Kann denn Fado fade sein?
hübschen rosafarbenen Gebäude, verziert mit Stuck und Balkönchen. Direkt neben dem Fischereihafen, mitten in der zona touristica . Zahlreiche Cafés und Lokale sind in der direkten Nachbarschaft, damit man sich die Wartezeit verkürzen kann, falls man etwa warten muss. Sogar einen kleinen Strand gäbe es, aber dafür reicht es von der Zeit her sicher nicht.
Man muss natürlich auch bei der junta da freguesia eine senha ziehen. Ich habe Nummer 69, die Nummer 59 ist eben aufgerufen. Gut, dass ich noch in die Apotheke muss. Ich trödle ein wenig, immerhin sind zehn Nummern zu überbrücken. Hätte ich eigentlich doch an den Strand …
Als ich nach einer guten Viertelstunde wiederkomme, ist erst die Nummer 60 dran. Nach fünf Minuten werde ich aufgerufen.
»Wie bitte? Was ist denn jetzt … so schnell?«
Die Erklärung folgt umgehend: Man hatte vergessen, dass Anzeigeschild weiterzuschalten.
Ich erkläre einer Senhora Helena Maria Mendes auf Portugiesisch, was ich möchte, unter Zuhilfenahme des Schreibens vom Finanzministerium. Ich weise darauf hin, dass ich bereits im ersten Halbjahr meinen festen Wohnsitz hierhin verlegt habe. Eine Kleinigkeit, aber wichtig, weil ich ab dem zweiten Halbjahr in Portugal meine Steuern bezahlen möchte.
Die Bestätigung kostet zwei Euro – und sieht wirklich schick aus: ganz offiziell mit Siegel und Stempel. Das sollte dem portugiesischen Finanzminister genügen. Eine Kopie hebe ich mir sicherheitshalber auf, falls die deutschen Behörden auch mal so etwas wollen (wollten sie später auch, aber mittlerweile geht das alles elektronisch).
Damit hat die Bürokratie für heute ein Ende.
Bis zum nächsten Mal.
Kapitel 10
Frango & Fado
Die CD steht schon seit Jahren in meinem Regal. Ein kleines Souvenir von meinem ersten Aufenthalt in Portugal. Ich hatte fast schon vergessen, dass ich sie noch habe. Meine damalige Begegnung mit Fado hat einen nicht wirklich tiefen Eindruck hinterlassen.
Es ist mir ein bisschen peinlich, was ich von António zu hören bekomme: »Ach, wie schön«, strahlt er begeistert, als er in meiner Wohnung in Deutschland ein wenig in meiner Musiksammlung stöbert, »du hast ja sogar Fado.«
»Hm – habe ich?«
»Ja klar, und sogar von Amália, der größten fadista überhaupt!«
Es gelingt mir mit Mühe und Not, nicht rot zu werden. Ich schaffe es ohne größere Probleme, den Eindruck zu erwecken, dass die CD der »Königin des Fado«, wie António Amália Rodrigues nennt, in meine Sammlung internationaler Musik gehört. António wäre, glaube ich, nicht so begeistert, wenn er wüsste, wie es damals bei meinem ersten Fado-Abend in Lissabon zugegangen ist …
Es hat sich am letzten Abend unserer journalistischen Portugal-Tour zugetragen.
Unser Gastgeber möchte uns verwöhnen und lädt zu einem Abend mit typischer portugiesischer Musik in eine casa do fado ein. Wir haben hervorragend gegessen und ein wenig vinho verde getrunken. Das ist natürlich gelogen: Es war eine ganze Menge vinho verde .
Immerhin ist es unser letzter Abend nach einer schönen gemeinsamen Tour durch Portugal, ein Land, das viele von uns vorher nicht kannten. Wir haben eine ganze Menge gesehen, uns alle bestens verstanden und gemeinsam viel Spaß gehabt. Das haben wir begossen und gefeiert. Sind jetzt bester Laune und guter Dinge. Bedauerlicherweise sind wir allerdings nicht sehr ernsthaft gestimmt: Meine Journalistenkollegen und ich sind an diesem Abend ein wenig schräg drauf.
Keiner von uns spricht ein Wort Portugiesisch, deshalb werden wir »vorgewarnt«: Fado sei, so sagt man uns, eine oftmals sehr traurige Musik. Es gehe in den Texten oft um Liebesschmerz. Oder um die saudade , die unstillbare Sehnsucht der portugiesischen Seele. Oder das Schicksal, das jeder trägt und zu meistern versucht. Alles eher ernste Themen. Man sagt uns auch, dass Fado für Portugiesen beinahe heilig sei, dass man also den Auftritt eines fadistas nicht stören dürfe und vor allem, dass man keinesfalls – falls wider Erwarten eine fröhliche Melodie erschallen würde – im Rhythmus der Musik mitklatschen solle.
Nun gibt es ja oft Situationen im Leben, in denen man, selbst wenn sie noch so viel Zurückhaltung erfordern, einen Lachkrampf bekommt. Das geschieht manchmal bei den seriösen Nachrichtensprechern im Fernsehen, aber auch in der Kirche und auf Beerdigungen. Es kommt auch in Konferenzen, Seminaren und Meetings vor.
Uns geht es an diesem Abend so.
Zwei fadistas treten auf, und zu meiner
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