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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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war, als öde und provinziell bezeichnen?
    Während sie noch darüber nachgrübelte, fiel ihr unten im Garten wieder etwas auf. Sie kniff die Augen zusammen. Auf der Wäscheleine hingen neben Bettbezügen, Kissenbezügen und Laken auch Handtücher. Sie waren grün, genauer gesagt mintgrün. Was sie unwillkürlich an das blutbefleckte Beweisstück vom See erinnerte. Sie sollte sich die Handtücher da unten auf der Leine unbedingt aus der Nähe ansehen. Aber jetzt knurrte ihr Magen. Zeit fürs Abendessen.
    Sie zog sich ein frisches T-Shirt an und machte sich auf den Weg. Im Speisezimmer waren zwei Tische gedeckt. An dem einen saß ein Paar mittleren Alters, vermutlich die Hubers. Sie waren dabei, eine klare Suppe zu löffeln, und grüßten höflich. Am Tisch daneben, noch vor leerem Teller, saß eine zierliche Dame mit einer beeindruckenden Hochsteckfrisur. Sie streichelte einen kleinen, weißen Hund, der sich mit den Vorderpfoten an ihren Knien hochstemmte. Das war wohl Frau Dormann. Da an ihrem Tisch für zwei Gäste gedeckt war, durfte Olga Island wohl davon ausgehen, dass hier ein Platz für sie vorgesehen war. Doch die Frau sah sie nicht gerade begeistert an.
    »Darf ich?«, fragte Island.
    »Setzen Sie sich ruhig«, sagte Frau Dormann trocken, »mein Tischnachbar ist leider abgereist.«
    »Oh. Das tut mir leid«, sagte Island. »Ich werde ihn wohl kaum ersetzen können.«
    »Er war sehr nett, nicht wahr, Rita?«
    Frau Huber nickte ihr freundlich zu und löffelte unbeirrt weiter, während ihr Gatte säuerlich den Mund verzog.
    »Wir vermissen unseren Herrn Theissen wirklich sehr«, gab Frau Dormann unumwunden zu. »So plötzlich, wie er verschwunden ist.«
    Island horchte auf.
    Die Verwalterin kam herein und stellte eine Suppenterrine auf die gestärkte weiße Tischdecke. Frau Dormann zog die Schüssel zu sich und füllte ihren Teller.
    »Hühnerbrühe vom Biohuhn. Ich esse ja nur wenig Fleisch, aber so eine Brühe hat etwas sehr Stärkendes.«
    »Der Gockel ist heute Morgen noch im Garten herumgelaufen«, sagte Herr Huber gut gelaunt, während jetzt wiederum seine Frau den Mund verzog.
    »Wenn ich eine Erkältung bekomme, mache ich mir immer eine Hühnerbrühe«, fuhr Frau Dormann unbeirrt fort. Es stellte sich heraus, dass sie zum Thema einiges zu sagen hatte, und schon entwickelte sich zwischen den drei Altgästen eine lebhafte Diskussion über die heilsame Wirkung von Hühnerfleisch auf den menschlichen Organismus. Island hörte interessiert zu, mischte sich aber nicht ein. Sie wartete auf den Hauptgang, denn die dünne Suppe hatte sie noch lange nicht satt gemacht.
    Die Hauptspeise bestand aus gefüllten vegetarischen Teigtaschen mit Honig-Senf-Soße und Salat mit säuerlichem Dressing. Island schmeckte es, und sie langte ordentlich zu. Schon bald war sie über das Essen mit den anderen ins Gespräch gekommen. Rita und Hermann Huber kamen aus Heidelberg, während Charlotte Dormann, genannt Lotti, eine waschechte Hamburgerin war. Aktuell wohnte sie in Blankenese, genauer gesagt: an der Elbchaussee. Sie hatte etwas gekünstelt Gepflegtes an sich, wenngleich sie sprachlich gelegentlich in einen proletarischen Ton verfiel. Einen verschlossenen Eindruck machte die Dame inzwischen nicht mehr.
    »Und woher stammen Sie?«, wollte Rita Huber wissen.
    »Eigentlich aus Berlin«, sagte Island. »Aber nun wohne ich in Kiel.«
    »Ach, so dicht? Und was machen Sie da?«
    »Ich arbeite in der Landesverwaltung.«
    »Was verwalten Sie denn?«, fragte Hermann Huber, der, wie seine Frau wichtig berichtet hatte, bei einer Heidelberger Bank in gehobener Position tätig war.
    »Liegenschaften«, antwortete Island. Es war nur eine hilflose, spontane Eingebung. Normalerweise fragten Leute, denen sie erzählte, sie sei in der Landesverwaltung tätig, nicht weiter nach. Es klang offenbar so langweilig, dass die meisten gar nicht mehr wissen wollten. Auch jetzt hoffte sie, dass die Fragerei damit beendet war.
    »Da bleibt wohl immer mal was liegen«, sagte Hermann Huber augenzwinkernd, und alle, Island eingeschlossen, lachten.
    »Aber nun kommt ja bald ein Kind.« Rita Huber tat sehr gerührt.
    »Das erste?«, wollte Lotti Dormann wissen.
    Island nickte.
    »Kommt Ihr Mann denn in den Urlaub nach?«
    »Er hat leider keine Zeit.«
    Mitleidige Blicke trafen sie.
    »Einer muss ja das Geld verdienen«, sagte Rita Huber mit verständnisvoll zerknautschtem Gesicht.
    Wenn ihr wüsstet, dachte Island und unterdrückte das Lachen, das in ihrer

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