Kalymnos – Insel deines Schicksals
Mrs. Doneus." Davos riss Julie aus ihren Gedanken. „Ich habe ja nicht einmal genug Geld für eine prika." Vorwurfsvoll sah er auf seine Frau hinunter, die immer noch weinte. „Wie soll ich da drei Töchter ernähren - oder wie viele meine Frau noch zur Welt zu bringen gedenkt?"
Julie hatte alle Mühe, sich zu beherrschen. Am liebsten hätte sie Davos daran erinnert, dass es so was wie Familienplanung gebe. Aber das war ihm bestimmt völlig unbekannt.
Und so würde Maroula Jahr für Jahr ein Kind bekommen, und man konnte ihr nur wünschen, dass irgendwann ein Junge dabei war.
„Sie haben allen Grund, stolz auf Ihre Frau zu sein, Davos", versuchte sie den Vater zu erweichen und nahm der Mutter das Kind aus den Armen. „Sehen Sie doch nur, wie süß die Kleine ist."
Das war sie tatsächlich. Und während Julie das Mädchen lange und intensiv betrachtete, ertappte sie sich bei dem ungeheuerlichen Gedanken, dass Doneus ihr bestimmt verzeihen würde, wenn sie ... schwanger wäre!
Das Ganze hatte nur einen Haken: Sie war es nicht. Und wenn Doneus weiterhin nichts von ihr wissen wollte, bestand auch nicht die leiseste Hoffnung, dass sich daran etwas ändern würde.
Plötzlich spürte sie, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Wie schön es sein müsste, ein eigenes Kind in Armen zu halten, es zu wiegen und zu liebkosen. Doch wie es aussah, würde ihr dieses Gefühl für immer verwehrt bleiben.
Betrübt machte sie sich auf den Heimweg. Aber bis zum Abend hatte sie sich wieder gefangen, und als sie mit Doneus beim Essen saß, berichtete sie ihm, wie sehr Davos über ihre Bemerkung in Rage geraten war.
„Hast du ihm wirklich gesagt, dass die männlichen Gene ausschlaggebend für das Geschlecht eines Kindes seien?" Doneus schien sich köstlich zu amüsieren. „Kein Wunder, dass er beleidigt reagiert hat. Jedes Kind weiß doch, dass an allem die Frauen schuld sind."
Um ein Haar wäre Julie ihm auf den Leim gegangen, aber in letzter Sekunde merkte sie, dass Doneus sie nur aufzog. „Wenn es nach euch Männern ginge, würden wahrscheinlich überhaupt keine Mädchen mehr geboren. Und was dann? Habt ihr euch das auch schon mal überlegt?"
Doneus lachte erneut laut und herzhaft. „Das würde allerdings in der Tat gewisse Probleme aufwerfen - mittelfristig zumindest."
„Ich verstehe wirklich nicht, was daran lustig sein soll, wenn die Väter ihr Kind nicht einmal ansehen, nur weil es ein Mädchen ist", appellierte sie an Doneus' Vernunft. „Und als wäre das nicht schlimm genug, beschimpfen sie auch noch ihre Frauen! Leben wir denn im Mittelalter?"
„Ich würde mir ja auch wünschen, dass wir in diesen Dingen etwas weiter wären", musste Doneus zugeben, „aber Sitten und Gebräuche lassen sich nun mal nicht per Gesetz ändern. Das braucht seine Zeit, erst recht auf einer kleinen Insel wie Kalymnos, wo alles noch langsamer geht."
Nachdenklich betrachtete er Julie. Warum nahm sie sich das bloß so zu Herzen?
„Übrigens habe ich heute Kyrias Mann Adonys getroffen. Er hat mich gefragt, ob ich nicht Pate des kleinen Yannis werden möchte."
„Wirklich?" Julie schien richtig begeistert, denn auf einmal konnte sie wieder lächeln.
„Und was hast du geantwortet?"
„Dass es mir eine Ehre und ein Vergnügen sei."
„Bin ich auch zur Taufe eingeladen?" fragte sie schüchtern.
„Ich würde mich sehr freuen, wenn du mitkommst."
Auch wenn sie seine Antwort ein wenig verlegen machte, schien Julie ihren Humor wieder gefunden zu haben. „Oder sind Frauen bei der Taufe eines Jungen nicht zugelassen?"
Erneut war es ihr gelungen, Doneus zum Lachen zu bringen. „Keine Sorge, Julie.
Nicht einmal wir treiben es derart auf die Spitze."
Die Taufe fand am folgenden Sonntag statt. Als Doneus und Julie mit dem Wagen, den Doneus sich geliehen hatte, vor Asteros Haus hielten, hatten sich dort schon so viele Menschen versammelt, dass das Wohnzimmer aus allen Nähten zu platzen drohte - dabei spielten die vielen Kinder, die gemeinsam mit ihren Eltern gekommen waren, noch im Garten.
Kyria begrüßte Doneus derart überschwänglich, als fühlte sie sich durch seine Anwesenheit besonders geehrt. Überhaupt fiel Julie auf, dass sich alle Anwesenden, der Priester eingeschlossen, ihm gegenüber ausgesprochen respektvoll verhielten.
Ihr selbst wurde dieselbe 'Aufmerksamkeit ebenfalls zuteil. Kaum hatten sie das Zimmer betreten, wurde ihr auch schon ein Platz am Kopf der Tafel angeboten. Und während viele Gäste die Taufe im
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