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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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eingefasst, die schmalen Spazierwege, die hindurchführten, mit hellem Kies bestreut. Unter den Fenstern des Hauses blühten Stockrosen in Rot, Weiß und Rosa. Knallblauer Rittersporn und eine gelbliche Margaritenart strahlten mit ihnen um die Wette.
    Alles sah so gehegt und gepflegt und doch gleichzeitig auf eine lässige Art verlottert aus, dass Olga sich sofort nach einem Liegestuhl und einem guten Buch sehnte. Leider hatte sie keins eingepackt. Wenn sie ehrlich war, hatte sie seit Jahren außer Reiseführern und Illustrierten überhaupt nichts mehr gelesen. Wenn sie Zeit hatte, entspannte sie sich lieber vor dem Fernseher oder schaute DVDs. Hier allerdings wäre ein Buch in der Hand sicher die perfekte Tarnung gewesen. Wenn man herumschleichen und Leute belauschen wollte, leistete ein Buch sicher gute Dienste. Eine schwangere Lesende auf der Terrasse wirkte auf jeden Fall vollkommen unverdächtig. Vielleicht konnte sie ja irgendwo eins ausleihen.
    Sie stieg die Eingangstreppe hinauf. Im Inneren des Hauses hörte sie laute Stimmen. Offenbar stritten zwei Frauen lautstark, ohne dass sie verstehen konnte, worum es bei der Auseinandersetzung ging. Nach kurzem Zögern drückte Island die Messingklingel. Drinnen ertönte eine helle Glocke, und das Geschrei verstummte sofort. Die Tür wurde geöffnet, und eine stämmige blonde Mittdreißigerin schaute heraus. Sie trug einen langen, blauen Rock über lilafarbenen Clogs und eine weiße Baumwollbluse. Ihr Dekolleté über dem üppigen Busen zierte ein Sternenhimmel von Leberflecken. Der Händedruck war energisch.
    »Mein Name ist Lena von Dünen. Sie müssen Frau Island sein. Kommen Sie herein. Hatten Sie eine gute Anreise?«
    »Danke, ja«, erwiderte Island und trat in die dunkle Diele.
    Eine schlanke Frau mit langem Haar, in Reithose, Reitstiefeln und Poloshirt, stand an eine Holztruhe gelehnt und blickte streng.
    »Dann wäre das also geklärt, Frau von Dünen«, sagte sie zur Verwaltersfrau. »Und sagen Sie Ihrem Mann, dass die Stute in einer Stunde auf dem Hänger zu sein hat.«
    Damit knallte sie die Haustür hinter sich zu und verschwand die Stufen hinab.
    Das ist die Herrin des Hofes, dachte Island. Eine hübsche Regentin. Sie hat es natürlich nicht nötig, sich niederen Sommergästen vorzustellen.
    Nach der Helligkeit draußen war es drinnen so finster, dass man die Einrichtung nur schemenhaft erkennen konnte. Weiter hinten führte eine Treppe ins obere Stockwerk. In der Diele roch es schwach nach Leinöl und Bienenwachs. Ökos, dachte Island, bei denen riecht es immer ein bisschen heilig, gerne auch nach Schaf.
    »Ich hole den Schlüssel und zeige Ihnen das Zimmer«, sagte die Verwalterin und verschwand in einem Raum, dessen Wände mit weiß-blauen Kacheln bedeckt waren. Als sie näher trat, sah Island, dass es eine als Esszimmer genutzte Stube war, in der drei Tische standen. Ein schmaler Ofen und ein dunkles Büfett vervollständigten die antike Einrichtung. Die Vermieterin nahm einen Schlüssel aus einer Schublade und reichte ihn Island.
    »Ihr Zimmer liegt im Seitenflügel«, sagte sie, »da sind Sie ungestört. Ihre Tante hat mir erzählt, dass Sie sich noch ein bisschen Ruhe gönnen wollen, bevor das Kind kommt. Wann ist es denn so weit?«
    »Im September.«
    Frau von Dünen lächelte und entblößte dabei eine Reihe von breiten, weißen Zähnen. Wahrscheinlich hat sie ihr Leben lang nur korrektes ökologisches Essen zu sich genommen, dachte Island. Und die Zähne mit pazifischem Meersalz gebürstet. Sie selbst hatte Kaffee und schwarzen Tee immer literweise getrunken. Auch ihr Rotweinkonsum und der weit zurückliegende Nikotinmissbrauch hatten sicher zu ihrer leicht bräunlichen Zahnfarbe beigetragen. Wann würde sie endlich wieder ein Glas trinken können? Feierabend und Rotwein passten einfach zu gut zusammen.
    »Bei der Zubereitung des Essens achte ich auf beste Zutaten«, sagte Frau von Dünen, als könnte sie Gedanken lesen. »Frühstück gibt es bei uns von acht bis neun. Mittags steht immer eine Suppe in der Küche bereit, die Sie sich warm machen können, wenn ich mal nicht da sein sollte. Abends koche ich ein kleines Menü für meine Gäste, das ab achtzehn Uhr serviert wird.«
    »Freut mich«, sagte Island. »Essen ist gerade eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Wie viele Gäste haben Sie denn?«
    »Ich vermiete drei Doppelzimmer, von denen zwei belegt sind. Das Ehepaar Huber und Frau Dormann werden Sie spätestens beim Essen kennenlernen. Es

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