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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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den Worten:
    »Das ist aber schön, dass Sie ein Geschenk mitbringen. Ist da türkischer Honig drin?«
    »Den bringe ich Ihnen nächstes Mal. Diesmal müssen Sie leider mit einer süßen Bombe vorlieb nehmen.«
    Sekunden später werden von allen meinen Fingern Abdrücke genommen. Wie zum Erschießen werde ich vor eine kahle Wand gestellt. Aber zum Glück erschießt man mich nicht, sondern es werden nur serienweise Fotos von mir geschossen.
    Bei jedem Bild werde ich um 15 Grad nach rechts gedreht, während ich dabei ein Autonummernschild unterm Kinn hochhalten muss. 24 Fotos später habe ich eine komplette Drehung um 360 Grad hinter mir.
    »Liebe Kripoleute, eigentlich müsstet ihr euch mehr um das Paket kümmern als um mich«, platzt es aus mir heraus, »da drüben, das ist die Bombe, nicht ich!«
    »Vielleicht haben Sie sich dieses Paket selber zugeschickt, um sich hier groß aufzuspielen! Das ist alles schon vorgekommen: Ich habe schon Pferde vor der Apotheke kotzen gesehen! Bei Ihnen habe ich das Gefühl, dass Sie ein mediengeiler Wichtigtuer sind. Typen wie Sie würden alles dafür geben, um mit der Fürstin Gloria von Thurn und Taxis auf einer Stufe zu stehen. Sie können mich ja korrigieren, falls ich mich irren sollte!«
    »Was, mit Glo.., mit Klo.., mit Fürst, mit Taxi?«
    Aber zum Glück erscheint in diesem Moment ein dritter Kripobeamter mit einer Akte unterm Arm und erlöst mich auf wunderbare Weise aus dieser unangenehmen Situation.
    »Seine Fingerabdrücke sind absolut identisch mit denen auf dem Paket. Der Kerl muss die Bombe gebaut haben. Es gibt keinen Zweifel, er ist der Attentäter!«
    »Seid ihr denn wahnsinnig geworden? Das ist doch klar, dass meine Fingerabdrücke auf dem Paket drauf sind. Schließlich renne ich schon seit mehreren Stunden mit dem Ding durch die Gegend. Außerdem, wenn ich mich mit meiner eigenen Bombe umbringen wollte, dann bezahle ich doch kein Portogeld!«
    »Es soll Situationen geben, wo unter Umständen selbst ein Ausländer tendenziell recht haben könnte. Das soll’s alles gehen«, philosophiert der Kripomensch, der schon mit der Gloria richtig lag.
    »Wieso sind Sie sich denn bei den Ausländern so sicher?
    Haben Sie etwa auch schon Kamele vor der Apotheke kotzen sehen?«
    »Nun ja, das mag ja alles sein«, fährt der dicke Kripobeamte mit dem gelben Pullover und der Akte unter dem Arm fort,
    »aber ob da wirklich eine Bombe drin ist, das lässt sich nicht so leicht feststellen. Wir haben das Paket geröntgt, aber der Inhalt ist wahrscheinlich mit Alupapier umwickelt. Da lässt sich auf dem Monitor nichts erkennen. Momentan sehe ich nur eine einzige Möglichkeit, um festzustellen, was da drin ist.«
    »Und das wäre was?«

    »Wir müssen das Paket sprengen!«
    »Prima, sprengen wir es eben in die Luft! Dann bin ich das Problem ein für allemal los!«
    »Einverstanden, aber falls was anderes drin sein sollte, dann ist das nicht mehr zu gebrauchen! Das sollten Sie wissen!«
    »Das macht überhaupt nichts. Und außerdem haben wir gar keine andere Wahl. Ein wirklich wertvolles Paket habe ich noch nie im Leben zugeschickt bekommen. Ich habe in den letzten 30
    Jahren nämlich immer in Deutschlands Westen gelebt, niemals im Osten.«
    »Nun gut, dafür müssen wir aber zuerst nach unten in den Luftschutzkeller gehen. Um Pakete ohne Absender aufzumachen, haben wir dort einen Extraraum.«
    Meine drei Freunde von der Kripo und ich gehen gemeinsam in den Keller. Höflich wie sie sind, lassen sie mich mit der Bombe vorgehen. Ich muss mein kleines Paket in einen Raum mit dicken Wänden ohne Fenster tragen. Der
    Sprengstoffspezialist montiert mehrere Drähte drum herum.
    Danach wird die dicke Eisentür wieder zugemacht. Der Feuerwerker le gt einen Hebel um, und im gleichen Moment hören wir einen dumpfen Knall aus dem Raum.
    Nachdem sich der Rauch verzogen hat, gehen wir alle rein.
    Die drei Herren von der Kripo schnüffeln an den Wänden nach dem Paketinhalt. Der Beamte, der mich heute Mittag hier empfangen hat, ruft:
    »Ich glaube, ich lag mit meiner ersten Vermutung gar nicht so falsch.«
    Ein anderer drückt mir einen Telefonhörer in die Hand:
    »Hier, ich glaube, Ihre Frau ist am Apparat.«
    »Osman, komm wieder nach Hause. Die Sache hat sich bereits aufgeklärt«, höre ich Eminanim aufgeregt rufen, »meine Mutter wollte uns mit dem Paket überraschen und eine Freude bereiten.

    Um uns von unseren Sorgen abzulenken, hat sie per Paket ein Pfund türkischen Honig

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