Kammerflimmern
gleichen Problem konfrontiert: Sie konnten den Inhalt nicht lesen.
Der Hauptkommissar griff zum Telefon und wählte.
»Lenz, hallo. Ich brauche jemanden, der uns Russischtexte übersetzen kann. Wer macht so was bei uns?«
Er wartete einen Moment und brachte dann sein Anliegen erneut vor.
»Danke«, murmelte er, nachdem sein Gesprächspartner ihm etwas erklärt hatte, und legte auf. Hain sah ihn erwartungsvoll an.
»Wir haben zwei. Einer ist in Niederzwehren bei der BBE, der andere in Blochins Privathaus. Da könnten wir jetzt hinfahren, aber das will ich nicht. Also müssen wir unsere russische Geheimwaffe scharf machen.«
Hains fragender Gesichtsausdruck wich einer Erkenntnis.
»Sergej!«
»Genau der.«
Noch bevor der Hauptkommissar geantwortet hatte, drückte Hain auf die Auswurftaste des Computerlaufwerks und griff sich die CD.
»Dann los.«
Sie hetzten die Treppen hinab, stiegen in den Opel und fuhren vom Hof.
Sergej Kowaljow stand breitbeinig hinter der Theke in seinem Laden und hielt ein auseinandergenommenes Mobiltelefon in der Hand. Als die beiden Polizisten durch die Tür stürmten, sah er erschrocken auf, entspannte sich jedoch wieder, als er erkannte, wer ihn da so früh am Morgen behelligte.
»Hallo, die Herren Kommissare, was machen Sie denn hier? Wenn ich den Nachrichten im Radio glauben schenken kann, müsste ich Sie eigentlich an einem ganz anderen Ende der Stadt vermuten.«
»Vielleicht sollte man dem Radio nicht immer vertrauen, Sergej«, erwiderte Lenz und reichte dem Russen die Hand zur Begrüßung. Der presste sie in seine rechte und hielt sie umklammert.
»Aber, aber, Herr Kommissar. Wir leben doch nicht in Russland, dort würde ich sicher nicht alles glauben, was im Radio erzählt wird. In Deutschland ist das doch ganz …«
»Wir haben ein Problem, Sergej«, unterbrach Hain die beginnende Lobrede von Kowaljow auf die Demokratie in Deutschland und zog die CD aus der Jacke.
»Hier sind ein paar Dokumente drauf, leider in Russisch. Kannst du uns mit einer kurzen Übersetzung helfen?«
Der Russe gab die Hand des Hauptkommissars frei, griff nach dem Datenträger und ging durch eine Schwingtür in einen kleinen Nebenraum. »Mein Büro«, klärte er die Beamten auf, die ihm gefolgt waren.
Dort legte er die CD in ein Laufwerk und wartete, bis der Computer die Daten darauf anzeigte.
»Die sind mit einem Passwort …«
Weiter kam er nicht. Hain griff sich die Tastatur, gab den Zugangscode ein und öffnete das erste Dokument.
»Ein Kontoauszug«, erklärte Kowaljow spontan. »Überweisungen von der Leningrader Bestjakbank an Konten in Deutschland. Immer 100.000 Rubel.«
»Wie viel ist das?«
»In Euro? Ungefähr 3.000. Aber es sind insgesamt …«
Er fuhr mit dem Finger über den Monitor.
»Über 300 Transaktionen. 300 mal 3.000 Euro, das macht zusammen fast eine Million. Nicht schlecht.«
Hain baute ein weiteres Bild auf.
»Das Gleiche, nur von einer Moskauer Bank. Jedes Mal wurden 100.000 Rubel überwiesen. Hier sind es …«
Wieder flog sein rechter Zeigefinger über die Zahlenkolonnen, »… ungefähr 400 Transaktionen.«
Auch die nächsten fünf, sechs Dokumente lieferten ähnliche Ergebnisse.
Hain sprang durch das Verzeichnis und klickte wahllos Ordner und Dokumente heraus, die Kowaljow mit immer dem gleichen Ergebnis übersetzte. Es handelte sich um Überweisungen, die von verschiedenen russischen Banken an Empfänger in Deutschland gegangen waren.
»Auf wessen Konto ist die Kohle denn gelandet, Sergej?«, wollte Lenz wissen.
»Das ist merkwürdig«, erklärte der Russe. »Die Überweisungen sind alle an völlig unterschiedliche Empfänger hier in der BRD gegangen. Ich habe bis jetzt nicht einen Namen doppelt gesehen. Aber die meisten sind über Banken hier in der Gegend oder zumindest in Hessen abgewickelt worden.«
»Taucht Blochin irgendwo in den Unterlagen auf?«
Der Russe schüttelte den Kopf.
»So sehr ich mich auch bemühe, Herr Kommissar, aber der hat von dem Geld hier nichts gesehen.«
»Das ist …«
»Warte mal«, wurde Lenz von seinem Kollegen unterbrochen, der sich noch immer durch das Verzeichnis wühlte.
»Hier ist ein Dokument, das wie ein Brief aussieht. Auf Deutsch.«
Die drei beugten sich über den Monitor und schon nach den ersten Buchstaben erkannte Lenz, dass der Inhalt dieses Schreibens nicht für Kowaljow bestimmt war.
»Sergej, lässt du uns einen Moment alleine?«, bat Lenz den Russen.
»Schon gut, Herr Kommissar. Jetzt, wo
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