »Dave, du kannst jetzt losfahren«, sagte er kurz danach.
Aus einer Tasche, die er sich von Marler geliehen hatte, nahm Newman eine Handgranate, zog den Stift heraus und warf sie mit aller Kraft durch die Scheibe eines der erleuchteten
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