Kampf für Freiheit
fliehen versucht. Wenige Tage später haben sich mich wieder eingefangen und grün und blau geprügelt. Das hast du davon, wenn du dich deinem Herrn widersetzt: Schmerzen und noch mehr Leiden. Glaub mir, das Beste, was du machen kannst, ist, dich mit dem Gedanken zu versöhnen, dass deine Vergangenheit für dich gestorben ist. Schau in die Zukunft. Bleib am Leben, und eines Tages gewinnst du deine Freiheit zurück. Das ist alles, was jetzt für dich zählt«, schloss Pelleneus, ehe er fortging, um mehr Wasser zu holen.
Marcus nickte bedächtig, als würde er diesen Rat annehmen. Aber tief in seinem Herzen konnte er dem, was Pelleneus da sagte, einfach nicht zustimmen. Es ging ihm gegen jede Faser seines Wesens und wäre ein Verrat am Andenken seines Vaters und an der Pflicht gegen seine Mutter gewesen. Marcus schwor sich heimlich, dass er die Vergangenheit niemals vergessen würde. Außerdem erfüllte ihn doch die Erinnerung an alles, was er verloren hatte und an all das, was er rächen musste, mit der Entschlossenheit, die schrecklichen Umstände zu ertragen, in denen er sich jetzt befand.
»Aha, endlich rührt sich auch der Balg des Zenturios!«
Marcus schaute auf und sah Ferax am Eingang des Abteils stehen. Hinter ihm lauerten seine Gefährten. Alle hatten den Oberkörper entkleidet, sodass man die blasigen Brandzeichen sehen konnte. Der Kelte blickte mit verächtlichem Grinsen zu Marcus hinunter. »Das Letzte, was ich von dir gesehen habe, war, dass du draußen vor der Schmiede umgekippt bist.«
Marcus schluckte aufgeregt und rappelte sich auf die Füße. »Mich mussten sie wenigstens nicht zum Feuer schleifen.«
»Was?« Ferax runzelte wütend die Stirn. »Nennst du mich etwa einen Feigling? Ich habe das Brandeisen wie ein echter Mann ertragen.« Er drückte den Brustkasten heraus und stemmte die Arme in die Hüften. »Und ich stand da wie ein Krieger.«
»Ja.« Marcus lächelte. Obwohl Ferax wesentlich größer war als er und ihm das Herz im Leibe laut pochte, konnte er sich doch an die Furcht erinnern, die er in den Augen des Keltenjungen gesehen hatte, ehe ihm das Brandeisen aufgedrückt wurde. Dies gab Marcus ein wenig mehr Mut, sich ihm entgegenzustellen. »Ich habe deinen Kampfschrei gehört. Und ich glaube, alle anderen auch. Aber es war ja wirklich sehr schmerzhaft.«
»Zumindest bin ich nicht wie ein Mädchen in Ohnmacht gefallen.«
»Nein, das bist du nicht«, gestand ihm Marcus zu. »Du hast nur wie ein Mädchen gejammert.«
Ferax’ Nasenflügel blähten sich. »Das werde ich dir heimzahlen, du römischer Zwerg.« Er ballte die Fäuste und kam in Marcus’ Abteil. Marcus wich nicht von der Stelle, sondern stellte sich breitbeinig hin und hob die Hände, um seinen Gegner damit zu packen oder ihn zurückzuschlagen. Er fletschte wütend die Zähne. Ferax hielt inne, schaute ihn an und lachte los.
»Bei allen Göttern, seht euch den an. Der denkt wohl, er ist Mars, der Kriegsgott persönlich!«
Seine Freunde lachten mit ihm und dann fuhr Ferax wieder zu Marcus herum. Jetzt war alles Lachen aus seinem Gesicht verschwunden. Marcus konnte nun nur noch die grausame Entschlossenheit sehen, ihm so viel Schmerz und Erniedrigung zuzufügen wie nur möglich. Er spürte, wie sein Magen ein einziger Eisklumpen wurde, wich aber nicht von der Stelle. Er war bereit, eine Tracht Prügel einzustecken und noch lange nicht um Gnade zu flehen.
»Das wird mir richtig Spaß machen«, knurrte Ferax. »Ich reiße dich in Stücke.«
»Oh nein, das wirst du nicht!«, grollte eine tiefe Stimme. Marcus wandte sich überrascht um und sah, dass Phyrus sich hochrappelte. Der Riese trat zwischen die Jungen und blitzte Ferax wütend an. »Wenn du ihm wehtust, dann tu ich dir weh. Und ich tu dir sehr weh. Dir und all den anderen da.« Phyrus hob eine mächtige Faust in die Höhe und ließ sie krachend auf die Handfläche der anderen Hand heruntersausen. »Seht ihr?«
Ferax zuckte bei dem Geräusch zusammen. Er starrte Phyrus mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Verärgerung an. Dann bewegte er sich rückwärts zum Ausgang. Dort wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Marcus zu.
»Im Augenblick bist du in Sicherheit, du kleine Ratte. Aber irgendwann musst du deine eigenen Kämpfe austragen. Und wenn die Zeit gekommen ist, dann bin ich da und warte auf dich. Verstanden? Kommt, Jungs.« Er winkte seinem Gefolge zu und ging mit ihnen zum anderen Ende des Zellenblocks.
Marcus entspannte sich, als er der Bande hinterherschaute.
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