Kammerdiener gesucht
das Steuer eines Autos setzen und Achim auch nicht bei seiner bevorstehenden Arbeit helfen kann?«
»Sicher verstehe ich dich darin. Plant Achim denn wirklich wieder solche Expeditionsreisen?«
»Planen wohl, doch muß ich es beinahe wünschen, daß seine
Erkrankung ihn daran hindern wird.« Sie strich sich über die Augen, legte dann ihren Arm in den seinen und mühte sich um 1 Ruhe und Fröhlichkeit. »So, nun wollen wir von anderem reden, j Achim merkt sonst, daß ich wieder von damals sprach.«
Zufällig war es derselbe Abend, einige Stunden später, als auch Achim das Thema »Damals« aufgriff.
Als Kuno ihn wie täglich gegen elf Uhr nach oben begleitete und ihm behilflich war, tippte Achim einer der häßlichen Götzenstatuetten gegen die Stirn. »Richtig, Kuno, ich wollte Ihnen ja einen Vortrag über diese Dinger halten. Haben Sie heute Zeit dazu?«
»Aber nur zu gern, Herr Professor. Wollen Sie vorher zu Bett gebracht werden oder sich hier auf die Couch legen?«
»Letzteres wäre mir lieber.« Achim lächelte amüsiert. »Es doziert sich weniger gut vom Bett aus. Sie setzen sich bitte hin, und ich freue mich, wenn Sie eine Zigarette mit mir rauchen.« Ungewöhnlich war dies einem Kammerdiener gegenüber, aber Achim hatte beinahe das Gefühl verloren, in Kuno einen Angestellten zu sehen, so angenehm war ihm dessen Wesen geworden. »Ich frische gewissermaßen mein Wissen auf, wenn ich von dem Thema rede. Nächste Woche fange ich mit Fräulein Horn hoffentlich schon ernstlich mit meiner Arbeit an. Da tut es mir gut, in die Atmosphäre einzudringen. Mit meiner Schwester darf und will ich über diese vergangenen Dinge nicht reden, weil sie von Erinnerungen gequält wird, wie ich Ihnen schon andeutete.«
Achims Selbstverständlichkeit gab Kuno Sicherheit, interessiert zu fragen: »Führten alle Ihre Reisen Sie nach Mexiko?«
»Während der letzten Jahre ausschließlich. Solange ich noch mit anderen Expeditionen im Staatsauftrag reiste, konnte ich mir das Ziel nicht aussuchen. Aber die verklungene Welt der Mayas hatte es mir besonders angetan. Doch kommen wir nun zur Sache, also zu diesen beiden Figuren dort auf der Kommode. Ich verschaffte mir für die letzte Reise die behördliche Genehmigung, mich in den Bezirken der bisherigen Ausgrabungen bewegen zu dürfen, und verpflichtete mich gleichzeitig, beachtliche Funde zuerst den mexikanischen Behörden vorzulegen, was aber mein Eigentumsrecht nicht beeinträchtigte. Nur will man sich dort absichern, daß besonders schöne Stücke dem Staat zuerst zum Kauf angeboten werden. So ist es übrigens auch mit fast allen Ausgrabungsgeländen auf der ganzen Erde. Ungestraft darf man heute nirgends mehr herumbuddeln. Da hatten es meine Kollegen im vorigen Jahrhundert besser.«
»Wie kam es aber, daß Sie sich entschlossen, auf solche anstrengenden und gefahrvollen Reisen Ihr Fräulein Schwester mitzunehmen?«
»Es war Marys eigener Wille, den sie sehr nachdrücklich verfolgte. Und mir war es nur lieb, den einzigen Menschen, den ich noch auf der Welt habe, bei mir zu wissen.«
»Sie hatten aber sonst keine Reisebegleiter als eben den Mann, mit dem Sie den schweren Unfall hatten?«
»Lastenträger, Arbeitshelfer warben wir stets unter den möglichst in der Nähe lebenden Einwohnern an. Ich selbst beherrschte einige südmexikanische Dialekte, die ziemlich schwer zu erlernen sind. Auch meine Schwester konnte sich leidlich verständlich machen. Das ist von unschätzbarem Wert, wenn man auf die Urbewohner angewiesen ist. Doch nun zum Thema«, sprach Achim weiter. »Ich wußte aus Nachschlagewerken, daß Tempelruinen von dem auf rätselvolle Weise spurlos verschwundenen Maya-Volk in Südmexiko noch unentdeckt unter den Lianen des Urwaldes zu finden sein mußten. Eine Machete zu handhaben war für uns das Wichtigste. Es ist eine Art höllisch scharfes Buschmesser. Auch Mary konnte damit arbeiten. Unser Begleiter war ein Schwede, wohl der schönste Mensch, der mir je begegnet ist. Groß, blond, die leuchtendsten blauen Augen, denen ich oft versuchte auf den Grund zu blicken. Das war das Merkwürdige an Einar Thorsen, daß man ihm nie richtig in die Augen schauen konnte.«
»Also kein angenehmer Mensch, dieser Schwede?«
»Zuerst erschien er mir ideal als Begleiter. Er wußte sehr viel, was die Reise betraf, war stets fröhlich, heiter, hilfsbereit und praktisch. Nett zu mir, reizend zu Mary, und so verwunderte es mich denn nicht, als sie mir eines Abends erklärte,
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