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Kann denn Fado fade sein?

Kann denn Fado fade sein?

Titel: Kann denn Fado fade sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Zacker
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die Brathähnchen nicht alle hintereinander auf einem Spieß stecken und dann elektrisch gegrillt werden.
    Der Portugiese klappt die Tiere nämlich auf. Sie werden am Rücken geöffnet und ein wenig flach geklopft. Damit das Fleisch überall gleichmäßig gart, schneidet man sie an den dicksten Stellen ein. Dann wird eine Marinade darübergegossen, und nun werden sie – in einer Art Gitter – über dem Holzkohlenfeuer langsam von beiden Seiten gegrillt.
    Die Zutaten für die Marinade sind selbstverständlich geheim. Als erfahrener Koch kann man ein paar Vermutungen anstellen und wird sicher herausschmecken, was in etwa zusammengemischt wird. Man kann natürlich experimentieren und ausprobieren. Aber genau den Geschmack wie ein portugiesisches frango assado bekommt man bestimmt nicht hin. Allein schon deshalb, weil die Atmosphäre fehlt.
    Kleine Notiz am Rande:
    Es gibt zum Beispiel in Lissabon, aber auch an der Algarve, Lokale, die sich Rei dos frangos nennen. Solch ein »König der Brathähnchen« ist immer einen Besuch wert, »reinfallen« kann man in Bezug auf Qualität und Geschmack so gut wie nie.
    In der Baixa von Lissabon lande ich regelmäßig mit António beim »Hühnerkönig« – im Restaurant »Bonjardim«.
    »Hier war ich schon mit meinem Vater«, schwärmt er, «und die frangos sind einfach ein Gedicht.«
    Das Lokal ist sehr gut besucht. Immer. Wir bekommen trotzdem einen Platz, denn wir sind sozusagen Stammgäste. Selbst wenn wir uns – wie stets – nur ein Hähnchen teilen.
    Auf dem Tisch steht ein Schälchen, darin ein Pinsel. Das ist Piri-Piri – ein Teufelszeug, scharf aber köstlich, das beim frango assado nicht fehlen darf. Vorsichtig tupfe ich ein bisschen von dem mit Chili versetzten Öl aufs Hähnchenfleisch – hm, lecker!
    »Sogar meine Mutter macht das nicht besser!«, meint António. »Es gehört zu meinen Kindheitserinnerungen, dass wir immer auswärts zum Hähnchenessen gegangen sind. Das machen wir noch heute – nur lade mittlerweile ich sie ein!«
    Wichtig ist in jedem Fall, dass man das Hähnchen – ob im Restaurant oder auf dem Markt – mit einer gewissen Schärfe genießt. Reis oder nur Brot dazu, ein frisch gezapftes Bier: Mehr brauche ich nicht, um das Leben zu genießen.
    »Lass uns ein frango teilen«, meint Doris. »Wir haben nämlich noch was vor mit dir, und da bekommen wir sicher auch etwas zu essen!« Selbst wenn ich gespannt bin – glücklicherweise muss ich nicht ganz auf mein Hähnchen verzichten.
    Seit fast einer Stunde kurven wir durch die Gegend. Doris und Ingolf halten leider dicht. Sie wollen mir nicht verraten, welche Überraschung sie für mich haben. Ich weiß nur: Es ist etwas ganz Besonderes. Denn wir sind nicht allein. Seit dem kleinen Örtchen São Francisco da Serra fahren hinter uns einige Autos in der Schlange, und auch vor uns müssen schon etliche unterwegs gewesen sein. Der Staub in der Luft verrät es.
    Es geht über sandige Straßen durch Wälder, Wiesen und Felder. Dann endlich ein Hügel mit steil hinaufführendem Schotterweg. Wir beschließen: »Da fahren wir nicht rauf, das packt unser Auto nicht!«
    Wir steigen aus, sofort stoppt der Jeep, der hinter uns fährt. Wir steigen um. Ein weiser Entschluss, wie sich während des weiteren Straßenverlaufs herausstellt.
    Endlich kommen wir oben auf dem Hügel an. Autos über Autos parken hier. Direkt vor der Ruine einer ehemaligen Kirche, der Ermida da Sra. do Livramento , die inmitten zahlloser Korkeichen steht .
    »Na?«, strahlt Doris. »Überraschung geglückt?«
    Ich bin ein wenig verwirrt.
    »Ein Picknick?«
    »Auch«, meint Ingolf. »Aber im Grunde etwas viel Besseres. Denn wir werden nachher Fado hören.«
    »Hier?«, staune ich.
    Doris erzählt, dass es in São Francisco da Serra einen – »Na ja, wie soll ich es nennen?« – Clube de Fado, also einen Fado-Verein, gibt. Mit wirklich guten Künstlern. Normalerweise trifft man sich zum Singen daheim im Dorf, im trauten Kreis.
    »Nämlich in der Garage«, wirft Ingolf ein.
    »Diesmal aber haben sie beschlossen«, sagt Doris, »einen Fado-Nachmittag mitten in der Pampa zu machen: Fado no campo . Mitbringen sollten wir nur was zu trinken, für Essen ist gesorgt.«
    Ah, deshalb hatten Doris und Ingolf eine Kiste Wein im Auto, die dann noch schnell in den Jeep umgeladen werden musste …
    Innerhalb der Ruine der ermida , den Restmauern der Kapelle, sind lange Tische aufgebaut. Große Korbflaschen selbst gekelterten Weins stehen da, Krüge mit

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