Kanal-Zombies
John, der wird auch nicht mit in die Unterwelt hinabsteigen.«
Jetzt war ich noch überraschter. »Warum das denn schon wieder nicht? Er war letztendlich der Auslöser.«
»Das ist alles richtig. Aber Mongush will seinen eigenen Weg gehen.«
»Kann es sein, dass er schon unten ist?«
»Genau.«
Ich wusste nicht, ob mich das beruhigen sollte, und warf Karina einen Blick zu.
Sie zuckte nur die Achseln und meinte: »Da kann man nichts machen, John. Mongush hat seinen eigenen Kopf.«
»Das stimmt allerdings«, gab ich zu und dachte dabei an unsere Londoner Begegnung. Ich wechselte das Thema. »Wie sieht es denn mit den Vorbereitungen aus? Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in unserer normalen Kleidung dort hinuntersteigen sollen.«
Karina Grischin beruhigte mich. »Dafür haben wir gesorgt, John, keine Angst.«
»Okay.« Ich gestattete mir ein knappes Lächeln.
»Und wann soll unsere Reise losgehen?«
»Sofort, wenn du willst«, sagte Karina.
»Wo ziehen wir uns um?«
»An Ort und Stelle.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Meine ich auch«, sagte Karina und stand auf. Den Rest Wodka ließen wir beide stehen. Vielleicht würden wir das eine oder andere Glas leeren, wenn wir den Fall gelöst hatten.
Wenn...
***
Karina hatte mir von der Gasse berichtet, in der die letzten beiden Morde geschehen waren. Dort gab es durch den Gully auch einen Einstieg in die Unterwelt, aber da mussten wir nicht hin. Es gab noch den normalen und offiziellen Weg, den auch die Arbeiter nahmen, wenn sie dort unten reinigten oder ausbesserten.
Der Ort lag ebenfalls unter der Erde. Wir konnten mit der U-Bahn bequem in seine Nähe fahren, und als wir ausstiegen, da spürte ich, dass die Kälte selbst diesen Bahnhof erreicht hatte. Aus manchen Gitterrosten stieg noch warme Luft, die sehr schnell kondensierte und als Dampf über dem Boden schwebte.
Die Menschen hier unten hasteten an uns vorbei. Sie alle hatten irgendwie graue Gesichter und waren so dick in ihre Kleidung eingepackt, dass sie wie vermummt wirkten. Ein Pelzmütze hätte ich auch gern gehabt, aber es war keine Zeit geblieben, eine zu kaufen. Und Karina wollte ich die Pelzkappe nicht vom Kopf nehmen.
»Wohin jetzt?«
»Es ist nicht weit.« Sie führte mich auf eine leicht verbeult aussehende Stahltür innerhalb der gefliesten Wand zu und drückte einen Klingelknopf, bevor ein Summen erklang und uns die Tür geöffnet wurde.
Wir betraten eine von Neonlicht erhellte Welt. Kahle Wände, ein gefliester Boden, zwei alte Schreibtische und zahlreiche Schränke, in denen die Ausrüstung untergebracht war.
Die Arbeitsstelle hier war nur mit einem Mann besetzt. Er war noch jung, trug einen grauen Arbeitsanzug und eine flache Mütze auf den wenigen Haaren. Gesprächig war er nicht, eher misstrauisch und auch sehr wenig freundlich.
Karina sprach mit ihm. Schon nach wenigen Worten taute er auf. Ich hatte nicht alles verstanden, aber Karina hatte ihm leicht gedroht und ihm erklärt, dass er seine Arbeit verlieren würde, wenn er sich nicht kooperativ zeigte.
»Nur so kann man mit manchen Leuten zurechtkommen. Ich habe das Gefühl, dass wir ihn stören.«
»Willst du ihn nicht fragen, ob er etwas gesehen hat?«
»Um Himmels willen, nein, John. Was meinst du, wenn ich ihm Bescheid gebe? Innerhalb kürzester Zeit wüsste es die gesamte Stadt, und genau das wäre was für die Presse. Da hätten wir die Öffentlichkeit, die wir bisher rausgehalten haben.«
So gesehen hatte sie nicht Unrecht.
Der Mann ging auf ein Schlüsselbrett zu und nahm einen Schlüssel ab. Er bedeutete uns zu folgen. Wir gingen durch einen Flur in einen anderen Raum, in dem ein paar schlichte Betten standen und ein breiter Schrank einen Teil der Wand bedeckte.
Der Mann schloss den Schrank auf. Die Helme und wetterfesten Umhänge waren wohl für Gäste gedacht. Auf einen Umhang wollte ich verzichten, aber der Helm mit der integrierten Lampe war schon wichtig. Um mehr Licht zu haben, nahmen wir noch zwei andere Leuchten mit. Vierecke, die nach allen Seiten hin Licht abgaben und einen guten handlichen Griff besaßen. Auf Stiefel wollte ich verzichten. Ich trug hohe Winterschuhe. Wenn sie mit einer Brühe vollliefen, konnte sie ich sie gleich hier in Moskau lassen. Es wurde sowieso Zeit, dass ich mir ein Paar neue zulegte.
Sprechgeräte brauchten wir nicht. Karina war davon überzeugt, dass ihr Handy auch in der Unterwelt funktionierte.
»Können Sie denn sagen, wann Sie wieder hierher zurückkommen?«,
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