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Kammerdiener gesucht

Kammerdiener gesucht

Titel: Kammerdiener gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friede Birkner
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Brunnig, und einen Auftrag von Herrn Professor.«
    »Herein mit Ihnen und den Schuhen! Ah, sieh da, sie blitzen ja, die alten Dinger, als kämen sie direkt aus der Fabrik«, wurde lobend bemerkt.
    »Ich erlaubte mir, sie mit der Creme des Herrn Professors zu putzen.«
    »Prächtig. Und der Auftrag?« Michel schlurfte auf seinen ausgetretenen Pantoffeln herum, eingehüllt in einen ehrwürdigen Morgenrock, den hageren Kopf vorgestreckt, daß der Spitzbart noch markanter wirkte.
    Kuno richtete aus, was Achim ihm aufgetragen.
    »Dort liegt die Zeitung. Nehmen Sie das Blatt gleich mit, dann können Sie es morgen früh meinem Freund geben. Ein dummer Artikel - nichts drinnen als Lobhudelei für die hypermoderne Architektur in den heutigen mexikanischen Städten. Haben von Kultur keine Ahnung, die dort drüben. Nur modern muß es sein, dann findet man es auch schön. Sollten sich an der uralten Mayakunst ein Beispiel nehmen.« Michel hatte sich hinter einen | Stuhl gestellt, die Lehne in beiden Händen, und schien bereit, Kuno einen Vortrag zu halten. Dann besann er sich aber, daß er hier nicht vor einer Klasse stand, so wie früher, da er noch Lehrer der Kunstgeschichte war. »Eh - nun, das wäre es also. Sie verstehen ja doch nichts davon.«
    Kuno verschwand. Immerhin ein lehrreicher Abend. Er hatte einiges gelernt und beschloß, den Zeitungsartikel über Mexiko im Bett noch zu lesen. Man konnte ja nicht wissen, wann man solche Hinweise einmal brauchte.
    In der Halle griff er dann, wie oft geübt, beiden schon sanft entschlummerten Dackeln ins weiche Fellchen hinter den Öhrchen und hob sie wie zwei Einkauftaschen hoch. »Na, ihr beiden, wie wäre es denn, wenn wir hier Schluß machten? Ab mit Herrchen ins Kammerdienerquartier.« Sorglich drehte Kuno auch noch die letzte Lampe in der Halle aus, nachdem er alle Fenster und Türen verriegelt hatte. Früher hatten Gertraude und er das zwar nie getan, oft genug hatten sie im Schlößchen bei weit offenen Fenstern und Türen geschlafen im friedlichen Bewußtsein, daß kein Dieb oder Feind sich hereinschleichen würde.
    Das war damals, als er noch nicht Kammerdiener und Gertraude noch keine Privatsekretärin war, damals, als Tante Schirin noch nicht Servietten bügelte und Pferde striegelte, damals, als er noch nicht wußte, daß die bezaubernde Mary Bergemann für Mandelschokolade schwärmte, und er noch nichts von mexikanischen Götzenstatuetten gehört hatte. Damals —
    Am nächsten Morgen war er selbstverständlich früh genug auf, um Gertraude zum Bus zu begleiten. Sie hatten noch eine Viertelstunde, einander liebe, tröstende Worte zu sagen, mußten sie doch immer wieder mit dem Abenteuerlichen und leicht Unehrlichen ihres derzeitigen Lebens fertig werden.
    »Wie nun, Kuno, wenn wir wirklich lange hier sein werden, etwa gar jahrelang? Das ist doch undenkbar, zumal für dich.«
    »Wüßte nicht, Alte, was dabei undenkbar wäre. Ich habe mich bereits allerbestens in die Haut eines mittelprächtigen Kammerdieners eingelebt. Mir geht es gut, ich habe ein nettes Zimmer, eine feine Kameradschaft mit Lina und Hedrich, mein gutes Essen, einen ehrlichen Beruf, ein anständiges Gehalt dazu, und werde von Herrn Professor und Fräulein Bergemann sehr nett behandelt. Nicht einmal den kleinsten Anschnauzer bekam ich bisher, wenn ich mal etwas falsch machte. Also, was soll es mir wünschenswert erscheinen lassen, hier eine Änderung zu erleben? Nun hat es auch gottlob mit dir geklappt, du kommst in den nächsten Tagen her, und wir sind alle wieder beisammen.«
    »Alles richtig, was du sagst, Kuno. Aber Schwindler sind wir trotzdem.«
    »Wieso? Hast du Herrn Professor die Einsicht in deine Papiere verweigert? Tat ich dies? Nichts davon. Und Tante schwindelt überhaupt nicht. Ist Frau Sörensen, und damit päng.«
    »Aber wie lange, Kuno? Wie nun, wenn du oder ich doch eines Tages gekündigt werden?«
    »Dann haben wir wenigstens einige Zeit ein gutes, sicheres Leben gehabt. Du kannst sparen, ich spare vom Gehalt, soviel es nur geht. Wer weiß, was wir dann später unternehmen können. Soll ich mir darum schon heute den Kopf zerbrechen? Du verschließt also unsere Wohnung, bringst mir noch alles mit, was ich dir aufgeschrieben habe, und dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Vergiß aber bitte nicht, mir ein Pfund allerbeste Mandelschokolade mitzubringen.«
    »Seit wann ißt du denn Süßes?«
    »Als Kammerdiener legte ich mir halt einige standesgemäße Gewohnheiten zu, liebe Alte.

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