Kampf für Freiheit
trieb sich immer weiter an. Einige seiner Gefährten waren nicht so entschlossen und hatten schon bald Blutergüsse und Striemen von Amatus’ Stock. Nur ein anderer Junge war so verbissen wie Marcus, und das war Ferax. Marcus besaß mehr Ausdauer, während Ferax stärker war, und an Behändigkeit waren sie einander beinahe ebenbürtig.
Obwohl ihre Rivalität während der Ausbildung nie zur Sprache kam, war Amatus erfahren genug, um sie sofort zu bemerken, und stachelte sie damit spöttisch an.
»Los, Ferax! Der Junge ist höchsten halb so groß wie du! Was ist denn? Kannst wohl nicht mit ihm mithalten! Streng dich mehr an, oder du bekommst meinen Stock zu spüren! Beweg die Beine, du faules Keltenschwein!«
Oder manchmal, wenn Marcus das Gesicht verzog, während er eines der schwersten Gewichte zum Kinn zu stemmen versuchte, kam Amatus vorbei, stellte sich neben ihn und brüllte ihm ins Ohr: »Das nennst du ein Gewicht? Da habe ich schon Würmer schwerere Steine stemmen sehen! Wie zum Teufel willst du je so groß und stark werden wie Ferax, wenn du nicht dran arbeitest? Komm schon, Marcus, zeig dem verdammten Kelten, wozu ein Römer imstande ist!«
Marcus spürte, dass die Augen der anderen Jungen auf ihn gerichtet waren, und wusste, dass er sie beeindrucken musste, damit Ferax sie nicht alle auf seine Seite ziehen konnte. Gleichzeitig war er sich darüber im Klaren, wie sehr der Hass im Herzen des Kelten brodelte.
Eine ganze Zeit lang konnte Ferax ihm nichts anhaben. Die Tage waren zu streng durchgeplant, als dass der Kelte die Zeit gefunden hätte, seine Wut an Marcus auszulassen. Und sobald die Jungen abends in ihre Abteile zurückgingen, waren sie todmüde und wollten nur noch schlafen. Marcus rollte sich dann im Stroh zusammen, während Pelleneus und Phyrus noch eine Weile leise miteinander redeten, ehe auch sie einschliefen. Der Spartaner hielt sich noch immer meist abseits, aber gelegentlich steuerte er einen Kommentar zum Gespräch bei, wenn er es für nötig erachtete, eine Meinung zu korrigieren, die ein anderer vorgebracht hatte.
Einen Monat, nachdem Marcus in der Schule angekommen war, kam für Ferax endlich die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte. Es war nach dem Abendessen, und Marcus verließ als Letzter die Küche und machte sich auf den Weg zurück zum Zellenblock. Er ging wie immer bei der Latrine vorbei, die in einer Ecke der Schulummauerung lag. Es wurde allmählich Herbst, und die Abendluft war schon kühl, wenn die Nacht hereinbrach. Am entfernten Ende der Latrine brannte eine einzelne kleine Feuerschale, als Marcus das Gebäude betrat und in dem trüben Dämmerlicht zu den beiden, einander gegenüberliegenden Holzbrettern ging. Außer ihm war nur noch ein anderer Junge da, ein Nubier, der seinen Küchendienst kurz vor Marcus beendet hatte. Sie nickten sich einen Gruß zu, denn der Nubier konnte noch immer erst einige wenige Wörter Latein sprechen, wenn er auch sehr viel mehr verstand, nicht zuletzt dank Amatus’ Stock aus Rebenholz.
Marcus zog seine Tunika hoch und setzte sich auf eines der Holzbretter, das in den vielen Jahren ganz glatt poliert geworden war.
Aus der Rinne, in der das Abwasser fortgespült wurde, hörte man das leise Rauschen fließenden Wassers. Das Rinnsal floss unter der Mauer hindurch in einen kleinen Bach, der nah bei der Gladiatorenschule verlief. Marcus war beinahe fertig, als er knirschende Schritte vom Eingang der Latrine hörte.
»He, Nubier, raus!« Ferax deutete mit dem Daumen über die Schulter zurück. »Ich möchte mit dem Sohn des Zenturios reden.«
Der Nubier nickte, stand dann auf und packte den Griff des Schwammstocks im nächsten Essigbottich, der zwischen den beiden Bänken stand. Er benutzte ihn rasch, ließ dann seine Tunika herunter und beeilte sich, die Latrine schnell zu verlassen. Beim Vorübergehen warf er Ferax einen misstrauischen Blick zu.
Der Kelte schlenderte betont lässig durch die Latrine und machte seinen Gürtel auf. »Nun, Junge, ist es Zeit. Jetzt kannst du mir zeigen, wie mutig du sein kannst. Bist du bereit?«
Marcus spürte, wie sein Magen zu einem einzigen Eisklumpen wurde, während er sich schnell erhob und seine Tunika herunterzog. Er schaute sich rasch um, aber die Fenster waren kaum mehr als schmale Schlitze hoch in der Wand und es gab nur einen Eingang zur Latrine. Er saß in der Falle. Marcus schnappte sich einen der Essigstöcke und hielt ihn vor sich. Ferax schaute ihn ungerührt an und lachte leise. »Was,
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