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Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition)

Titel: Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kemfert
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Hand, und zwar mit Summen, die noch gar nicht abzusehen sind. Auf diese Weise wird Atomstrom, wie es der EU -Bericht von 1988 bereits offenlegte, massiv subventioniert.
    Seit dem Reaktorunglück in Japan im Frühjahr 2011 hat sich der Wind gedreht und steht nun für die Kernkraft weniger günstig – und das weltweit. Die steigenden Sicherheitsanforderungen erhöhen die Kosten bereits beim Bau neuer Meiler, wodurch der geplante Neubau von Atomkraftwerken in England, Polen, Finnland und den USA ins Stocken geraten ist. In den USA hat der Staat neuen Kernkraftwerken zugestimmt, sich jedoch gleichzeitig aus der Mitfinanzierung zurückgezogen. In der Folge gewähren die Banken die Kredite für die notwendigen Investitionen nicht mehr, denn dieses Geschäft ist ihnen zu riskant. Im April 2012 übten Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien starken Druck auf die EU -Minister aus, den Weg für neue Subventionen von Atomenergie frei zu machen. Es ist eine Bankrotterklärung, mit der die Legende vom billigen Atomstrom ein für alle Mal zu Grabe getragen sein dürfte. – Wir erinnern uns: In der Debatte um den Strom lautet der verbreitete Vorwurf, allein der Ökostrom sei nicht marktfähig und hänge am Tropf von Subventionen und Fördergeldern. Nun zeigt sich weltweit, dass es auch die Kernenergie ohne den Staat nicht auf den Markt schafft.
    Eine andere Form von Subventionen sehen wir insbesondere bei der Steinkohle, die in Deutschland über Jahrzehnte nur durch erhebliche Finanzspritzen überlebte. Der endgültige Ausstieg aus diesen Förderungen ist erst für 2018 geplant, und wir zahlen so weiterhin für eine Energieform, die schon seit langer Zeit keinerlei Chancen mehr auf dem Energiemarkt hat. Der Erhalt des Steinkohlebergbaus ist sozialpolitisch motiviert; es geht um die Arbeitsplätze Tausender Kumpel in traditionellen Bergbauregionen. Einmal mehr zeigt sich hier die Kraft alter Lobbys und ihre Überlegenheit gegenüber jüngeren Interessenverbänden: Viele Bergbauregionen sind Kerngebiet der SPD , ein vorzeitiger Abbau der Subventionen war gegen diese nicht durchzusetzen. Angesichts der Summen, die so in den Steinkohlebergbau geflossen sind, wirken die Attacken gegen Subventionen in der Solarbranche im Osten Deutschlands völlig überzogen. Und im Gegensatz zur Steinkohle stellt die Photovoltaik eine absolut zukunftsträchtige Technologie dar, zu deren Erhaltung vorübergehende Subventionen notwendig und sinnvoll sind.
    Die Kosten sinken
    Es ist ausgesprochen schwierig, vielleicht sogar unmöglich, die Kosten zu vergleichen, die bei der Produktion von Strom aus verschiedenen Energiequellen anfallen. In Bezug auf die Vergangenheit müssten sich die Teilnehmer einer fairen Diskussion erst einmal darauf einigen, welche Faktoren sie in ihre Berechnungen einbeziehen. Im Hinblick auf die Zukunft wird es noch schwieriger, weil alle Rechnungen auf Vorhersagen beruhen. Die Zukunft aber ist ungewiss, niemand weiß, inwieweit die gemachten Annahmen Wirklichkeit werden. Reden wir deshalb, wenn es um die Kosten geht, vorsichtshalber nicht von Zahlen, sondern von Tendenzen. Der grüne Strom ist mit hohen Forschungs- und Innovationskosten verbunden und wird dies auch noch für einige Jahre sein. Die konventionellen Energieformen, vor allem Kohlekraft, sind diesbezüglich vergleichsweise billig. Umgekehrt fallen bei letzteren jedoch enorme Folgekosten an; hier ist der grüne Strom im Vorteil.
    Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Energieformen besteht nun darin, dass die Innovationskosten beim Ökostrom nahezu sicher zurückgehen, da neue Technologien besser und zugleich günstiger werden, sobald sie auf dem Markt sind. Die Folgekosten, insbesondere bei den so billigen Kohlekraftwerken, werden hingegen deutlich steigen. Hinzu kommt, dass bei den fossilen Energien immer Brennstoffkosten anfallen, während diese beim Ökostrom fast bei null liegen (mit Ausnahme von Energie aus Biomasse). Vergleicht man also die Kosten, die bei der Produktion von grünem und konventionellem Strom anfallen, so machen auf der Seite der erneuerbaren Energien die Aufwendungen für Forschung und Produktion den Löwenanteil aus, wohingegen auf der Seite der konventionellen Energien Folgekosten in unabsehbarer Größenordnung anfallen. Perspektivisch gesehen lässt grüner Strom in der Zukunft tendenziell eine Entlastung erwarten, wohingegen es sich beim konventionellen Strom umgekehrt verhält. Wann immer also behauptet wird, der

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