Kalymnos – Insel deines Schicksals
seine Gesichtszüge plötzlich wieder ganz sanft, als er ihn streichelte. „Du brauchst mich gar nicht so anzusehen", scherzte er. „Ich habe dir gesagt, dass dein neues Frauchen kein Griechisch kann und du deshalb eine neue Sprache lernen musst."
Julie beobachtete ihn, wie er zum Brunnen ging, eine Schüssel mit Wasser füllte und sie dem Hund hinstellte, der sofort gierig zu trinken begann. Als er auf die Veranda zurückkam, begegneten sich ihre Blicke für einen Moment. Er sah sie so arglos und fast liebevoll an, dass Julie sich fragte, warum sie sich so hartnäckig weigerte, wenigstens etwas freundlicher zu ihm zu sein. Aber warum sollte sie? Schließlich war sie doch nicht freiwillig hierher gekommen! Warum, zum Teufel, schämte sie sich dann geradezu?
5. KAPITEL
„Es tut mir Leid, wenn ich grob zu dir war", sagte Doneus unvermittelt.
Julie drehte den Kopf zur Seite, damit Doneus nicht sah, welche Gefühle dieser schlichte Satz in ihr auslöste. Sie schämte sich mehr als zuvor, aber gleichzeitig ärgerte sie sich auch. Einerseits war er richtiggehend besorgt um sie. Andererseits konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er sie nicht ganz ernst nahm. Warum sonst ging er jeglicher Auseinandersetzung mit ihr aus dem Weg?
„Es ist nicht so, dass ich mich mit Ihnen nicht unterhalten will, Doneus", erklärte sie.
„Sobald ich jedoch ein Thema anschneide, das mir am Herzen liegt, wiegeln Sie sofort ab. Der Zustand Ihres Hauses ist beispielsweise ein solches Thema."
„Schlag dir das endlich aus dem Kopf", entgegnete er streng. „Ich werde nicht erlauben, dass du von deinem Geld das Haus renovieren lässt. Du kennst meine Ansicht, dass sich eine Frau mit dem Lebensstandard begnügen sollte, den ihr Mann ihr bieten kann. Du wirst dich mit meinem Häuschen schon noch anfreunden. Wer weiß, vielleicht wird dir das einfache Leben eines Tages sogar fehlen?"
Weil Julie nichts erwiderte, fuhr Doneus fort: „Ich bin sowieso der Meinung, dass man nur dann glücklich und zufrieden sein kann, wenn man die einfachen Dinge zu schätzen weiß. Wofür ist denn die ganze Jagd nach Wohlstand und Materiellem letzten Endes gut?
Für nichts und wieder nichts, wenn du mich fragst. Das Einzige, was wirklich einen Wert hat, sind die Dinge, die man nicht kaufen kann."
Julie sah ihn an, als hätte er in einer fremden Sprache zu ihr gesprochen. Nur ein leises Zittern ihrer Lippen ließ erahnen, welche Gefühle er in ihr geweckt hatte.
„Mein Onkel war fest davon überzeugt, dass Sie mich nur meines Geldes wegen heiraten wollten", gestand sie schließlich.
„Von Edwin Veitrovers habe ich nichts anderes erwartet. Nur sollte er nicht von sich auf andere schließen", erwiderte Doneus bitter. „Nein, Julie, dein Geld interessiert mich nicht. Wenn du in England bist, kannst du es von mir aus mit beiden „Händen ausgeben.
Hier musst du dich mit dem zufrieden geben, was ich dir bieten kann."
„Wollen Sie mir nicht endlich sagen, warum Sie mich unbedingt heiraten wollten?
Dass Geld nicht der Grund war, glaube ich Ihnen, aber es kann doch auch nicht..." Sie unterbrach sich und senkte den Blick - zum einen, weil sie spürte, dass sie unwillkürlich errötete, was Doneus wiederum zu amüsieren schien, zum anderen aber, weil ihr eine Episode wieder einfiel, die sich am Tag ihrer Ankunft abgespielt hatte.
Bevor sie an jenem Tag seine Hütte betreten hatten, war er stehen geblieben und hatte sie ernst angesehen. „Ich werde mein Wort halten und dich nicht anrühren - es sei denn, dass du es dir eines Tages anders überlegst und selbst den Wunsch nach Nähe verspürst.
Gleichzeitig möchte ich dich warnen. Denn wenn es einmal so weit gekommen ist, gibt es kein Zurück - selbst dann nicht, wenn du deinen Schritt bereuen solltest."
Zum ersten und bisher einzigen Mal hatte Julie daraufhin die Beherrschung verloren:
„Ihre Belehrung hätten Sie sich sparen können!" herrschte sie Doneus an, und mit einem Schlag kamen all ihr Stolz und sogar ein gewisser Hochmut zum Vorschein. „Wie können Sie ernsthaft annehmen, dass ich mich je mit Ihnen einlassen würde?"
Sein Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig, und sein süffisantes Lächeln war wie erstarrt. „Täusche ich mich, oder ist dir der gesellschaftliche Rang eines Mannes wirklich wichtiger als das, was du für ihn empfindest?"
Schon wollte ihm Julie eine passende Antwort auf seine Unverschämtheit geben, als seine Berührung sie davon abhielt. Nur ganz leicht
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