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Kalymnos – Insel deines Schicksals

Kalymnos – Insel deines Schicksals

Titel: Kalymnos – Insel deines Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hampson
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nächsten Moment hatte er sich schon wieder unter Kontrolle. Überhaupt wirkte er stets beherrscht und rücksichtsvoll, dabei aber immer selbstbewusst.
    Julie fragte sich insgeheim, ob dieser Mann auch wütend oder gar jähzornig sein konnte und ob sie je seine dunklen Seiten erleben würde - sofern er denn welche hatte.
    „Solange du dich für etwas Besseres hältst, wirst du dich hier nie einleben", sagte er unverblümt, und selbst jetzt klang er keineswegs verbittert. „Wenn du jedoch deinen Dünkel und deinen Hochmut ablegen könntest, kämen wir uns vielleicht ein wenig näher und könnten uns miteinander unterhalten oder gemeinsam Spaziergänge unternehmen."
    Er flüsterte jetzt fast, und erneut wunderte sich Julie über sich selbst. Warum wollte es ihr nicht gelingen, diesen Mann zu hassen? Dabei verhielt sie sich ihm gegenüber so distanziert wie möglich. Nicht genug, dass sie sich standhaft weigerte, ihn zu duzen, obwohl sie verheiratet waren. Selbst eine Unterhaltung wie jetzt war mehr als selten.
    Normalerweise stand Julie sofort auf, wenn Doneus die Veranda betrat, und ging ins Haus oder machte einen Spaziergang - allein. Heute war sie einfach sitzen geblieben, und sie wusste selbst nicht, warum. Irgendetwas hatte dieser Mann an sich, was sie in Bann schlug, ohne dass sie hätte sagen können, was es genau war.
    „Sie scheinen zu vergessen, dass es nicht mein Wunsch war, hierher zu kommen, Doneus."
    „Dann hättest du mich nicht heiraten dürfen, Julie."
    Mit weit geöffneten Augen sah sie ihn an. Aber nicht, weil sie ihm Vorwürfe machte, sondern weil sie plötzlich unendlich traurig wurde. Sie fühlte sich ähnlich wie damals, als sich Doneus mit den Bedingungen, die sie die Hochzeit betreffend gestellt hatte, überraschenderweise einverstanden erklärt hatte. Seinerzeit hatte sie den Schmerz und die Bitterkeit, die sie empfunden hatte, nicht recht verstanden. Erst jetzt wurde sie sich klar über ihre Gefühle. Doneus hatte sie enttäuscht, weil er bei Alastairs Hochzeit erschienen war, um seine Drohung wahr zu machen.
    Dabei hätte Julie die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass er zu einer solchen Niedertracht nicht fähig war. Tief in ihrem Innern hatte sie ihn für einen Ehrenmann gehalten, dem etwas derart Abscheuliches wie Erpressung nie in den Sinn käme. Wie immer er mit zwanzig Jahren auch gewesen und welche Drohungen er seinerzeit auch ausgestoßen haben mochte - Julie war zutiefst davon überzeugt gewesen, dass Doneus sich seither grundlegendgeändert hatte und aus dem Heranwachsenden ein Mann geworden war, dessen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Ehrenhaftigkeit es mit ihren eigenen aufnehmen konnten.
    Wie sie nun am eigenen Leibe leidvoll erfahren musste, war das ein folgenschwerer Irrtum. Gnadenlos hatte Doneus sie für die Fehler eines anderen zur Verantwortung gezogen.
    „Blieb mir denn eine andere Wahl?" Sie machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube.
    Und da er keinerlei Anstalten machte zu antworten, fasste sie sich ein Herz. „Wollen Sie mir nicht endlich sagen, warum Sie mich unbedingt heiraten wollten?" Schließlich musste es doch einen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund geben. Und sie brannte darauf, ihn endlich zu erfahren!
    Wie immer, wenn sie ihn danach fragte, wich Doneus auch diesmal einer ehrlichen Antwort aus. „Lass uns lieber über etwas anderes reden, Julie."
    Das Resultat seiner Weigerung, Rede und Antwort zu stehen, war, dass sie sich anschwiegen. So still wurde es, dass Julie hören konnte, wie sich der Wind in den Zweigen der Orangenbäume verfing, die übervoll mit reifen Früchten waren. Die ersten waren bereits zu Boden gefallen, wo sie langsam, aber sicher verrotteten, weil Doneus keinerlei Anstalten machte, sie aufzusammeln.
    Alles, was sie zum Leben brauchten, brachte er vom Schloss mit, wo er als Gärtner und „Mädchen für alles" arbeitete, wie er sich ausgedrückt hatte. Die Besitzer von Santa Elena - nach seinen Worten wohlhabende Amerikaner - hatten wenige Tage vor Julies Ankunft die Insel verlassen und wollten ein ganzes Jahr in ihrer Heimat Texas bleiben.
    „Ich wüsste nicht, worüber ich mit Ihnen reden sollte", erwiderte sie auf seinen Vorschlag hin.
    „Weil du nicht mit mir reden willst, Julie", stellte Doneus betrübt fest und drehte sich zu Jason um, der in diesem Moment mit wedelndem Schwanz und hängender Zunge auf die Terrasse trottete.
    „Hast du Durst?" begrüßte er den Hund auf Englisch, und auf wundersame Weise waren

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