Kaltgestellt
zuvor in seinem Notizbuch aufgeschrieben hatte. Während dieser Tätigkeit wurde sein Gesichtsausdruck immer grimmiger. Schließlich klappte er das Buch zu und blickte hinüber zu Tweed.
»Ich habe eine Entscheidung getroffen«, verkündete er.
»Und wie lautet diese?«, fragte Tweed.
»Können Sie mir die Unterlagen, die Sie mir gebracht haben, überlassen?«
»Selbstverständlich.«
»Ich habe in Heathrow ständig eine Gulfstream zu meiner Verfügung, weil ich gern mobil bin. Ich werde damit umgehend nach Washington fliegen. Wenn Sie mich erreichen wollen, können Sie das unter dieser Nummer tun.« Er riß ein Blatt von einem Block ab, kritzelte eine Nummer darauf und reichte es Tweed.
»Ich werde meinen Assistenten sagen, daß Sie jeden Anruf von Ihnen sofort zu mir durchstellen sollen – selbst wenn ich gerade im Weißen Haus sein sollte.«
»Und jetzt zu Sharon Mandeville«, sagte Tweed, als er zusammen mit Newman und Paula im Gang vor Morgensterns Büro standen. »Heute erledigen wir alles in einem Aufwasch.«
»Kommen Sie doch herein«, sagte Sharon. Sie hatte ihnen, wie zuvor Morgenstern, persönlich die Tür geöffnet. »Wie schön, Sie alle wiederzusehen.« Sie gab Tweed ein Küßchen auf die Wange und reichte Paula und Newman die Hand. Dann führte sie ihre Gäste quer durch ihr geräumiges Büro zu einem Schreibtisch, der sogar noch größer als der von Morgenstern war. Paula bemerkte, daß die Einrichtung mindestens ebenso viel Geld gekostet hatte wie die im Büro des Außenministers. Im Gegensatz zu letzterem aber war Sharons Büro hypermodern ausgestattet. Der riesige Schreibtisch bestand aus glänzend poliertem weißem Holz, die Stühle besaßen weiße Lederpolster und auf dem ebenfalls weißen Teppich lagen mehrere Tigerfelle. Das Kaffeeservice, das auf einem Tablett auf dem Schreibtisch stand, hatte ein fast surrealistisch anmutendes Design. So waren die Tassen sechseckig geformt, was es sehr schwierig machen würde, aus ihnen zu trinken, ohne etwas von ihrem Inhalt zu verschütten. Drei Stühle standen bereits vor dem Schreibtisch aufgereiht, hinter dem ein größerer Stuhl mit hoher Lehne stand, der Paula an einen Thron erinnerte. Sharon lächelte Tweed strahlend an. »Setzen Sie sich doch bitte. Wie wäre es mit einer Tasse Kaffee?«
»Für mich nicht«, sagte Tweed, während er Platz nahm. »Für mich auch nicht«, sagte Newman. »Ich muss leider auch passen«, sagte Paula. Sharon trug einen dunkelblauen Hosenanzug, der sie wie eine erfolgreiche Geschäftsfrau aussehen ließ. Als sie sich mit graziösen Bewegungen selbst eine Tasse Kaffee eingoß, fand Newman sie attraktiver denn je.
»Entschuldigen Sie bitte, aber das Zeug ist für mich so etwas wie ein Lebenselixier«, sagte sie, während sie sich auf den Stuhl hinter ihrem Schreibtisch setzte.
»Nun, Tweed, ich glaube, wir können von uns behaupten, daß wir eine große Europatour hinter uns haben.«
»In etwa.«
»Nun kommen Sie schon – weshalb so ernst?« Sie blickt ihn über den Rand der Kaffeetasse an, als wollte sie seine Stimmung ausloten. »Die Welt ist nicht am Untergehen.«
»Ist sie nicht?«
Sharons Fingernägel waren blutrot lackiert – eine Farbe, die Paula verabscheute. Ihre Bluse hatte einen hohen Kragen, der bis ganz oben zugeknöpft war. Tweed hatte seine Brille abgenommen und putzte sie mit einem Taschentuch, bevor er sie wieder aufsetzte.
»Jetzt sehen Sie Sharons Schönheit viel klarer«, scherzte Newman.
»Ich sehe jetzt so manches viel klarer«, erwiderte Tweed. »Und was führt Sie zu mir?«, fragte Sharon mit sanfter Stimme. »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
»Ja. Sie können ein paar Informationen bestätigen, die ich erhalten habe.«
»Sie klingen ja fast wie ein Polizist.«
»Vor langer Zeit war ich das auch einmal.«
»Er war der jüngste Superintendent in der Geschichte von Scotland Yard«, sagte Paula. »Und zwar bei der Mordkommission.«
»Um was für Informationen handelt es sich denn?«, fragte Sharon.
So ruhig und überlegen wie immer lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und sah Tweed aus halb geschlossenen, grün leuchtenden Augen an.
»Ich habe hier ein interessantes Dokument«, sagte Tweed und nahm einen Umschlag aus der Innentasche seines Jacketts.
»Es ist eine Kopie Ihrer Geburtsurkunde.«
»Tatsächlich? Ist das nicht ein ziemlich intimes Dokument?
Darf ich fragen, wie Sie daran gekommen sind?«
»Mit völlig legalen Mitteln. Solche Urkunden sind, wie Sie
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