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Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition)

Titel: Kammerspiel: Der fünfte Fall für Rünz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gude
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weil Sie
dann nicht mehr der faszinierende und rätselhafte Lonesome Rider gewesen wären.
Vermissen Sie sie manchmal?
     
    Detektiv: Ich
muss meine Wohnung jetzt selbst in Ordnung halten. Kochen, einkaufen, waschen, putzen
– eine Zumutung für einen Mann, wenn Sie mich fragen. Entwürdigend.
     
    Klient: Und
ein beneidenswert pragmatischer Rückblick auf den Sinn einer Partnerschaft.
     
    Detektiv: Ich
habe mir da nie was vorgemacht. Eine Ehe ist wie ein Boxkampf. Sie können nicht
jede Runde gewinnen, aber am Schluss sollten Sie nach Punkten vorn liegen.
     
    Klient: Haben
Sie Kinder?
     
    Detektiv: Nein,
Sie?
     
    Klient: Eine
Tochter. Sie ist zweiundzwanzig.
    Detektiv: Haben
Sie Kontakt zu ihr? Verstehen Sie sich gut?
     
    Klient: Ich
glaube, sie versteht mich besser als ich sie.
     
    Detektiv: Sie
ist eben eine Frau, Jacques. Kann ich Ihnen einen kleinen Bowmore von der Insel
Islay anbieten? Hat mein Bessunger Händler gestern frisch reinbekommen. Maritim-salzige
Note, mit deutlichem Sherry-Aroma. Ein Erlebnis.
     
    Klient: Gerne.
– Ja, der ist wirklich gut. Sagen Sie, Karl: Was treibt eine attraktive junge Frau
wie meine Tochter dazu, ständig mit Männern anzubandeln, die dreißig Jahre älter
sind als sie?
     
    Detektiv: Ich
bitte Sie, das sind doch Standardsituationen für einen Psychoanalytiker! Vielleicht
sucht sie bis in alle Ewigkeit einen Vaterersatz, weil der leibliche Vater, also
Sie, in jungen Jahren nicht präsent war. Vielleicht will sie Sie auch einfach kränken.
Was weiß ich. Sie sind der Fachmann für diesen Krempel.
     
    Klient: Sie haben recht.
Wahrscheinlich will sie mich einfach kränken. Eine unendliche Geschichte. Das ging
schon früh los. Ich erinnere mich noch an ihren ersten Freund. Ich meine, ihren
ersten festen Freund. Sie war damals Fünfzehn.
    Detektiv: Sie
meinen, den ersten, mit dem sie ins Bett ging.
     
    Klient: Wenn
Sie so wollen – ja.
     
    Detektiv: Wenn
ich mir Ihren Gesichtsausdruck so anschaue – der junge Mann war Ihnen wohl nicht
so sympathisch!
     
    Klient: Er war
sechs Jahre älter als sie, so ein Hüne mit Lederjacke. Als sie ihn zum ersten Mal
mit nach Hause brachte und ihn mir vorstellte, unterhielten wir uns kurz im Wohnzimmer.
Ich fand, er machte einen arroganten und überheblichen Eindruck. Dann zog sie ihn
weg von mir, sagte so etwas wie: ›Wir gehen noch kurz hoch auf mein Zimmer, Paps.‹
Auf dem Treppenabsatz drehte der Typ noch mal seinen Kopf zu mir, schaute mich grinsend
an und zwinkerte mir zu. Können Sie sich das vorstellen? Dieser Scheißkerl zwinkerte
mir zu, nach dem Motto: ›Du und ich, wir beide wissen, was ich da oben jetzt mit
deiner süßen kleinen Prinzessin mache.‹ Der wusste haargenau, was es für einen Vater
bedeutet, irgendwann einem anderen Mann den Zugriff auf den Körper seiner Tochter
zu gewähren.
     
    Detektiv: Und?
Haben Sie die beiden belauscht beim Poppen?
     
    Klient: Sie
werden geschmacklos, Karl. Ich bereue jetzt schon, Ihnen diese private Anekdote
erzählt zu haben.
     
    Detektiv: Na,
kommen Sie, Jacques. Ein abgebrühter Ödipus-Experte wie Sie muss über so was doch
reden können, als ginge es ums Wetter. Also: Haben Sie sie gehört?
     
    Klient: Ja,
in Gottes Namen. Ich habe die beiden gehört. Können wir jetzt das Thema wechseln?
     
    Detektiv: Und
hatten die beiden – der Geräuschkulisse nach zu urteilen – guten Sex? Oder klang
es so, als würde da etwas gegen den Willen Ihrer Tochter passieren?
     
    Klient: Karl,
Sie sind ein Voyeur. Ich fürchte, wenn wir nicht sofort das Thema wechseln, werden
Sie vor mir anfangen zu onanieren. Und das möchte ich mir ersparen.
     
    Detektiv: Gut,
Jacques. Ich möchte Sie nicht weiter quälen. Lassen Sie mich spekulieren: Die animalischen
Laute Ihrer Tochter pendelten ständig zwischen Schmerz und Lust, Widerstand und
Hingabe. Ihr Verstand sagte Ihnen, dass alle Frauen so klingen, wenn Sie guten Sex
haben. Aber Ihr Herz sagte Ihnen, dass dieser böse Wolf gerade Ihr kleines Schneewittchen
schändet. In einem Moment standen Sie schon auf dem Treppenabsatz, um dieses unschuldige,
blutjunge Geschöpf aus den Fängen des triebhaften Berserkers zu befreien, und im
nächsten Augenblick schüttelten Sie den Kopf, beschämt über Ihre alberne Unfähigkeit,
Ihre Tochter ins Erwachsenenleben zu entlassen.
     
    Klient: Ohne
ins Detail gehen zu wollen, Karl: Es war ein Moment, in dem ich mir wünschte, einen
Sohn zu haben, und keine Tochter.

Erstes Zwischenspiel
     
    Noch vier

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