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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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führe sie über einen langen dünnen Draht. »Eine Leitung, mit der wir das Herz an den ICD anschließen. Diese Elektrode hatte möglicherweise einen Produktionsfehler, der zu unnötigen Stößen hätte führen können. Es hat einen Höllenärger gegeben und war für Medtronic sehr teuer. Und die Reichweite der ganzen Sache ist noch immer ungewiss. Zu diesem Zeitpunkt hätte Otto Schultz jedenfalls begreifen müssen, dass Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist. Vor allem, wo ein Virusangriff viel schlimmer wäre ... als ein reiner Produktionsfehler. Virus, Hacking, Datenmanipulation ... das alles macht den Leuten eine Wahnsinnsangst, auch uns Ärzten! Allen ist klar, dass man sich nie hundertprozentig gegen einen Produktionsfehler wappnen kann. Aber wenn es um die Möglichkeit geht, einen ICD oder Pacemaker zu manipulieren oder zu zerstören ...«
    Sara holte tief Luft. »Unmöglich, haben die Produzenten behauptet. Ganz und gar unmöglich.«
    Jerry kratzte sich mit leicht gerunzelter Stirn am Ohr, er schien nachzudenken und ihr gar nicht zuzuhören.
    »Warum um alles in der Welt hat Otto Peters Rat nicht befolgt?«, fragte sie dann, ohne Jerrys abwesende Miene zu bemerken. »Wie kann der Kerl überhaupt nachts ruhig schlafen, wenn er die ganze Zeit Angst haben muss, dass das Virus eines schönen Tages auftauchen wird? Es hätte doch jederzeit und überall passieren können. Es hätte noch viel mehr als nur meine beiden armen Patienten umbringen können. Auf der ganzen Welt bekommen sicher hundert Patienten jeden Tag einen Deimos eingesetzt und ...«
    »Nein«, sagte Jerry.
    »Nein?«
    »Du irrst dich. Er brauchte keine Angst zu haben. Otto Schultz hat gewusst, dass das Virus niemals auftauchen würde.«
    »Aber es hat doch ...«
    »Er hatte das einzige Exemplar.«
    Jerry zeigte auf das kleine Telefon. »Bei diesem Gespräch argumentiert er ganz richtig: Das Virus wurde vier Jahre zuvor von diesem David Crow entwickelt. Der Mann ist tot, und in den folgenden vier Jahren ist rein gar nichts passiert. Peter Adams hatte ganz einfach das einzige existierende Exemplar erwischt. Es hatte die ganze Zeit in seinem Bücherregal gestanden.«
    »Und dann gibt er es Otto Schultz«, sagte Sara langsam.
    »Und dann gibt er es Otto Schultz«, sagte Jerry und nickte, er sprach noch langsamer.
    »Willst du damit sagen, dass ...«
    Sie sah ihn ungläubig an.
    »Otto Schultz hat das Virus losgelassen«, sagte er.
    »Aber warum um alles in der Welt ...«
    Sara sprang auf und lief in der Suite hin und her. »Mercury Medical ist sein Lebenswerk! Sein ...«
    »Um Geld zu verdienen«, sagte Jerry.
    »Um Geld zu verdienen«, wiederholte Sara tonlos. »Man verdient kein Geld bei etwas, das schiefgeht. Man verdient Geld, wenn etwas funktioniert.«
    »Du weißt ganz schön wenig über den Aktienmarkt.«
    »Zum Glück.«
    Sara fühlte sich wie erschlagen. Die vergangenen Wochen waren eine emotionale Achterbahn gewesen, eine gewaltige Kraftanstrengung, und außerdem hatten sie ihr die größe Niederlage ihrer Karriere gebracht. Der Schlafmangel, den sie früher so leicht verkraftet hatte, ließ sie jetzt schwanken.
    »Setz dich«, sagte Jerry. »Bitte.«
    Sie gehorchte.
    »Möchtest du etwas?«, fragte er. »Wasser? Du siehst nicht gerade gut aus, meine Liebe.«
    Sara packte ein Sofakissen und drückte es an sich, als fürchtete sie, es könnte gestohlen werden.
    »Willst du in vollem Ernst behaupten, Otto Schultz habe das Virus losgelassen, um der Gesellschaft zu schaden, die er aufgebaut hat?«
    »Ja.«
    »Dass er zwei meiner Patienten hat sterben lassen, nur um ... Geld zu verdienen?«
    »Ja.«
    »Um Geld zu verdienen?«
    »Ja.«
    Sara brach in Tränen aus. Jerry kannte sie gut genug, um keinen Trostversuch zu unternehmen.
    »Wie«, flüsterte sie endlich. »Wie kann man Geld daran verdienen, dass ... etwas schiefgeht?«
    »Auf viele Weise«, sagte Jerry ruhig. »Man kann shorten. Man kann Putssetzen. Man kann ...«
    »Puts«, fiel sie ihm ins Wort und fuhr sich zum ersten Mal mit dem Ärmel über die Wangen. »Davon hast du mir erzählt, als du angerufen hast.«
    »Ja«, sagte er. »Verkaufsoptionen sind eine ganz legale Quelle zum Gelderwerb. Eine Art Wette.«
    Sara stand wieder und ging zum Schreibtisch. Sie nahm einen dünnen Schreibblock mit dem Logo des Hotels und reichte ihn Jerry.
    »Sagen wir, du hast von Mercury Medical 1000 Aktien zu 100 Dollar«, sagte er ruhig. »Am 1. Januar frage ich dich, ob wir wetten sollen,

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