Kammerdiener gesucht
Aufgabe erschien ihm nicht eben unangenehm.
In diese Träumerei hinein platzte Michel.
»Na, und - alter Rübezahl, was treibst du? Langeweile?«
»Nicht unbedingt. Da Mary unterwegs ist, habe ich mich mit der kleinen Truhe beschäftigt, die ich für sie öffnen soll.«
»Gelungen?«
»Ja, endlich, wenngleich es ein verflixt schwieriges Schloß war. Alte Kunst, schwerer aufzubringen als ein moderner Tresor.« Leicht stöhnend setzte sich Michel zu dem Freund, stopfte seine Pfeife, und als ihm Achim stumm die seine reichte, stopfte er sie ihm auch. »Siehst ja so vergnügt aus. Hat es mit der Arbeit geklappt?«
»Besser konnte es gar nicht klappen.«
»Wo ist denn dein komischer vortrefflicher Kammerdiener?«
»Er schlug vor, zum Schmied zu reiten. Und was dieser vortreffliche Mann mir vorschlägt, akzeptiere ich. Bisher waren seine Vorschläge alle recht vernünftig. Warum nennst du ihn denn komisch?«
»Vielleicht falsch gesagt, denn ich meine mehr >ungewöhnlich<. Eigentlich stelle ich mir einen Kammerdiener anders vor: älter, würdiger, steifer und korrekter. Aber immerhin finde ich deinen Kuno recht angenehm und könnte mir vorstellen, daß man sich gut mit ihm unterhalten kann. Hat was Intelligentes, der Mann.«
»Ich habe genau denselben Eindruck. Ich hielt ihm vor Wochen einen ausführlichen Vortrag über die Mayas, und er schlief nicht einmal dabei ein. Wir kamen durch die beiden Götzenstatuetten in meinem Schlafzimmer darauf. Ich habe mir darauf noch einmal alles durch den Kopf gehen lassen und mich entschlossen, die Kisten von der letzten Expedition auszupacken. Da aber Mary sich weigert, mir dabei zu helfen, möchte ich dich ' darum bitten, alter Rübezahl.«
»Machen wir. Die Büchersache kann ja ruhen, wenn es Mary I recht ist. Wo stehen denn die Kisten?«
»Drüben in der einen leeren Garage. Wir müßten sie auch drüben auspacken, da sie zu schwer sind, um sie zu transportieren.«
»Gut, gut. Bin solche Arbeit gewohnt, da man mich in München ab und an ins Völkerkundemuseum zitiert, weil man mich als vorsichtigen Bastler kennt. Ist da mal was kaputtgegangen, wird eben Michel Brunnig gerufen. Bezahlen es mir recht gut, die Behörden. Da muß ich dir was Interessantes erzählen in diesem Zusammenhang.«
»Los, ich bin gerade in Stimmung, mir Geschichten erzählen Z u lassen. Finde es verdammt gemütlich in Gleichen, und finde, ¿ich hier zu haben, ist ebenso angenehm wie — Nun ja, also fang an, alter Rübezahl!«
»Tja, also, da ließen mich die Stadtväter mal ins Gericht rufen, wo gerade eine Verhandlung gegen einen Schwindler lief, der angebliche Antiquitäten aus Völkerkulturen angeboten hatte, gutes Geld dafür einkassierte, dem man aber auf die Schliche gekommen war. In diesem Fall handelte es sich um Waffen aus der Mayazeit, wie man mir erklärte. Gold sollte es sein, durchweg Gold, geschmiedet und gewalzt und ziseliert. Und da sollte ich nun meinen Senf dazu geben, weil ich schon mal so eine Waffe im Museum hatte.«
»Das interessiert mich - berichte weiter!«
»Nun ja, der Angeklagte war ein kleiner schwächlicher Mensch, eine dicke Brille vor den rattenähnlichen Augen, der mir einen sehr weichlichen, beinahe weibischen Eindruck machte und dem ich ungern die Hand gegeben hätte. Verstehst du mich?«
»Kein weiteres Wort nötig.«
»Also, man legte mir eine der Waffen vor. Ich beguckte sie mir von allen Seiten und fragte, ob ich sie verletzen dürfe, denn sonst könnte man ja die Echtheit nicht feststellen. Es wurde beschlossen, daß auf Staatskosten eine der Waffen verletzt werden durfte. Keine leichte Arbeit, denn das sogenannte Gold war verdammt hart, da es nur eine Legierung von wenig Gold und sehr viel Messing war, womit schon der Beweis der Unechtheit erbracht war, weil die Maya keine Ahnung von Messing hatten. Schwindel, dick aufgelegter Schwindel, und ich konnte bald wieder befriedigt meiner Wege ziehen. Ich werde aber dieses böse, wütende Gesicht der kleinen Ratte niemals vergessen, der man auch noch Diebstahl zur Last legte.
Nun, dies alles erzähle ich dir nur, damit du beruhigt bist, ich verstehe auch ein wenig von deinem Maya-Kram und kann dir helfen, die Beute eurer letzten Reise sachgemäß auszupacken.« Während seiner letzten Worte hatte Michel die Pfeife aus dem Mund genommen und blickte aufmerksam in den Park. »Du -was ist das denn, da kommt Mary gelaufen, als würde sie verfolgt! Hör doch, sie ruft laut nach dir!« Und schon hörte auch Achim,
Weitere Kostenlose Bücher