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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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durchschieben können!«
    Als noch ein Glatzkopf mit einem dicken Holzknüppel dazukommt, werden sie noch lauter. Ich versuche so schnell wie möglich zu meinem Auto zu kommen. Ich kenne diese Holzköpfe, ich meine Glatzköpfe, ganz genau. Das sind Typen, die, wenn sie zehn Mann sind, eine ausländische Frau, und wenn sie 20 Mann sind, einen ausländischen Mann angreifen und zusammenschlagen. Das sind Neo-Nazis, sogenannte Skinheads!
    Es sind erst acht Mann, die mir nachlaufen. Also habe ich noch etwas Zeit, bis die restlichen zwölf auftauchen.
    »Türken raus aus dem Bahnhof!«
    Weil sie noch nicht vollzählig sind, haben sie bescheidene Forderungen.
    Ohne stehen zu bleiben, antworte ich mit möglichst ruhiger Stimme:
    »Dass ihr Brüder soviel Sozialhilfe bekommt, weil wir Ausländer ohne Ende Steuern zahlen, das hat euch noch keiner gesagt, oder?«
    »Halt’s Maul, Türkensau!« brüllt einer zurück.
    »Also, wie ihr doch gleich drauf kommt, dass ich Türke bin?«
    »Alle Kanaken sind Türken!«
    »Jetzt wirst du aber rassistisch! Wie kannst du denn behaupten, dass alle Kanaken Türken sind?«
    »Halt’s Maul, Kanake!«
    »Also, ich hätte mir die deutschen Skinheads viel weltoffener, toleranter und völkerfreundlicher vorgestellt. Ich muss schon sagen, ich bin echt enttäuscht von euch.«
    »Du, Sven, stimmt das etwa, was der sagt?« fragt ein kleiner Lehrling-Skinhead.
    »Quatsch! Lass dich doch nicht von so einem Kanaken irritieren. Wir sind das, was wir sind! »
    »Und was sind wir?«
    »Arschlöcher!« rufe ich, springe blitzschnell in meinen Ford-Transit und verriegele die Tür von innen.
    Gerade noch rechtzeitig habe ich es geschafft: drei Glatzköpfe vor zwanzig! Ich hoffe, dass ich richtig gezählt habe. Wie nie zuvor freue ich mich, dass ich ein Mann bin.
    Einer von den Holzköpfen stellt sich direkt vor meinen Wagen, damit ich nicht wegfahren kann. Es ist zu spät, sie müssen schon vollzählig sein! Das Licht meiner Scheinwerfer wird von den Glatzen reflektiert und blendet mich. 22
    Reflektoren und ein Blinker stehen um mein Auto. Der Blinker ist der Mini-Skin mit dem Identitätsproblem. Mit ihren Holzknüppeln klopfen sie auf Motorhaube und Scheiben herum.
    Ein Skin bricht mit voller Kraft meine Scheibenwischer ab.
    »Komm, Osman, fahr ihn platt, das Schwein!« sagt eine wütende Stimme in mir.
    »Nein, Osman, nein! Sind denn ein paar Scheibenwischer wertvoller als ein Menschenleben?« beschwichtigt eine andere innere Stimme.
    Der böse Osi in mir flucht: »Weißt du denn eigentlich, wie viel Stunden man für neue Scheibenwischer arbeiten muss?« Aber der gute Osi versucht ihn zu beruhigen: »Was soll’s, auch wenn man einen Tag dafür arbeiten gehen muss. Seine Mutter hat schließlich neun Monate an ihm gearbeitet!«
    »Glaub’ ich nicht! Der Kerl ist bestimmt ein genmanipuliertes Retortenbaby. Du siehst doch selbst, das ist kein normaler Mensch!«

    »Also, wegen ein Paar Scheibenwischern werden wir nicht mal eine leere Bierdose totfahren. Geschweige denn ein Geschöpf Allahs. »
    »Da hat Allah aber Mist gebaut«, mische ich mich ein.
    »Halt du dich da raus, dich hat keiner gefragt«, schreit der böse Osi mich an.
    »Knobi, Go Home!« versucht der Mini-Skin im Stimmbruch zu brüllen.
    »Ach, wie putzig!« lacht der gute Osi.
    Die Glatzköpfe, die Nazis, die Hohlköpfe, die Skinheads, die Reflektoren, sie alle sind sauer, dass sie an unserem geistreichen Gespräch nicht teilnehmen dürfen und demolieren deswegen alle zusammen meinen geliebten Ford- Transit.
    »Osman, fahr endlich los, mach ihn platt, das Schwein!«
    kreischt der böse Ost.
    »Nein, Osman. nein«, sagt die gute Stimme, »das sind doch alles arme Menschen. Daran ist nur die Arbeitslosigkeit schuld!
    Als es noch genug Arbeit gab, hatten diese Burschen alle lange Haare. Die Jungs tun mir richtig leid. In Deutschland Skin zu sein, ist doch ein schweres Los. Bei der Kälte mit Glatze rumzulaufen, muss fürchterlich sein. In Afrika wäre ich auch gerne Skinhead. Aber hier frieren die sich nicht nur den Arsch, sondern auch noch den Kopf ab.«
    »Wo ist da der Unterschied?« schimpft der böse Ost.
    Die Skins versuchen die Scheiben einzuschlagen, damit sie in den Wagen reinkommen. In diesem Moment kommt ein Polizeiwagen am Bahnhof vorbei. Ich freue mich wahnsinnig über unsere Freunde und Helfer.
    Man sagt, die Polizei soll sich neutral verhalten, und die Polizisten hier verhalten sich wirklich völlig neutral. Ohne für eine der

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