Kanal-Zombies
rechten Seite lag. Man konnte ja von der Londoner Unterwelt sagen, was man wollte. Man konnte sich beschweren oder immer wieder darauf hinweisen, dass renoviert und ausgebessert werden musste. Trotz dieser Mängel waren die Hauptkanäle besser beleuchtet. Das war hier in Moskau nicht der Fall. Im Hintergrund gab eine Lampe ihr Licht ab. Sie wirkte wie eine ferne schwache Sonne, die in der Finsternis des Weltalls schwebte.
Da Karina Grischin stehengeblieben war und nachdachte, wobei sie jetzt den Plan hervorholte, wandte ich mich nach rechts. Ob es der richtige Weg war, wusste ich nicht. Ich hatte ihn nur wegen der einsamen Lampe weiter vorn genommen.
Ich selbst schaltete meine Handleuchte wieder ein.
Das Licht strich über den Boden, erreichte auch das Schmutzwasser, und jetzt sah ich die ersten Ratten.
Die Brühe war nicht so tief und stark verschlammt. So brauchten die Tiere nicht zu schwimmen. Sie eilten mit ihren kleinen, kräftigen Beinen auf ein bestimmtes Ziel zu, an dem sich auch andere Ratten bereits versammelt hatten. Leider lag es noch zu weit weg, als dass es vom Licht meiner Leuchte erreicht worden wäre, aber meine Neugierde war geweckt. Wo sich Ratten versammeln, gibt es meistens Nahrung.
Ich ging vorsichtig auf dem schmalen Steg weiter, streckte die Lampe vor, und wenig später wurden die nassen Felle der Tiere vom Lichtschein erwischt.
Ein halbes Dutzend dieser Tiere fiel mir auf. Aber das war nicht das Entscheidende.
Ich sah jetzt sehr deutlich das, an dem sie sich festgefressen hatten.
Aus dem Schlamm, aus dem dünnen Wasser und am Rand festgeklemmt, ragte eine menschliche Hand hervor, die noch an einem Stück Arm hing. Die Finger waren gespreizt, aber kürzer geworden, weil die Zähne der Ratten daran genagt hatten.
Mir war klar, dass ich ein Überbleibsel eines der vielen Opfer gefunden hatte...
***
Es war ein verdammt scheußliches Bild, aber ich ging sogar noch näher heran. Ich senkte die Lampe, weil ich herausfinden wollte, ob im Schlamm des Kanals nicht noch ein Körper verborgen lag, aber es gab nur die Hand und einen Teil des Arms.
Die Tiere ließen sich auch durch das Licht nicht stören. Sie nagten weiter. Da es recht still war, hörte ich sogar die dabei entstehenden Geräusche, die nicht eben wie Musik in meinen Ohren klangen.
»John...«
Karina hatte so laut gesprochen, dass ihre Stimme leicht nachhallte. Ich winkte mit der freien Hand und ohne mich umzudrehen. »Komm her!«
Ich hörte ihre Schritte. Auch das Knistern des Papiers, als sie den Plan wieder zusammenfaltete.
Dann stand sie neben mir, sah, was geschehen war, und stieß einen geflüsterten Fluch aus.
»Ich denke, dass es nicht die einzige Erinnerung an das Grauen bleiben wird«, sagte ich leise. »Jeder findet hier unten was. Selbst die Ratten.«
Wir suchten, fanden jedoch keine Leiche; im Wasser lag nur die Hand mit dem Stück Arm.
Karina war bis an die Wand zurückgetreten. »Die Ratten haben wir wenigstens gesehen. Fehlen nur die Zombies oder wer auch immer hier sein Unwesen treibt.«
»Und der Schamane. Hat er dir nicht gesagt, dass er in der Nähe bleiben will?«
»Schon.«
»Wo ist er?«
»Du kennst ihn doch besser, John. Ich glaube nicht, dass er sich unsichtbar machen kann, aber es gibt Menschen, die bewegen sich, ohne dass man sie großartig bemerkt.«
Das stimmte, nur hatten wir nichts davon. Ich wechselte das Thema. »Bleibt es bei dieser Richtung?«
»Ja.«
»Dann notier die Fundstelle der Hand für weitere Ermittlungen, und wir gehen weiter.«
In dieser unterirdischen Welt konnte man die normale vergessen. Hier war alles verkommen, stinkend und dunkel. Manchmal so aussehend, als stünde die unter der Erde liegende Region vor dem Zusammenbruch. Die wenigen Lampen konnten wir vergessen.
Sie wirkten verloren in der dunstigen Finsternis der Gänge und Tunnel.
Aber wer lauerte hier? Wer hatte diese verfluchten Taten zu verantworten? Ich war ungeduldig geworden, weil ich endlich einen Erfolg sehen wollte. Das Auffinden der Hand war keiner gewesen.
Nur waren wir hier die Fremden. Unsere Gegner besaßen die Trümpfe. Sie kannten sich aus. Sie konnten sich verstecken und uns ins offene Messer laufen lassen.
Bisher waren wir auf einem Niveau geblieben. Nach wenigen Schritten veränderte sich dies. Das Gelände bekam ein leichtes Gefälle, und das schmierige Wasser strömte jetzt stärker durch die Rinne. Sein Plätschern nahm zu, und ich leuchtete mit der Lampe nach links. Ratten sah ich
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