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Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition)

Titel: Kanalfeuer: Ein Fall für Olga Island (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstin Warschau
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bedienen und sich als Bauarbeiter fühlen. Man konnte Vulkane besteigen oder im Kajak die Magellanstraße überqueren, in der Antarktis wandern, auf den Osterinseln Motorrad fahren, auf Schrottplätzen alte Autos zertrümmern und weiß der Geier. Doch was sie vorhatten, hatte noch niemand gewagt.
    Es hatte eben nicht jeder die Möglichkeiten, die sich ihm, Paul-Walter, durch die glücklichen Umstände seiner Herkunft boten. Wenn er seinen Vater gefragt hätte, ob er das Ding benutzen durfte, er hätte es ihm natürlich niemals erlaubt. Aber Dad war diesen Sommer mit seinen Gedanken weit weg, er ging nicht mal reiten, geschweige denn, dass er sich um seine Sammlungen kümmerte, die er in den Scheunen, Ställen und Boothäusern verwahrte. Er hätte es seinem Sohn nicht mal gestattet, das gute Stück überhaupt anzufassen. Aber wenn er von der Expedition erführe, wäre er stolz auf seinen Filius. Er würde ihn endlich einmal ernst nehmen.
    Schon beim Gedanken daran spürte Paul-Walter Tüx, wie sein Herz vor Freude und Beklemmung schneller schlug. Er würde es schaffen. Er war auserwählt, es zu tun. Es war ein verrückter Plan, gefährlich, aber durchführbar. Vielleicht würden sie alle dabei draufgehen. Doch so war es eben, wenn man etwas Besonderes wagte, etwas, was vorher noch niemand gewagt hatte. Ein weißer Fleck auf der Landkarte der Möglichkeiten.
    So wie Vasco da Gama einst etwas gewagt und schließlich den Seeweg nach Indien entdeckt hatte.

24
    M ittags um halb zwölf parkte Olga Island ihren Wagen in Groß Nordsee in der Nähe von Frau Marxens Einfamilienhaus. Durch das Seitenfenster betrachtete sie die weißen Wolkenberge, die sich am Himmel zusammenschoben wie riesige Wattebäusche. Waren sie vielleicht Vorboten einer Wetteränderung? Noch herrschte Sommer im Land zwischen den Meeren, ein Bombensommer, der einen ausnahmsweise mal nicht daran denken ließ, dass man jetzt vielleicht besser in Italien oder Griechenland oder auf einer spanischen Insel wäre.
    Island zog das eingeheimste Frühstücksbrötchen aus der Rocktasche und verspeiste es. Danach verdrückte sie ein paar von den Dinkelkeksen, die Lena von Dünen ihr, als sie sich vom Mittagessen abgemeldet hatte, in einer schlichten, braunen Papiertüte mitgegeben hatte. Währenddessen dachte sie darüber nach, was sie die Marxen eigentlich fragen wollte. Warum hatte die Dame einen ganzen Tag verstreichen lassen, bevor sie sich bei der Polizei gemeldet hatte? Ob sie dazu noch etwas herausfinden konnte?
    Sie beobachtete, wie ein weißer Ford Focus mit einem Plastikschild auf dem Dach die Dorfstraße entlangfuhr. Er passierte das Haus von Frau Marxen, wendete und hielt vor der Garageneinfahrt. Bei ausgeschaltetem Motor blieb der Fahrer im Wagen sitzen und blätterte in einem Hefter mit Papieren. Fahrschule Dirksen stand auf dem Aufkleber am Heck des Autos. Island stopfte die Tüte mit den restlichen Keksen ins Handschuhfach und stieg aus. In diesem Moment trat Hedda Marxen aus der Haustür und schloss hinter sich ab. In gelbem Sommerkleid und weißen Turnschuhen eilte sie die Stufen hinunter.
    »Hallo, Frau Marxen!«
    Die Angesprochene blieb überrascht stehen.
    »Ich habe eine kurze Bitte«, begann Island, »würden Sie sich einmal dieses Foto ansehen?« Sie zog ihr Handy hervor und zeigte das Bild, das sie am Vorabend im Garten des Verwalterhauses aufgenommen hatte.
    Hedda Marxen blinzelte irritiert. »Was ist damit?«
    »Kommt Ihnen irgendetwas auf dem Foto bekannt vor?«
    »Ich habe meine Lesebrille nicht dabei.«
    Island vergrößerte den Ausschnitt auf dem Display, bis man fast nur noch grüne Flusen sah.
    Hedda Marxen nahm das Handy und streckte den Arm. Die Brille, die sie trug, schien zum Lesen wirklich nicht geeignet.
    »Ein mintgrünes Handtuch«, sagte sie ausdruckslos.
    »Hat der Mann, den Sie am See gesehen haben, auf so einem Tuch gelegen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich nur an eine Wolldecke, mit der er bis zur Brust zugedeckt war.« Die dünnen Silberarmreifen an ihren Handgelenken klirrten, als sie Island das Handy zurückgab.
    »Glauben Sie nun etwa doch, dass ich jemanden gesehen habe?«
    »Ich hatte das doch gar nicht ausgeschlossen.«
    »Ihre Kollegen aus Achterwehr schienen aber ganz anderer Meinung.«
    »Sagen Sie mal«, meinte Island und blickte der Frau fest in die Augen. »Kann es sein, dass Sie mich neulich nachts mal angerufen haben?«
    »Warum sollte ich?«
    »Vielleicht weil Ihnen in der

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