Kann denn Fado fade sein?
Amaral im Rahmen der sommerlichen Veranstaltungsreihe Lisboa em festa ein Konzert von Mariza – eines von nur zweien, die sie in diesem Jahr in ihrer Heimat gibt. Das Amphitheater liegt im Monsanto, dem größten Park Lissabons. Die Bühne ist mit einer »durchsichtigen« Kuppel überdacht. Dahinter beziehungsweise darunter liegt Lissabon: heute vor einem klaren Nachthimmel. Wir haben einen grandiosen Ausblick auf die beleuchtete Ponte de 25 Abril und den Cristo Rei, die Christusstatue am südlichen Ufer des Tejo.
Das Konzert beginnt um zehn Uhr abends. Das ist normal in Portugal. Schon zwei Stunden vorher kommen die ersten Zuschauer. Am Ende werden es, lese ich am nächsten Tag in der Zeitung, etwa 25000 sein. Der Eintritt ist frei, Lissabon lädt – wie bei vielen sommerlichen Veranstaltungen – seine Bürger und die Besucher der Hauptstadt zu dieser Abendveranstaltung ein.
Mariza betritt die Bühne; sie erzählt, dass sie heute seit Langem wieder einmal in Lissabon auftritt und sich freut, ihre Heimat zu sehen und ihr Publikum zu spüren. Ihr Konzert dauert gut eineinhalb Stunden – danach geht sie von der Bühne hinunter ins Publikum, singt dort weiter.
25000 Menschen singen mit, weil Mariza darum gebeten hat: »Ich habe für euch gesungen, singt ihr jetzt für mich.«
Es sind kaum Touristen da, dafür Portugiesen jeden Alters, vom Kleinkind bis zur Uroma. Und alle, alle singen mit.
Der ganze Abend, das Konzert, die Stimme von Mariza, der Fado und die einmalige Atmosphäre – ein Erlebnis, das ich in diesem Leben nicht missen möchte und nicht vergessen werde.
Bauernmarkt. Hier gibt es wirklich alles.
Ein kleines Mädchen springt auf einen Verkaufstisch: » Sou cigana – compra! Só cinco euro p‘ra cada casaco! « – »Ich bin Zigeunerin – kaufen Sie! Nur fünf Euro für jede Jacke!«
Die Leute lachen, kaufen, handeln mit der Kleinen. Sie macht mit wie eine Erwachsene. Freut sich über jedes verkaufte Stück.
Frisches Brot und frischer Fisch. Torten und süße Leckereien. Käse in allen Variationen und Sorten, Schinken vom normalen Schwein, aber auch vom besonders leckeren porco preto , dem iberischen schwarzen Schwein. Hausgemachte chouriços und natürlich: bacalhau. Feigen, Erdbeeren, Ananas, Mangos, Äpfel und Birnen, Pfirsiche und Nektarinen. Karotten und Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch, Okra und Auberginen, Avocados und Süßkartoffeln, Bohnen, Zucchini, Paprika, Spinat, Lauch, alle möglichen Salatköpfe. Kurzum: alle Früchte- und Gemüsesorten, die man sich nur vorstellen kann.
Lebende Tiere wie Kaninchen, Hühner, Gänse, Enten. Geschnatter und Gegacker, Fiepen und Rascheln. Geschrei und Verkaufsgespräche, Rufen und Lachen. Gebote und Angebote, Handeln und Handschlag, mit dem der Verkauf besiegelt wird. Tausende von Eiern, gestapelt in wahren Kartonage-Bergen.
Eine ganze Zeltstadt nur für Haushaltswaren: Töpfe, Pfannen, Grills, Besteck und Geschirr, Küchenutensilien aus Holz, Metall oder Plastik. Tischdecken und Servietten, Bettwäsche, Decken und Kissen, ja sogar Teppiche.
Pflanzen und Blumen, Kräuter und Gewürze, Bäumchen und Samen. Alles, was das Gärtnerherz begehrt.
Viele Stände gehören ciganos . Zigeuner? Dieses Wort ist in Portugal nicht negativ besetzt. Im Gegenteil: Die Portugiesen, auch die ciganos selbst, würden sich wundern, wenn man sie Sinti oder Roma nennt. Schreiend preisen sie ihre Waren an: Schuhe und Strümpfe, T-Shirts und Pullover, Hüte und Mützen, sogar komplette Anzüge und Kostüme kann man kaufen. Dazu Taschen und Koffer, Haarschmuck und Parfüms, Tücher, Krawatten und Schals. CDs und DVDs, Batterien und Rasierklingen, Wecker und Radios.
Bauernmarkt. Hier gibt es wirklich alles. Hier treffen sich Touristen und Portugiesen. Hier deckt sich jeder ein mit allem, was er braucht.
Mitten im Marktgetümmel duftet es verführerisch nach gebratenen Hähnchen. Sehr appetitanregend, und genau deshalb bin ich heute in diesem »Freiluftrestaurant« mit Freunden verabredet. Doris und Ingolf haben mir einen Stuhl freigehalten. Hier kann ich nie widerstehen. Nicht nur deshalb, weil ein Brathähnchen nur etwa drei Euro kostet. Sondern weil frango in Portugal wirklich ein Genuss ist. Kein Vergleich mit den Brathendln, die man etwa vom Oktoberfest oder einem anderen Jahrmarkt in Deutschland kennt.
Ich weiß nicht genau, wie die Portugiesen es anstellen. Aber für ihre frangos lasse ich beinahe alles andere liegen und stehen. Es geht schon damit los, dass
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