Kann das auch für immer sein?: Sommerflirt 3 (German Edition)
g’doleem!«
Ich weiß, dass gadol »groß« bedeutet, und kann mir denken, dass tzee-tzeem »Brüste« heißt – denn genau da weist sein ausgestreckter Finger hin. Ob er es wohl gut finden würde, wenn ich auf seinen Pipimann deuten und verkünden würde: »Pee-pee katan!« – hebräisch für sein Dingsda ist winzig?
Hastig ziehe ich den Vorhang wieder vor mich. Mit einer Hand am Duschvorhang deute ich abermals auf das Waschbecken. »Waschen, Matan, oder ich sag deiner Mom, dass du dir die Hände nach dem Pinkeln nicht sauber machst.« Klar weiß ich, dass er meine Drohung nicht versteht, aber ich fühle mich besser, wenn ich sie ausspreche.
Doda Yucky klopft an die Tür. »Amy, ist Matan dadrin?«
»Japp. Kann man so sagen.«
Sie öffnet die Tür, entschuldigt sich und hilft ihm schnell beim Händewaschen. »Tut mir leid, ich passe auf, dass er das nicht noch mal macht.« Ich will gerade antworten und strecke deshalb den Kopf hinter dem Vorhang hervor, da bekomme ich mit, wie Matan in die grobe Richtung meiner Brüste zeigt, die zum Glück diesmal hinter dem Vorhang verborgen sind, und zu seiner Mutter sagt: »L’Amy yesh tzee-tzeem g’doleem!«
Doda Yucky macht ein verlegenes Gesicht. »Das bedeutet gar nichts.«
»Ah-hah.« Ich werde es einfach im Ordner der peinlichen Momente meines Lebens archivieren.
Nach dem Duschen schlüpfe ich in meinen Pyjama und fühle mich wie ein neuer Mensch. Zumindest wie ein neuer Mensch mit zerschundenen Armen und einem aufgeschürften Kinn.
»Ist Avi schon zurück?«, frage ich Osnat. Sie sitzt auf dem Bett unserer Safta und schaut ein Fotoalbum an.
»Nein.« Osnat, die genauso alt ist wie ich und in einem Jahr eine Soldatin sein wird, wirkt jetzt verwundbar und irgendwie verloren. »Weißt du eigentlich, dass Safta sich immer total auf deine samstäglichen Anrufe gefreut hat?«
»Ja. Sie wollte immer ganz genau wissen, was bei mir gerade los ist.« Es gibt nicht viele Leute, die sich so über den Klang einer Stimme freuen und einem gerne zuhören, egal, was man erzählt. Safta ist eine von ihnen. Ich kenne so manche, die überhaupt nicht gern mit ihren alten Großeltern telefonieren, aber ich kann es immer gar nicht erwarten, am Samstagmorgen aufzuwachen und meine Familie in Israel anzurufen.
»Hier ist ein Foto von uns, als wir zur Kotel, der Westmauer, gefahren sind«, erklärt sie mir. Ich beuge mich hinunter und sehe das Bild an. Es zeigt meine Tante, meinen Onkel, Safta, meinen Cousin und meine Cousine, wie sie winzige Papierchen in die Fugen der Mauer schieben.
Ich habe von der Mauer gelesen, dem einzig erhaltenen Überrest des alten jüdischen Tempels. Sie wird auch Klagemauer genannt, weil die Juden die Zerstörung des Tempels beklagen und trauern, während sie dort beten. »Was macht ihr da auf dem Foto?«, frage ich sie.
»Wir stecken Gebete in die Mauerspalten. Das ist so Sitte. Es heißt, dass man Gott dort näher ist als irgendwo sonst auf der Welt und dass er die Gebete dort erhören wird.«
Oh, super. Warum habe ich das nicht eher gewusst? Ich würde sagen, da ist ja wohl unbedingt ein Ausflug zu dieser Klagemauer angesagt. Dumm nur, dass sie sich in Jerusalem, ein paar Stunden entfernt vom Moschaw, befindet. Auf einem anderen Foto steht Matan neben Safta und küsst die Mauer.
Ich setze mich auf die Bettkante und denke, wie gut Osnat es hat. Unsere Großmutter wohnt bei ihr, seit sie auf der Welt ist. Ich weiß, dass manche Jugendlichen überhaupt nicht gern mit ihren Großeltern zusammenleben würden, aber ich hätte das toll gefunden. Meine Oma ist eine Ausnahme, weil sie so lieb und freundlich ist und mir echt einen guten Rat gegeben hat, als ich sie nach ihrer Meinung gefragt habe (im Gegensatz zu meiner Mutter, die eine Meisterin darin ist, mich unaufgefordert mit ihren Ansichten, mit Vorschlägen und Kritik zu bombardieren).
»Wie ist Safta wirklich?«
Osnat blickt auf und lächelt. »Also Safta ist genau so, wie sie sich gibt. Als ich klein war, sind wir manchmal mitten in der Nacht spazieren gegangen, wenn wir beide nicht schlafen konnten, und haben uns an den Abhang gesetzt und geredet … über alles und nichts.«
»Das ist voll cool.«
»Stimmt. Ungefähr eine Meile von hier entfernt liegt eine Schlucht, über der immer Adler kreisen. Dort saßen wir oft stundenlang und haben über Israel und Freiheit und die Geschichte gesprochen.« Sie wischt sich die Tränen weg. »Wie es aussieht, hast du einiges verpasst, weil du in Amerika
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